Ein Jahr Corona-Untersuchungsausschuss: AfD erhebt schwere Vorwürfe

Wenn es nach dem Willen der AfD-Abgeordneten geht, sollten der bayerische Ministerpräsident Marcus Söder und auch die Noch-Bundeskanzlerin Angela Merkel vor dem Corona-Untersuchungsausschuss in Brandenburg angehört werden. Dass dieser und weitere Beweisanträge der AfD abgelehnt wurden, könnte ein Nachspiel haben.
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Haupteingang des Landtagsgebäudes Brandenburg.Foto: Stefan Gloede
Von 23. November 2021

Seit fast einem Jahr geben sich im Brandenburger Landtag Minister, Wissenschaftler, Rechtsexperten und Gutachter die Klinke in die Hand. Ihre Aufgabe ist es, den Mitgliedern des Corona-Untersuchungsausschusses Rede und Antwort zu stehen, damit diese bewerten können, ob die Corona-Maßnahmen verhältnismäßig waren.

Der Ausschuss wurde am 23. September 2020 auf Antrag der AfD ins Leben gerufen. Die erste inhaltliche Ausschusssitzung fand am 7. Dezember 2020 statt, in der sich nach Auskunft der AfD bereits eine bestimmte Tendenz zugunsten der Regierungsparteien abzeichnete. Fast ein Jahr später, am 16. November 2021, reichte die AfD bei der Landtagspräsidentin einen Antrag ein, um den Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses, Daniel Keller (SPD), von seiner Aufgabe zu entbinden.

Nach Auffassung der Fraktion leitet Keller das Untersuchungsverfahren „weder unparteiisch noch gerecht“. Vielmehr lege er den Ermittlungen sogar Steine in den Weg. Gegenüber Epoch Times äußerte sich der Ausschussvorsitzende zu den Vorwürfen nicht.

Kritisiert wurde vor allem, dass Keller vor jeder Sitzung seine persönliche Einschätzung zu den Beweisanträgen der AfD an die Ausschussmitglieder übermittelt habe. Diese hat Gewicht, da die Regierungsfraktionen die Mehrheit im Ausschuss bilden. Zudem würde er die AfD-Abgeordneten bei ihren Fragen immer wieder unterbrechen oder ihre Fragen teilweise gar nicht erst zulassen.

Hingegen seien Fragen – insbesondere der SPD-Fraktion – „ohne Rücksicht auf Themenkomplexe oder Beweisbeschlüsse großzügig zugelassen“, bemängelte Landtagsabgeordneter Lars Hünich (AfD) gegenüber Epoch Times. Der Antrag wurde am 18. November vom Brandenburger Landtag mit 51 Nein- zu 21 Ja-Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt. Eine Debatte gab es dazu nicht.

Vom Tisch ist das Thema damit nicht. Zu brisant ist die Information, die Bildungsministerin Britta Ernst (SPD), Ehefrau von Kanzlerkandidat Olaf Scholz, im Ausschuss am 12. November einbrachte.

Demnach seien Schulschließungen bereits von der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) am 12. März 2020 beschlossen worden – also vor der Veröffentlichung der „Bilder von Bergamo“, die laut Ministerpräsident Hubert Dietmar Woidke (SPD) erst für eine Entscheidung wegweisend gewesen sein sollen.

Im Gegensatz zu Woidke bezeichnete die Bildungsministerin die MPK-Beschlüsse als „handlungsleitend“. Die Nachfrage der AfD, was genau unter „handlungsleitend“ zu verstehen sei, ließ der Ausschussvorsitzende nicht zu. Er fand diese Frage hinreichend beantwortet. Die AfD sieht das anders.

„Damit hat der Ausschussvorsitzende den konkreten Untersuchungserfolg, nämlich die Klärung politischer Verantwortlichkeiten im Rahmen der Corona-Krise, verhindert“, heißt es von der Fraktion. Außerdem müsse ein Minister oder eine Ministerin die für ihren Bereich notwendigen Maßnahmen eigenständig selbst treffen. Alles andere verstoße gegen die Verfassung.

Klage beim Landesverfassungsgericht

Im Oktober 2021 haben die AfD-Mitglieder des Untersuchungsausschusses eine Klage beim brandenburgischen Landesverfassungsgericht eingereicht. Gegenstand sind mehrere Dutzend Beweisanträge der vergangenen Monate, die sich neben Keller auch die Landtagsverwaltung „offenbar besonders genau“ angesehen habe.

Schon in der ersten Sitzung habe sich die Tendenz gezeigt, dass Anträge auf Vorschlag des Ausschussvorsitzenden verworfen wurden, kritisiert neben Hünich auch AfD-Landtagsabgeordneter Dr. Christoph Berndt, der gleichzeitig Vize-Vorsitzender des Ausschusses ist.

