Eine Million Fälle für 13 300 Mitarbeiter – Studie legt Missstände in Jugendämtern offen

Viele Jugendämter in Deutschland können ihren Aufgaben beim Kinderschutz laut einer Studie nur unzureichend nachkommen. Auf die rund 13 300 Mitarbeiter im Allgemeinen Sozialen Dienst kämen mehr als eine Million Fälle - viel zu viel, sagt die Sozial- und Politikwissenschaftlerin Beckmann.
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KinderFoto: iStock
Epoch Times15. Mai 2018

Die Deutsche Kinderhilfe hat vor einer strukturellen Überlastung der Kinder- und Jugendhilfe gewarnt. Die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter sei zu hoch, teilte die Kinderschutzorganisation am Montag in Berlin unter Verweis auf eine von ihr finanzierte wissenschaftliche Studie mit. Zudem fehle es in den Behörden oft an geeigneten Räumlichkeiten etwa für vertrauliche Gespräche.

Dem Ergebnis der Untersuchung zufolge müssen die rund 13.300 Fachkräfte des sogenannten Allgemeinen Sozialen Diensts (ASD) in vielen Fällen weitaus mehr Fälle betreuen, als Berufsverbände für professionell angemessen halten. Zudem beanspruchten die Pflichten zur Dokumentation der eigenen Tätigkeit inzwischen zwei Drittel der Arbeitszeit. Dadurch fehle Zeit etwa für Familienbesuche.

Die Studie basiert auf Befragungen von ASD-Mitarbeitern. Demnach mangelt es häufig auch an der Ausstattung, etwa mit Diensthandys oder Räumen für ungestörte Gespräche. Die Kinderhilfe verwies zur Begründung auf die Kassenlage vieler Kommunen, die für den ASD zuständig seien. Bund und Länder müssten helfen. „Kinderschutz darf nicht auf Kosten von Spardiktaten vernachlässigt werden“.

Auch der Deutsche Kinderschutzbund forderte eine Reform der Gemeindefinanzen. Die Kommunen mit der höchsten Kinderarmut seien auch die mit den niedrigsten Steuereinnahmen und der höchsten Arbeitslosigkeit, sagte Präsident Heinz Hilgers im Südwestrundfunk. Auch die Kommunen könnten aber in Prävention investieren.

Dagegen wies die Unionsbundestagsfraktion die Forderungen nach Bundeszuschüssen zurück. Die Kommunen hätten im vergangenen Jahr die höchsten Überschüsse seit der Wiedervereinigung erzielt und seien von Bund und Ländern in den vergangenen Jahren bereits im Familienbereich entlastet worden, erklärte Familienexperte Marcus Weinberg (CDU). Die Kommunen müssten den Wert „guter, zielgerichteter Arbeit von Jugendämtern“ erkennen.

Das Bundesfamilienministerium erklärte, der Kinderschutz sei bundesweit „grundsätzlich verlässlich“, es gebe aber durchaus „Verbesserungsbedarf“. Es sei im Koalitionsvertrag der großen Koalition festgelegt worden, dass die Kinder- und Jugendhilfe weiterentwickelt werde, sagte eine Sprecherin in Berlin. Die Kinderhilfe-Studie müsse zunächst einmal genau angeschaut werden. (afp)



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