Elf Monate nach dem Mord an Khashoggi: Bundesregierung will Polizei-Kooperation mit Riad wieder aufnehmen

Saudi-Arabien hat zugegeben, dass der Regierungskritiker Khashoggi von saudiarabischen Agenten getötet wurde. Nun will die Bundesregierung die Polizei-Kooperation mit Riad wieder aufnehmen. Diese Entscheidung wird heftig kritisiert.
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Ein Blick auf Riad, der Hauptstadt von Saudi-Arabia.Foto: iStock
Epoch Times8. September 2019

Rund elf Monate nach dem Mord an dem saudiarabischen Journalisten Jamal Khashoggi will die Bundesregierung die Polizei-Kooperation mit Riad wieder aufnehmen. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums bestätigte der Nachrichtenagentur AFP am Sonntag einen entsprechenden „Spiegel“-Bericht. „Wie und wann diese Trainingsmaßnahmen wieder aufgenommen werden, wird noch geklärt“, sagte der Sprecher. Grüne und FDP kritisierten die Entscheidung im „Handelsblatt“ scharf.

Laut dem „Spiegel“ verständigten sich Innenministerium, Auswärtiges Amt und Kanzleramt darauf, wieder Bundespolizisten in das Königreich zu schicken, die dort saudiarabische Grenzschützer ausbilden sollen. Die seit 2009 laufende Trainings- und Beratungsmission für Grenzschützer, an der sich im vergangenen Jahr insgesamt 70 deutsche Beamte beteiligten, war im Oktober 2018 nach dem Mord an Khashoggi im saudiarabischen Konsulat in Istanbul ausgesetzt worden. Die Bundespolizei schloss ihr Projektbüro zwar nicht, es fanden aber keine Lehrgänge mehr statt, wie es in dem Bericht heißt.

Scharfe Kritik von vielen Seiten

Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sagte dem „Handelsblatt“, mit einem „Unrechtsstaat“ wie Saudi-Arabien „ausgerechnet im Sicherheitsbereich zu kooperieren“, werfe ein schlechtes Licht auf die deutsche Bundesregierung und die Politik der GroKo. „Man exportiert keine Rechtsstaatlichkeit, sondern stärkt ein repressives Regime, dass Kritiker foltert und ermordet“, so von Notz.

Der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle betonte, dass für internationale Polizei-Kooperationen ein „Mindestmaß an politischer Übereinstimmung“ gegeben sein müsse. Im Fall Saudi-Arabiens dürfe bezweifelt werden, dass sich die Situation seit der Ermordung Khashoggis tatsächlich verändert habe, sagte Kuhle dem „Handelsblatt“.

Auch aus der SPD kam Kritik. Grundlage jeder polizeilichen Kooperation mit einem anderen Land sei die strikte Einhaltung der Menschenrechte, sagte der menschenrechtspolitische Sprecher der Fraktion, Frank Schwabe, dem „Handelsblatt“. Saudi-Arabien sei „eines der extremsten Beispiele für das Verletzen der Menschenrechte“.

Deshalb darf das Innenministerium mit diesem Land nicht zusammenarbeiten. Dafür gibt es überhaupt keine Grundlage.“

Ablehnend äußerte sich ebenso der Vorsitzende der Bundespolizei-Gewerkschaft, Ernst Walter. Insbesondere solange der Mord an Khashoggi nicht vollständig aufgeklärt sei, sollte die Zusammenarbeit der Bundespolizei mit den saudiarabischen Behörden „meines Erachtens nach auf keinen Fall fortgesetzt werden“, sagte Walter dem „Handelsblatt“.

In der Vergangenheit hatte die Bundesregierung den Einsatz damit begründet, die Modernisierung des saudiarabischen Grenzschutzes sei im „außen- und sicherheitspolitischen Interesse“ Deutschlands. Zudem sei das Training „eine wesentliche Voraussetzung für eine wirksame Terrorismusbekämpfung in der gesamten Region“.

Riad hatte nach wochenlangen Dementis unter internationalem Druck zugegeben, dass der Regierungskritiker Khashoggi von saudiarabischen Agenten getötet worden war. Die Führung des Königreichs spricht aber von einem aus dem Ruder gelaufenen Einsatz zur Festnahme des Journalisten. Saudi-Arabien steht nicht nur wegen des Mordfalls Khashoggi international in der Kritik, sondern auch wegen der Menschenrechtslage im Land sowie wegen des Jemen-Konflikts.

Im Jemen herrscht seit 2015 Krieg zwischen den von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und anderen arabischen Staaten unterstützten Truppen von Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi und den Huthi-Rebellen, hinter denen der Iran steht. (afp)



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