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Energiewende und Netzausbau

Energie im Überfluss, aber kein Netz: So viel zahlt Deutschland für nicht eingespeisten Strom

Trotz eines rückläufigen Trends hat die Bundesregierung in den vergangenen vier Jahren rund 2 Milliarden Euro an Ausgleichszahlungen für nicht eingespeisten Strom aus erneuerbaren Energien geleistet – eine Folge stagnierender Netzinfrastruktur bei wachsender Stromproduktion.

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Photovoltaikanlagen können die deutschen Stromnetzte an ihre Grenzen bringen.

Foto: gopixa/iStock

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Die Ausgleichszahlungen für nicht eingespeisten Strom an Produzenten aus erneuerbaren Quellen sind in den vergangenen Jahren rückläufig. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Anfrage des Abgeordneten der Linksfraktion hervor, die am Mittwoch, 4. Juni, zur Verteilung kam. Dennoch beliefen sie sich über die vergangenen vier Jahre auf insgesamt knapp 2 Milliarden Euro.
Die Summe der Ausgleichszahlungen ist ein Indikator für die Qualität des Netzausbaus. Treten Netzengpässe auf, erhalten Betreiber eine staatlich garantierte Vergütung für Strom, dessen Einspeisung mangels Netzkapazitäten nicht möglich ist. Diese Netzengpässe treten vor allem in Zeiten sehr hoher Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien auf.

Summe der Ausgleichszahlungen sinkt weiter – aber langsamer

Dass die Summe nicht noch höher ist, liegt vor allem an der Explosion der Strompreise während des Jahres 2022. Da die Marktpreise in jenem Jahr so hoch waren, dass die Betreiber auch ohne Förderung hohe Gewinne machten, flossen weniger Fördermittel. Bartsch hatte nach den bundesweiten Gesamtbeträgen für die vergangenen vier Jahre und nach einer Bundesländer-Aufschlüsselung für 2024 gefragt.
Im Jahr 2021 hatte sich die Gesamtsumme der geflossenen Entschädigungen noch auf 807,10 Millionen Euro summiert. Ein Jahr später war der – aufgrund der besonderen Umstände wenig repräsentative – Betrag von 186,4 Millionen Euro geflossen.
Deutlich aussagekräftiger waren die Summen der darauffolgenden Jahre. Im Jahr 2023 beliefen sich die Ausgleichszahlungen auf insgesamt 580,32 Millionen Euro. Auch 2024 sank deren Gesamtbetrag – allerdings nur auf 553,94 Millionen Euro.

Keine Anreize für marktangepasstes Verhalten von Stromerzeugern

Die insgesamt rückläufige Tendenz deutet auf Fortschritte beim Netzausbau hin. Allerdings hält dieser weiterhin nicht mit dem Tempo des Ausbaus der erneuerbaren Energien mit. Vor allem an windreichen Tagen kommt es nach wie vor zu Netzengpässen. Die bestehenden Leitungen können den erzeugten Strom nicht vollständig aufnehmen und transportieren.
Dadurch wird eine Abregelung von Anlagen erforderlich, obwohl sie Strom erzeugen könnten. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche hat angekündigt, das Tempo des Ausbaus der Erneuerbaren stärker an jenes des Netzausbaus anzugleichen. Dieses Ziel findet sich auch im Koalitionsvertrag wieder.
Die Ausgleichsregelung soll den Betreibern von Anlagen Planungssicherheit gewährleisten. Das Risiko, ihren produzierten Strom nicht einspeisen zu können und entsprechend keine Entgelte zu bekommen, soll minimiert werden. Die derzeitige Regelung des Paragrafen 15 EEG garantiert in den meisten Fällen eine Entschädigung in Höhe von 95 Prozent durch Abregelung entgangener Einnahmen.

Mai 2025 setzte neuen Rekord bei Stunden mit negativen Strompreisen

Diese Regelung verursacht hohe Kosten für die Allgemeinheit. Zudem schafft sie gleichzeitig keinen Anreiz für Produzenten, ihr Einspeiseverhalten zu ändern und auf diese Weise zur Netzstabilität beizutragen.
Gleichzeitig drohen bei Fortbestand der derzeit geltenden Regelungen Unsicherheiten über die Vergütung in Zeitfenstern negativer Strompreise. Diese treten auf, wenn die Stromproduktion die Nachfrage übersteigt. Dies ist immer häufiger der Fall. Stromanbieter müssen in solchen Phasen selbst dafür bezahlen, dass jemand ihren Strom abnimmt.
Wie „Agrar heute“ berichtet, hat der Mai 2025 einen neuen Rekord bezüglich Stunden mit negativen Strompreisen aufgestellt. In jenem Monat wurde an der Strombörse in 112 Stunden Strom zu negativen Preisen gehandelt. Den Rekord zuvor hielt der Mai des Vorjahres mit 78 Stunden. Als ausschlaggebend dafür galten vor allem Photovoltaikanlagen.

Solarspitzengesetz soll Aufkommen der Ausgleichszahlungen drosseln

Seit Ende Februar gilt für neue Solaranlagen das sogenannte Solarspitzengesetz. Diesem zufolge gibt es für Photovoltaikanlagen ab 2 Kilowatt Leistung bei negativen Strompreisen keine Einspeisevergütung mehr. Dadurch sollen Anlagenbetreiber davon abgeschreckt werden, in Zeiten negativer Strompreise zusätzlich noch Strom einzuspeisen.
Insgesamt gilt die derzeitige Praxis wegen der vielen Unsicherheiten in Zeiten zu hoher und zu geringer Stromeinspeisung als Investitionshemmnis.
Ein weiterer Kostenfaktor im Bereich der Netzengpässe sind Maßnahmen vonseiten der Netzbetreiber. Dazu gehört beispielsweise das Redispatch – also das gezielte Hoch- und Runterfahren von Kraftwerken und die Abregelung von erneuerbaren Anlagen. Die Kosten dafür werden auf die Stromkunden umgelegt.

Vor allem Niedersachsen und Schleswig-Holstein betroffen

Im Bereich der Windkraft gibt es ähnliche Preisgarantien. Anlagenbetreiber verkaufen ihren Strom häufig schon im Vorfeld und werden dafür bezahlt. Kommt es an windstarken Tagen zu einer Abregelung, erhalten sie dennoch zusätzlich noch die Differenz zwischen erhaltenem Preis und garantiertem Förderpreis – obwohl kein Strom fließt. Der Antwort der Bundesregierung an MdB Bartsch zufolge machen diese Zahlungen einen erheblichen Teil der Ausgleichszahlungen aus.
Dies liegt daran, dass das entsprechende Phänomen vor allem in Norddeutschland zum Tragen kommt. Die höchste Entschädigungssumme wurde demnach mit 224,54 Millionen Euro in Niedersachsen bezahlt, gefolgt von Schleswig-Holstein mit 149,75 Millionen. In Berlin fielen Ausgleichszahlungen nicht an. Im geringen Bereich blieben sie auch im Saarland und in Bremen.
Reinhard Werner schreibt für die Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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