Eine sehbehinderte 64-Jährige kämpft um eine Wohnung: Die Schiedsrichterkabine hat ausgedient

Eine fensterlose Schiedsrichterkabine ist ihre Wohnung. Ein Tisch mit Mikrowelle, auf der zwei mobile Herdplatten stehen, ihre Küche. Während Asylbewerber alles bekommen, hat Rosi Rosenlehner nichts, außer ihrer Hoffnung auf eine richtige Wohnung.
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(Symbolbild) Armut in Deutschland - Davon ist auch Rosi Rosenlehner betroffen. Sie lebt seit einem Jahr in einer Schiedsrichterumkleidekabine ohne Fenster.Foto: iStock
Epoch Times4. März 2019

Rosemarie Rosenlehner sitzt mit ihrem Hündchen Charly in einer früheren Umkleidekabine für Schiedsrichter auf dem Gelände des Gaiberger Sportclubs fest. Von den örtlichen Behörden wie eine Nummer behandelt, lebt sie hier seit über einem Jahr.

In Gaiberg, nur 10 km entfernt von der weltbekannten Stadt Heidelberg am Neckar, lebt die 64-Jährige. Von den Einwohnern wird sie liebevoll „Rosi“ genannt.

Seitdem sie vor über einem Jahr ihre alte Wohnung verlassen musste, sitzt sie auf dem Sportplatz fest. Dank der Unterstützung von Stephan Weber, dem Vorsitzenden des SC, ist sie nicht obdachlos. Die ehemalige Umkleidekabine für Schiedsrichter dient ihr als Unterschlupf.

Dort lebt sie auf 38 Quadratmetern: zwei Zimmer, ein Sanitärbereich und eine provisorische Küche, die aus einer Mikrowelle und einer Doppelkochplatte bestehen, und das alles ohne Fenster.

Ihr fünfjähriger Chihuahua Charly ist immer dabei. Oft ist sie unterwegs in der Natur, sitzt auf einer Parkbank – einfach raus aus der „Wohnung“. Hin und wieder kommen Einwohner,  spenden ihr Trost und unterhalten sich mit ihr. Sogar einige Möbel haben sie ihr geschenkt.  Seit einigen Wochen bekommt Rosi kostenlos das Mittagessen der Schule. Das hat sie der Bürgermeisterin, Petra Müller-Vogel, zu verdanken.

Bei den Behörden läuft die am grauen Star erkrankte Frau seit über einem Jahr Spießruten.

Da bin ich nur eine Nummer und werde dementsprechend behandelt“,

erzählt Rosi gegenüber der „RNZ“, während sie mit den Tränen kämpft.  Niemand ist für sie zuständig.

Die Flüchtlinge bekommen alles gestellt, sogar die Erstausstattung – und ich muss für alles kämpfen. Ist das gerecht?“

Stephan Weber steht der 64-Jährigen von Anfang an zur Seite. Nach seiner Auskunft werden Asylbewerber in der Anschlussunterbringung nach den gleichen Vorschriften des Sozialgesetzbuches behandelt wie Arbeitslose. Allerdings gingen die Behörden bei Arbeitslosen – anders als bei Flüchtlingen – davon aus, dass sie bereits Möbel besitzen. Rosi muss daher erst Kostenangebote einreichen, damit ihr Möbel überhaupt genehmigt werden. Flüchtlinge bekommen hingegen die Erstausstattung vom Amt bewilligt.

Eine Wohnung hätte Rosi sogar in Aussicht. Doch es gibt wieder Hindernisse. Im Dezember schickte sie den Antrag für die neue Wohnung an das Jobcenter. Als sie dort nach dem Stand der Bearbeitung nachfragte, lag der Antrag jedoch nicht vor. Daher fuhr sie direkt zum Amt und gab die Unterlagen persönlich ab. Und wieder herrschte Funkstille.

Dann schaltete sich Gaibergs Bürgermeisterin ein. Sie schickte eine Mail an das Jobcenter.

Es wird Zeit, dass Rosi Rosenlehner endlich eine richtige Wohnung bekommt“,

so Petra Müller-Vogel. Trotzdem konnte das Amt Rosis  Anliegen nicht bearbeiten. Es fehlten noch weitere Unterlagen. So müsse Rosi ein Mietangebot einreichen, auf dem Kaltmiete, Nebenkosten und Heizkosten getrennt voneinander aufgeführt sind.

Damit steht sie vor der nächsten Herausforderung. Laut Referenzwerten für angemessene Bruttokaltmieten steht ihr ein Betrag von 300 EUR zuzüglich 61 EUR Betriebskosten zur Verfügung.  Selbst Stephan Weber, der SC-Vorsitzende, der die Sozialhilfeempfängerin seit Beginn unterstützt, ist ratlos:

In Gaiberg eine Wohnung für den Preis zu bekommen, ist unmöglich.“

Alles, was über die 361 EUR hinausgeht, müsste Rosi selber zahlen.  Für die 64-Jährige ist das alles unfassbar. Sie ist in Deutschland geboren. Warum legen ihr die Behörden so viele Steine in den Weg?

Doch nun gibt es einen Lichtblick. Dieter Sauerzapf (Freie Wähler) setzte sich auf der Gemeinderatssitzung am letzten Mittwochabend für Rosi ein.  Unter dem Tagesordnungspunkt „Fragen und Anregungen der Gemeinderäte“ verschaffte er sich Luft.

Ich bin entsetzt, dass die Behörden nicht in die Pötte kommen, um eine hilfebedürftige Frau zu unterstützen, sondern die Angelegenheit einfach schleifen lassen“,

so Sauerzapf nach Angaben der „RNZ“,

Wenn die Behörden jetzt nicht helfen, werden die Freien Wähler einen Antrag im Gremium stellen, dass man den Landrat einschalten soll.“

(sua)



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