Erbschaftsteuer: Söder fordert Regionalisierung – und will in Karlsruhe klagen

Bayerns Ministerpräsident Söder will eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer notfalls vor dem BVerfG einklagen. Er übt Kritik an Finanzminister Lindner.
Eigenheim Bernburg
Foto: Textbüro Freital
Von 8. Dezember 2022

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder erwägt, die Neuregelung zur Erbschaftsteuer vor dem Bundesverfassungsgericht anzufechten. In der „Bild“ sprach er am Donnerstag, dem 8.12.2022, von Regeln, die „ungleich und damit ungerecht“ seien.

Die Veränderungen mit Blick auf Erbschaft- und Schenkungssteuer sei insbesondere unfair gegenüber „vielen Erben von kleinen Häusern der Eltern“. Bereits zuvor hatte es aus der Union und aus Verbänden Warnungen vor drohenden „Notverkäufen“ gegeben. Auch Familienunternehmen belaste die ab 1. Januar 2023 geltende Neuregelung in unzumutbarer Weise.

Karlsruhe forderte 2006 eine Reform der Bewertung

Mit der Neufassung des Jahressteuergesetzes bleibt die Erbschaftsteuer wie auch die Besteuerung von Schenkungen rein rechtlich unverändert. Es wurde lediglich einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 2006 Rechnung getragen.

Dieser hatte gefordert, die Praxis der Verkehrswertermittlung für steuerliche Zwecke anhand des „vereinfachten“ Ertragswertverfahrens für bebaute Grundstücke zu beenden. Stattdessen sei diese möglichst am Verkaufswert auszurichten.

Dieser liegt jedoch zum Teil deutlich höher als nach den bis ursprünglich geltenden Bewertungsmaßstäben – was Kritiker als verdeckte Steuererhöhung bewerten. Zudem benachteilige die Regelung finanzschwache Erben, die häufig eine geerbte Immobilie verkaufen müssten, nur um die Steuern zu bezahlen.

Grundstückspreise in Bayern deutlich über dem Durchschnitt

Söder geht davon aus, dass insbesondere in seinem Bundesland viele Erben von der Neubewertung betroffen sein würden. Das Preisniveau auf dem Immobilienmarkt in Bayern ist im bundesweiten Vergleich hoch.

Vor allem in Ballungsgebieten wie München, Nürnberg oder Regensburg seien die Verkaufspreise für Immobilien deutlich angestiegen. Viele Erben von Einfamilienhäusern oder Eigentumswohnungen könnten dadurch über den geltenden Freibeträgen zu liegen kommen.

Der bayerische Ministerpräsident fordert deshalb eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer. Es sei „nicht fair, Grundstückspreise in Garmisch-Partenkirchen und in Greifswald miteinander zu vergleichen“. Darüber hinaus vermisse Söder eine Anpassung der bisher geltenden Freibeträge. Diese müsse es vor allem für Erben von Elternhäusern und Wohnungen geben.

Es sei, so Söder, „fatal“, dass mit Bundesfinanzminister Christian Lindner „gerade ein FDP-Minister Steuern erhöht und gleichzeitig Rekordschulden macht“. Lindner selbst forderte jüngst ebenfalls eine Anpassung der Freibeträge – und zwar um 25 Prozent, wie der „MDR“ berichtete.

Freibeträge zur Erbschaftsteuer: Lindner vermisst Initiative der Länder

Lindners Ministerium verweist darauf, dass die letzte Anpassung der Freibeträge auf 2008 zurückdatiere. Seit damals hätten jedoch die Inflation und steigende Immobilienpreise den Entlastungseffekt neutralisiert. Allerdings müssten die Länder selbst aktiv werden, um eine Regelung in ihrem Sinne sicherzustellen.

Bayern habe dazu „etwas auf den Weg gebracht“, erklärt Lindner, „aber mir scheint, dass leider sogar CDU-geführte Länder eher ablehnend sind“, sagte Lindner.

Ohne eine Mehrheit im Bundesrat bin ich als Bundesfinanzminister machtlos.“

Manche Bundesländer könnten wenig Interesse an dem Thema zeigen, da es dort nur wenige Fälle gibt, in denen Erbschaftsteuer anfällt – und das Land wenig daraus einnimmt. Sachsen-Anhalt wäre gesprächsbereit.

Dort und in den anderen mitteldeutschen Bundesländern Sachsen und Thüringen lag der Anteil der Erbschaftsteuer am gesamten Steueraufkommen bei etwa 0,3 Prozent. In Sachsen-Anhalt wurde zuletzt nur bei fünf Prozent aller Erbfälle überhaupt eine Steuer fällig.

Thüringen: Erbschaftsteuer „kein Thema für die Mittelschicht“

In Thüringen hält Finanzministerin Heike Taubert die Debatte für keine, die die Mittelschicht betreffe. Die CSU wolle eher „schon sehr reiche Personen“ mit ihrem Vorstoß schützen. Rückendeckung bekommt Taubert vom Steuerexperten der Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Stefan Bach.

Dieser erläutert, dass die Hälfte der Bürger in Deutschland gar nichts erbe. Bei etwa 20 bis 30 Prozent betrage das Erbe 100.000 Euro oder mehr. Deutlich über den Freibeträgen sei nur sehr wenig angesiedelt.

Die Freibeträge liegen derzeit bei 500.000 Euro für Ehe- oder Lebenspartner, 400.000 Euro pro Kind und 200.000 Euro für Enkelkinder. Bei der Übertragung von Familienvermögen auf Kinder falle, so Bach, nur in etwa fünf bis zehn Prozent der Fälle Erbschaftsteuer an.

Durch die steigenden Immobilienpreise in einzelnen Regionen könnten zwar Steuerpflichtige in diesen Bereichen über die Freibeträge kommen. Allerdings würden auch dann nicht umgehend horrende Beträge anfallen, so Bach. Die Erbschaftsteuer, die zwischen sieben und 30 Prozent liege, falle nur auf die übersteigenden Vermögen an.

Saarland befürchtet Steuerwettbewerb unter den Ländern

Die Staatskanzlei des Saarlandes zeigt sich skeptisch gegenüber dem Vorstoß Bayerns. Gegenüber dem „SR“ hieß es, die Übertragung der Gesetzgebungskompetenz bei der Erbschaftsteuer bezüglich der persönlichen Freibeträge auf die Länder nütze nicht allen.

„Finanzstarke Länder hätten dann die Möglichkeit, ihre Freibeträge zu erhöhen, während andere Länder aufgrund ihrer Finanzlage dazu gezwungen sein könnten, ihre Freibeträge zu senken.“
Es wäre ein Steuerwettbewerb zwischen den Ländern zu befürchten, der mit dem Gebot der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse nicht vereinbar wäre, heißt es weiter aus Saarbrücken. Eine Debatte über die angemessene Höhe der bundesweit einheitlichen Freibeträge bei der Erbschaftsteuer sei aber jedenfalls zu führen.

(Mit Material von dts)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion