Die Baustellen von Friedrich Merz

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Friedrich Merz.Foto: Jens Krick - Pool/Getty Images
Epoch Times19. Januar 2022

Bald ist Friedrich Merz am Ziel: Nach der Wahl bei einem Online-Parteitag am Samstag und einer nötigen Bestätigung per Briefwahl kann er voraussichtlich Ende Januar das Amt des CDU-Vorsitzenden übernehmen.

Der 66-Jährige hat dann wenig Zeit, die Partei nach der schwersten Niederlage ihrer Geschichte bei der Bundestagswahl neu auszurichten. Denn schon Ende März findet die erste von vier Landtagswahlen in diesem Jahr statt. Und die Aufgabenliste für den neuen CDU-Chef ist lang:

Reformieren im Dauer-Wahlkampf

Zwei Monate bleiben Merz vor dem ersten Stimmungstest bei der Landtagswahl im Saarland am 27. März, um erste Akzente zu setzen. Am 8. Mai folgt Schleswig-Holstein und am 15. Mai das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen. Am 9. Oktober wird schließlich in Niedersachsen gewählt. In allen vier Ländern ist die CDU an der Regierung beteiligt, außer in Niedersachsen stellt sie auch den Ministerpräsidenten.

Programmierter Streit um den Fraktionsvorsitz

Kann Merz die Rolle als „Oppositionsführer“ übernehmen? Dazu bräuchte er neben dem Partei- auch den Fraktionsvorsitz. Denn nur dieser garantiert im Bundestag umfassende Redezeit und Medienpräsenz.

Doch den Posten hat seit September 2018 Ralph Brinkhaus inne. Und der 53-Jährige aus NRW hat bei seiner vorläufigen Bestätigung nach der Bundestagswahl bis Ende April klargemacht, dass er nicht vorhat, den Posten abzugeben.

Schwieriges Verhältnis zur Schwesterpartei CSU

In der Analyse vieler CDU-Vertreter sind die Querschüsse von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gegen Armin Laschet nach dem verlorenen Machtkampf um die Kanzlerkandidatur ein wesentlicher Faktor für das Debakel bei der Bundestagswahl.

Auch Merz muss mit Zwischenrufen aus München rechnen, denn Söder steht bereits im Herbst kommenden Jahres vor einer Landtagswahl – und könnte der Versuchung erliegen, sich auch auf Kosten der großen Schwester zu profilieren.

Image der Partei der alten Männer

Im Bundestag kommt die Union auf einen Frauenanteil von 23,5 Prozent, bei den Parteimitgliedern sind es 26,6 Prozent. Auch die Altersstruktur ist ein Problem. Bei den Mitgliedern liegt das Durchschnittsalter bei 60,8 Jahren. Auch bei den Funktionären auf Kreisebene gilt die CDU als Partei der alten Männer.

Die Satzungskommission der CDU hatte bereits im Sommer 2020 vorgeschlagen, dass schrittweise bis 2025 Parteivorstände ab der Kreisebene je zur Hälfte mit Männern und Frauen besetzt sein müssen. Auch wegen Corona ist das bis heute nicht durch einen Parteitag beschlossen, und an der Basis bleibt das Vorhaben umstritten. Auch Merz hatte sich skeptisch zur Frauenquote geäußert.

Mitgliederschwund und Mobilisierungsdefizit 

Seit 1990 hat die CDU mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder verloren. Auch im vergangenen Jahr ging ihre Zahl um fast 15.000 auf nun noch 384.204 zurück. Der Bundestagswahlkampf hat zudem gezeigt, dass die Volkspartei CDU Defizite darin hat, ihre Basis zu mobilisieren. Merz hat deshalb bereits eine Digitalisierungsoffensive für die Mitgliederbetreuung angekündigt und will diese nun bei der Landtagswahl im Saarland testen.

Auch wenn er selbst durch die erste Mitgliederbefragung in der Parteigeschichte CDU-Vorsitzender wird, sieht Merz eine regelmäßige Mitbestimmung der Basis skeptisch. „Diese Form der Beteiligung an Führungsentscheidungen“ müsse „die Ausnahme bleiben“, sagte er im November. Er wolle aber, dass die Parteiführung die Mitglieder „an den Sachfragen“ stärker beteilige.

Fehlendes neues Grundsatzprogramm

Wofür steht die Volkspartei CDU? Nach 16 Jahren an der Regierung im Bund ist das Profil der Christdemokraten alles andere als klar. Das letzte Grundsatzprogramm stammt von 2007. Die Verabschiedung eines neuen Konzepts noch vor der Bundestagswahl kam trotz mehrjähriger Vorbereitungen nicht mehr zustande.

Merz will sich nun Zeit nehmen und das neue Grundsatzprogramm „wahrscheinlich“ 2025 verabschieden lassen – also kurz vor der nächsten Bundestagswahl im selben Jahr. (afp/dl)



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