Drama von Hanau: Verhinderung von Terrorakten „einsamer Wölfe“ weitgehend von Zufällen abhängig

Die Bluttat von Hanau ist das jüngste Beispiel für Terrorakte, die von Personen begangen werden, die zuvor nicht durch politisch extreme Neigungen auffällig wurden – und deshalb unter dem Radar von Sicherheitsbehörden blieben. Nun wird nach Gegenstrategien gesucht.
Titelbild
Gedenken an die Opfer am Tatort in Hanau.Foto: Thomas Lohnes/Getty Images
Von 22. Februar 2020

Hätte sich das Massaker von Hanau verhindern lassen? Der damalige Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, gehörte zu den ersten Spitzenbeamten des Landes, die vor der Gefahr zuvor völlig unauffälliger Personen warnten, die sich im Internet radikalisierten und rassistisch konnotierte Terrorakte verüben könnten.

So hieß es im Verfassungsschutzbericht über das Jahr 2017: „Auch schwerste Straftaten von radikalisierten Einzeltätern, die keiner Organisation zugehörig sind, bleiben ein teils schwer zu kalkulierendes Risiko und bilden ein hohes Gefährdungsmoment im Rechtsextremismus.“

Mit künstlicher Intelligenz gegen Terrorakte wie die Tat von Hanau?

Neben dem Verfassungsschutz hat auch das BKA in einer internen Lageeinschätzung vom 5. Juni 2018 dieses Gefahrenpotenzial angesprochen. Dies berichtet der „Business Insider“. Demzufolge müsse „jederzeit“ mit einem solchen Anschlag gerechnet werden.

Die Verhinderung solcher Attentate hängt derzeit vor allem von Zufällen ab. Dies liegt zum einen daran, dass viele der potenziellen Terroristen sozial isoliert leben, nicht an rechtsextremistischen Veranstaltungen teilnehmen und auch in sozialen Medien selten durch eindeutige Aussagen in Erscheinung treten.

Der Verfassungsschutz und die Sicherheitsbehörden verfügen zudem auch kaum über Ausstattung und Personal im Bereich von IT und Datenanalyse, um mögliche Risikofaktoren aufzuspüren. In vielen Bereichen werden sie auch durch Datenschutzvorschriften ausgebremst.

Immerhin gibt es mittlerweile auch im Bereich der Analysetools ein Risikobewertungssystem „Radar-rechts“, das im Bereich des islamistischen Terrors bereits zur Anwendung kommt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz arbeite, so schreibt der „Business Insider“ weiter, inzwischen testweise mit Künstlicher Intelligenz, um im Internet mithilfe bestimmter Schlüsselwörter potenzielle Täter aufzuspüren.

Risikobewertungssystem muss regelmäßig angepasst werden

Laut einer Europol-Untersuchung von Terror-Attacken zwischen 2000 und 2015 ist ein Drittel der Einzeltäter psychisch krank gewesen. Dazu zählte auch Lübcke-Attentäter Stephan B., bei dem das Borderline-Syndrom diagnostiziert wurde.

Deshalb wird mittlerweile darüber diskutiert, inwieweit Ärzten und Therapeuten eine Meldepflicht auferlegt werden soll, wenn sich bei einem Patienten Hinweise auf eine konkrete Tat ergeben. Potenzielle Attentäter, die sich gar nicht in Behandlung befinden, würden in diesem Fall dennoch aus dem Raster fallen.

Die Behörden stehen zudem auch unter Zugzwang, wenn es darum geht, ihr Risikobewertungssystem rechtzeitig anzupassen. Zu lange gingen Behörden etwa im Zusammenhang mit islamistischen Gefährdern davon aus, dass es sich dabei typischerweise um streng gläubige Muslime handele, in deren Leben die Religion eine zentrale Rolle spiele.

Tatsächlich hatte ein Großteil der deutschen IS-Dschihadtouristen zuvor eine langjährige Karriere im Bereich der Eigentums-, Drogen- oder Gewaltkriminalität hinter sich. Die meisten tranken Alkohol, besuchten Sex-Seiten im Internet und hatten über die zentralen Glaubensinhalte des Islam nur oberflächliche Kenntnisse.



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