Die CDU und ihre Sorge vor einer Merkel als „lahme Ente“

Ist die Kanzlerin, die immer noch nicht sagt, ob sie zur Bundestagswahl 2017 wieder antritt, also so eine „Lame Duck“, wird Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin gefragt. Und, ob Merkels Handlungsfähigkeit als Regierungschefin belastet ist. „Auf beide Fragen ein klares Nein“, antwortet Seibert.
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Bundeskanzlerin Merkel steht am 28. August in Berlin während des Tages der offenen Tür der Bundesregierung inmitten von Bürgern im Bundeskanzleramt.Foto: Rainer Jensen/dpa
Epoch Times29. August 2016
Ist die Kanzlerin eine lahme Ente? So nennt man in den USA einen Präsidenten oder Politiker, der zwar noch im Amt ist, aber nicht wieder gewählt werden kann, will oder darf – und deswegen bereits als handlungsunfähig gilt.

Ist die Kanzlerin, die immer noch nicht sagt, ob sie zur Bundestagswahl 2017 wieder antritt, also so eine „Lame Duck“, wird Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin gefragt. Und, ob Merkels Handlungsfähigkeit als Regierungschefin belastet ist. „Auf beide Fragen ein klares Nein“, antwortet Seibert.

Aber was bedeutet das, wenn Merkel keine „lahme Ente“ ist? Heißt das, sie tritt wieder an? Merkel selbst sagt seit Monaten, dass sie ihre Entscheidung zu „gegebener Zeit“ bekanntgeben werde. Sie habe nie etwas anderes angekündigt, betont Seibert. Aber wann genau ist das? Seibert hat auch darauf eine Antwort: „Der gegebene ist der richtige Zeitpunkt.“

Für viele CDU-Mitglieder ist der richtige Zeitpunkt längst gekommen. Schon allein deshalb, weil ein Wahlkampf immer eine sehr lange Vorbereitung braucht. Wenn man da gar nicht weiß, wen man plakatieren und auf wen die Kampagne zugeschnitten werden soll, wird es schwierig. Selbst aus dem engeren Umfeld der Parteivorsitzenden und Kanzlerin berichten Mitstreiter, sie wüssten auch noch nicht, was Merkel machen wird. Sie rechnen jedoch fest damit, dass sie zum vierten Mal in Folge für das Kanzleramt kandidiert. Und eine ganze Reihe prominenter CDU-Politiker tut das jetzt auch kund.

Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner gibt das am Montag vor einer Präsidiumssitzung im Konrad-Adenauer-Haus forsch schon als Fakt bekannt: „Angela Merkel wird wieder antreten als Parteivorsitzende am Bundesparteitag und sie wird dann selbst entscheiden, wann sie verkünden wird, dass sie als Kanzlerkandidatin zur Verfügung steht.“ Nicht, ob Merkel als Kandidatin zur Verfügung steht, sondern dass sie zur Verfügung steht. Dass Klöckner das ankündigt, erscheint ungewöhnlich.

Man darf annehmen, dass die Vize-Vorsitzende im Bilde ist und so etwas nicht derart apodiktisch ohne Merkels Billigung sagen würde. Der Parteitag der CDU findet im Dezember in Essen statt. Klöckner zufolge wird sich Merkel also dort wieder für den Vorsitz bewerben, den sie seit dem 10. April 2000 inne hat. In wenigen Wochen wird sie die CDU länger führen, als es Konrad Adenauer getan hat. Dann ist vor ihr nur noch Helmut Kohl, der 25 Jahre Parteichef und 16 Jahre Kanzler war.

Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur gelten für Merkel als untrennbar. Als ihr Vorgänger Gerhard Schröder 2004 den SPD-Vorsitz abgab, prophezeite die damalige Oppositionsführerin dem Kanzler einen „Autoritätsverlust auf ganzer Linie“. Das sei „der Anfang vom Ende von Kanzler Gerhard Schröder“. Ein Jahr später verlor Schröder die Bundestagswahl. Merkel löste ihn ab. So erscheinen Spekulationen, dass sie sich zwar zur CDU-Vorsitzenden wählen lassen könnte, aber erst später etwas zu ihrer Kanzlerkandidatur sagen oder dann darauf verzichten würde, unwahrscheinlich.

Denn dann würde Merkel das tun, was sie als schädlich für den Machterhalt der CDU empfände: Vorsitz und Kanzlerschaft nicht in einer Hand zu behalten. Vermutet wird vielmehr, dass Merkel die Vorstandswahl mit der Ankündigung ihrer Kanzlerkandidatur verknüpft – auch, um ein besseres Ergebnis zu bekommen. Denn anders als der SPD wird den Christdemokraten nicht zugetraut, dass sie ihre Kanzlerin und abermalige Kanzlerkandidatin bei einer Vorstandswahl beschädigen. Die CDU will regieren. Einen Dämpfer wegen ihrer Flüchtlingspolitik müsste Merkel eher dann fürchten, wenn sie auch in Essen immer noch zum Kanzleramt schwiege.

Für die CSU ist Merkels persönliche Zukunftsfrage nur ein Aspekt im nicht eben einfachen Eheleben mit der großen CDU. Um dies auch außerhalb Bayerns verstehen zu können, muss man den Bogen nicht nur weiter spannen, sondern auch die mächtige Parteibasis bedenken. „Wir sind der politische Dienstleister mit absoluter Mehrheit in Bayern und haben weit mehr zum Ziel als andere Parteien mit 12 oder 20 Prozent“, sagt CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Genau dieses Selbstverständnis ist für die CSU Fluch und Segen zugleich. So kann Parteichef Horst Seehofer, so mächtig er auch in der Union ist, nicht alleine entscheiden, ob die CSU Merkels Kandidatur unterstützt oder eben nicht. Er muss die Basis bei der Entscheidungsfindung mitnehmen.

Knapp ein Jahr nach Merkels Entscheidung für eine offene Flüchtlingspolitik liegt noch immer eine tiefe Kluft zwischen CSU und CDU. Mit ganz pragmatischen wie weitreichenden Folgen: Nach wie vor fände sich an der CSU-Basis kaum jemand, der bereit wäre, Merkel im Wahlkampf zu unterstützen, heißt es etwa aus der CSU-Landtagsfraktion. Aber auch das ist in Bayern ein offenes Geheimnis: Letztlich will die CSU keinen dauerhaften Bruch mit der CDU.

Deshalb ist gerade in den höheren Parteikreisen ein gemeinsamer Kanzlerkandidat weiter klares Ziel. Schon aus eigenem Machtinteresse. Die große Angst in der CSU heißt „CDU-Landesverband Bayern“. Ein hochrangiges CSU-Mitglied sagt, sollte sich die CDU entscheiden, auch bei Wahlen in Bayern anzutreten, „sind die Zeiten unserer absoluten Mehrheit endgültig vorbei“.

(dpa)


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