Streit um Mittelmeer-Einsatz der EU eskaliert

Mit dem einstweiligen Rückzug des derzeit einzigen deutschen Schiffs aus der EU-Mission "Sophia" hat die Bundesregierung eine Debatte über die Zukunft des Einsatzes ausgelöst.
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Migranten und Flüchtlinge in Libyen.Foto: MAHMUD TURKIA/AFP/Getty Images
Epoch Times24. Januar 2019

Mit dem angekündigten Rückzug des derzeit einzigen Bundeswehr-Schiffs aus der EU-Mission „Sophia“ im Mittelmeer hat die Bundesregierung eine Debatte über die Zukunft des Einsatzes ausgelöst.

Das deutsche Ziel sei, jetzt „politischen Diskussionen den Raum zu geben“, sagte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums am Mittwoch in Berlin. Grüne und Linke forderten, die Militärmission durch eine zivile Seenotrettungsinitiative der EU zu ersetzen.

Das Bundesverteidigungsministerium hatte am Dienstag bestätigt, dass Deutschland nach dem turnusmäßigen Abzug der Fregatte „Augsburg“ am 6. Februar zunächst kein Schiff mehr zu der Mission in den Gewässern zwischen Italien und Libyen entsenden werde. Kernpunkte des Einsatzes sind die Bekämpfung von Schleusern im Mittelmeer sowie die Ausbildung libyscher Sicherheitskräfte. Deutsche Schiffe hatten zudem seit 2015 mehr als 22.000 Schiffbrüchige aufgenommen, im vergangenen Jahr aber kaum noch.

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) übte deutliche Kritik am italienisch geführten Oberkommando der Mission. Dieses habe das deutsche Schiff „in die entlegenste Ecke des Mittelmeers geschickt, wo es überhaupt keine Schmuggelrouten gibt und auch keine Flüchtlingswege“, sagte die Ministerin am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos. Die deutschen Soldaten seien dort seit Monaten „ohne eine sinnvolle Aufgabe“ gewesen.

Hintergrund ist, dass Italien sich seit geraumer Zeit weigert, geborgene Flüchtlinge und illegale Migranten an Land zu lassen. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte dazu, dass Deutschland der Forderung nach deren gerechter Verteilung in Europa weiterhin positiv gegenüberstehe. Wichtig sei aber eine dauerhafte Regelung, damit „nicht jedes Mal von Einzelfall zu Einzelfall“ entschieden werden müsse.

Italiens Innenminister Matteo Salvini pochte in Rom erneut auf eine Änderung der bisherigen Einsatzregeln, wonach die Migranten zunächst in einen italienischen Hafen gebracht werden sollen. Andernfalls müsse „Sophia“ beendet werden, sagte er.

EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos warb in Brüssel für eine Fortsetzung der Mission, die bisher „eine Erfolgsgeschichte“ gewesen sei. So sei eine große Zahl von Schleusernetzwerken aufgedeckt worden. Avramopoulos räumte aber ein, dass es letztlich die Entscheidung Italiens sei, ob „Sophia“ fortgesetzt werde.

Derzeit sind für die Mission nur noch drei Schiffe im Einsatz. Der bislang als Ablösung für die „Augsburg“ vorgesehene deutsche Einsatzgruppenversorger „Berlin“ soll nun zunächst in der Nordsee in Bereitschaft gehalten werden, könnte aber laut Verteidigungsministerium „jederzeit“ ins Mittelmeer entsandt werden.

Weiter hob das Ministerium hervor, dass Deutschland „Sophia“ weiterhin unterstütze, auch durch die Entsendung von Offizieren in deren Hauptquartier. Die „Augsburg“ sei zuletzt aber nur noch abseits der Flüchtlingsrouten zur Kontrolle möglicher illegaler Waffen- und Öllieferungen vor der libyschen Küste eingesetzt worden. Vor dem Einsatz eines neuen Schiffes müsse sich dies ändern.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock rief in Berlin die Bundesregierung auf, in der EU „die Forderung nach einem zivilen europäischen Seenotrettungsprogramm oben auf die Tagesordnung“ zu setzen. Auch die Linken-Politikerin Heike Hänsel forderte „den Aufbau einer EU-weiten staatlichen Seenotrettung“. (afp/so)



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