„Digitalpakt Schule“: Bildungsministerin besteht auf Grundgesetzänderung

Bildungsministerin Karliczek besteht auf einer Änderung des Grundgesetzes bei der Bildung. Bildung ist bisher Ländersache, doch die dezentale Bildung setzt Politiker einem Wettbewerb aus – da die Eltern vergleichen, wie gut die Schulen in Berlin z.B. im Vergleich mit Bayern sind.
Titelbild
Die für den Digitalpakt in Aussicht gestellten fünf Milliarden Euro sollen in die Ausstattung aller 40 000 Schulen in Deutschland mit digitalen Endgeräten, ihre Vernetzung, WLAN-Verbindungen und sichere Cloud-Lösungen fließen.Foto: Marc Tirl/dpa
Epoch Times8. Oktober 2018

Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) besteht auf eine Grundgesetzänderung im Verhältnis des Bundes zu den Bundesländern, um den „Digitalpakt Schule“ voranzubringen. „Wenn wir fünf Milliarden Euro für die Digitalisierung geben, wollen wir wissen, was davon in den Schulen ankommt, da sind wir eisern“, sagte sie dem „Handelsblatt“.

Grund seien schlechte Erfahrungen, führte Karliczek weiter aus: „Wir sind ein gebranntes Kind, weil die Bafög-Gelder, die der Bund komplett übernommen hat, nicht immer dort eingesetzt wurden, wo sie gebraucht wurden.“

Der Unternehmer Lars Dittrich vermisst „Zentralität“ im deutschen Bildungssystem. „Europa schreibt mir vor, wie viel Watt mein Staubsauger haben darf, in der Bildung aber haben wir Wildwuchs“, sagte er dem „Handelsblatt“. Ein Lehrplan müsse seiner Ansicht nach 70 Prozent für ganz Deutschland vorgeben, der Rest seien regionale und lokale Bezüge.

Zur Digitalisierung erläuterte Bildungsministerin Karliczek:

Verschwinden wird der Frontalunterricht nicht. Aber es werden immer stärker interaktive Möglichkeiten genutzt. Der Lehrer wird eher Moderator.“

Am Ende aber sei jegliche Technik nur Mittel zum Zweck und müsse den Menschen dienen, sagte die CDU-Politikerin. „Wir dürfen von ihr nicht beherrscht werden. Deshalb erarbeiten wir gerade eine Strategie, um bei der künstlichen Intelligenz auch rote Linien festzulegen. Es wird immer nach China geschaut, wo vieles sehr schnell geht. Aber keiner fragt: Wollen wir einen solchen totalen Überwachungsstaat? Ich will das nicht erleben“, so Karliczek.

Grundgesetzänderung: Es dreht sich um das Kooperationsverbot

Das Kooperationsverbot besagt, dass die Länder die Hoheit über die Bildung haben. Doch es gibt Ausnahmen bei zeitlich befristeten Projekten wie der der Hochschulfinanzierung.

Die AfD lehnte die Pläne bereits mit der Begründung ab, dass eine zu starke Rolle des Bundes drohe. Ihr Abgeordneter Götz Frömming warf dem Bund vor, er wolle sich mehr Einflussmöglichkeiten verschaffen und auch die Schulen über die geplante Digitalisierung kontrollieren.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte ebenfalls schon deutlich gemacht, dass sich seine grün-schwarze Landesregierung gegen die geplante Grundgesetzänderung stemmt. Er hatte vor Kompetenzverlusten der Länder gewarnt. Mehr Geld für die Länder könne man auch über die Steuerverteilung ausverhandeln.

Dezentale Bildungspolitik setzt Politiker unter Druck – an der Wahlurne

Jan Schnellenbach von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus schrieb zur Bildungspolitik, dass das Kooperationsverbot nützlich ist. Denn es macht Bildung vergleichbar und setzt Politiker einem Wettbewerb aus.Eine dezentrale Bildungspolitik erlaubt vor allem, die Bildung an die regionalen und lokal unterschiedlichen Bedingungen anzupassen.

Sie setzt die Politiker dem aus, was man yardstick competition nennt, also einem Maßstabswettbewerb. Die Bürger in Berlin beobachten, wie schlecht ihre Schulen im Verhältnis zu Bayern sind, und wenn ihnen an diesem Thema etwas liegt (was man leider nicht immer voraussetzen kann), dann werden sie ihre Bildungspolitiker an der Wahlurne für ihre Fehlleistungen bestrafen.“

Falch und Fischer bewiesen 2012, dass Länder in internationalen Bildungsvergleichen mit zunehmender Dezentralisierung besser abschneiden, auch in einer OECD-Studie konnte dieser Zusammenhang durch Fredriksen (2013) nachgewiesen werden.

Ohne Bildungswettbewerb sinkt das Niveau

Jan Schnellenbach erklärt: „Die Forderung der SPD nach Zentralisierung und Aufhebung des Kooperationsverbotes unterminiert nicht nur den deutschen Föderalismus, was für sich genommen schon schlimm genug wäre. Vielmehr ist diese Forderung nicht einmal sinnvoll im Hinblick auf das proklamierte Ziel, die Bildungsqualität in Deutschland nachhaltig zu verbessern“. Denn es ist zu befürchten, dass

wir uns ohne föderalen Wettbewerb nicht etwa auf dem Niveau von Bayern wiederfinden, sondern nach unten nivelliert, auf dem Niveau von Bremen, NRW oder gar Berlin.“

(dts/ks)



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