In den zurückgewiesenen Beweisanträgen waren unter anderem die Vernehmung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sowie dem bayerischen Ministerpräsidenten Marcus Söder (CSU) begehrt worden. „Wir wollen sie zu weiteren Einzelheiten der Ministerpräsidentenkonferenz fragen, die nun durch die Zeugenaussage der Brandenburger Bildungsministerin noch einmal an Brisanz gewonnen hat“, erklärte Berndt.

Als Sachverständige wurden aber auch der Verfassungsrechtler Professor Dr. Hans-Jürgen Papier, die Vorsitzende des Europäischen Ethikrats und der Mediziner Professor Dr. Sucharit Bhakdi abgelehnt. Wenn wichtige Anträge der gewählten Oppositionsvertreter immer wieder blockiert werden, könne der Ausschuss nicht umfassend die Verhältnismäßigkeit der Krisenpolitik der rot-schwarz-grünen Landesregierung bewerten, heißt es von der AfD.

Schwammige Datenlage für Corona-Maßnahmen

Für die Partei zeichnet sich bereits jetzt ganz klar das Bild ab, dass die Datenlage für die Schulschließungen im Frühjahr auf mehr als nur wackligen Füßen steht. Einerseits hieß es von Anfang an, dass Kinder nur in seltensten Fällen schwer an Corona erkranken, andererseits wären Schulen trotzdem geschlossen worden. „Das ist doch verrückt“, kritisiert Berndt.

Eigentlich war der Untersuchungsausschuss eingerichtet worden, um die Rechtmäßigkeit der Corona-Maßnahmen zu überprüfen. Rechtsexperten haben bereits die Verfassungswidrigkeit der Paragrafen 28 und 28a des Infektionsschutzgesetzes gegenüber dem Ausschuss bestätigt.

„Wir hätten uns aber nicht vorstellen können, dass es womöglich an Daten mangelt, um die Corona-Lage als solche überhaupt einzuschätzen!“, so der Vize-Vorsitzende weiter. „Für mich entsteht der Eindruck, dass die Regierung keine aussagefähigen Daten hat und auch gar keine haben will.“

Als Beispiel nannte er die positiven Corona-Tests, die an die Gesundheitsämter gemeldet werden, ohne das Vorhandensein von Symptomen zu kontrollieren. Dadurch tragen gesunde Menschen, die lediglich positiv getestet wurden, zur Erhöhung des „Infektionsgeschehens“ bei. Das verzerre die Datenlage gewaltig.

Dazu führt der AfD-Politiker an, dass laut Bericht der Landesregierung im Zeitraum Januar bis September 2020 21,6 Prozent der Arbeitslosen aus der Gesundheitsbranche kamen. Auch das fünfstöckige Corona-Notfallkrankenhaus, das im Frühjahr 2020 auf dem Berliner Messegelände errichtet wurde, wurde im Spätsommer 2021 wieder abgebaut. Laut Behörden hätten dort rund 500 Covid-Patienten isoliert und behandelt werden können, wie „rbb24“ berichtete.

Gleiche Argumente wie Anfang 2020

Die anfängliche unklare Datenlage hätte man den Politikern aus rechtlicher Sicht am Anfang noch zugestanden. Aber mit jedem Tag und jeder Woche würden sich die Anforderungen erhöhen, ob die Maßnahmen angemessen sind, erklärt Hünich. Berndt fügt hinzu: „Jetzt agiert die Politik aber genau wie im März 2020. Die Datenlage ist weiterhin unklar und wieder wird Panik verbreitet – nur mit dem Unterschied, dass sich die Leute jetzt doppelt und dreifach impfen lassen.“

Nach seiner Auffassung kann der mit der Impfung beabsichtigte Zweck, das Gesundheitssystem vor einer Überlastung zu schützen, nicht gesehen werden. Aber für diese Frage ist dieser Untersuchungsausschuss nicht mehr zuständig. Dafür müsste ein neuer Ausschuss einberufen werden, der dann die Daten, Fakten und Corona-Maßnahmen für die Zeit ab September 2020 unter die Lupe nimmt.

Die nächste Ausschusssitzung findet am 11. Dezember statt, bei der Gesundheitsministerin Ursula Nonnenmacher (Bündnis 90/Die Grünen) sowie eine Gesundheitsamtsleiterin angehört werden. Nach Einschätzung der AfD wird ein abschließendes Untersuchungsergebnis voraussichtlich zur Jahresmitte 2022 vorgelegt werden können.



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