Erst Sacharbeit, dann Personalentscheidungen: CDU-Klausur stellt Weichen für 2020

Zwei Tage lang hat die CDU-Führung in Hamburg beraten, um ihren Kurs für das neue Jahr abzustecken. Wichtige Weichenstellungen stehen 2020 an - gerade auch mit Blick auf das Wahljahr 2021. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat ihre Partei vor zu viel Selbstbeschäftigung gewarnt. Es gehe darum, "die Frage der Sacharbeit in den Mittelpunkt zu stellen", sagte sie zum Abschluss der CDU-Vorstandsklausur in Hamburg.
Titelbild
CDU-Chefin Annegret-Kramp Karrenbauer und Marcus Weinberg, der Spitzenkandidat für die kommenden Hamburger Wahlen, sprechen nach einer Pressekonferenz nach einer zweitägigen Klausurtagung der Parteiführung im Maritimen Museum am 18. Januar 2020 in Hamburg miteinander. Die CDU steht vor einer Vielzahl von Herausforderungen.Foto: Morris MacMatzen/Getty Images
Epoch Times18. Januar 2020

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat ihre Partei vor zu viel Selbstbeschäftigung gewarnt. Auf der Vorstandsklausur in Hamburg habe sie die Rückendeckung der Parteispitze für ihr Anliegen erhalten, „die Frage der Sacharbeit in den Mittelpunkt zu stellen“, sagte sie zum Abschluss der zweitägigen Beratungen in Hamburg. Personalfragen wie etwa die Kür eines Kanzlerkandidaten oder eine Umbildung des Kabinetts stünden nun nicht an: „Insofern fühlen wir uns in keinster Weise getrieben.“

Kanzlerkandidatur-Frage

Die Personalfragen sollten dann entschieden werden, „wenn die Zeit dafür gekommen ist“, sagte Kramp-Karrenbauer. In den internen Gesprächen am Freitagabend hatte die Parteichefin nach Angaben aus Teilnehmerkreisen viel Zuspruch für ihre Warnung vor einem Streit um die K-Frage erhalten. Auch von den vehementen Forderungen der Schwesterpartei CSU nach einer Kabinettsumbildung will sich die CDU nicht unter Zugzwang setzen lassen.

Kramp-Karrenbauers unterlegener Rivale um den Parteivorsitz, Friedrich Merz, hatte Personalspekulationen am Freitag neue Nahrung gegeben: Er bot an, im bevorstehenden Bundestagswahlkampf als Teil eines Teams eine Rolle zu spielen. Kramp-Karrenbauer reagierte zurückhaltend auf dieses Angebot: „Ich freue mich über seine Bereitschaft mitzuwirken. Mehr ist dazu nicht zu sagen.“

Kramp-Karrenbauer hatte den Parteivorstand auch deswegen zur Klausur nach Hamburg geladen, weil sie die Arbeit am künftigen Grundsatzprogramm der Partei vorantreiben will. Dieses soll im Dezember auf dem Parteitag in Stuttgart verabschiedet werden. Ein erster Entwurf soll im Frühjahr vorgelegt werden, den die Parteiführung dann in einer „Antworttour“ an der Basis vorstellen will.

An die CDU formulierte die Vorsitzende mit Blick auf den Parteitag drei Ansprüche: Sie müsse bis dahin ein „attraktives programmatisches Angebot“ machen, sie müsse Politikerinnen und Politiker präsentieren, die dieses Angebot „glaubwürdig“ verkörpern, und sie müsse eine Organisation aufbauen, „die es uns ermöglicht, einen spannenden Wahlkampf 2021 zu führen“.

Nun komme es „entscheidend darauf an, dass zu Beginn des neuen Jahrzehnts die Weichen richtig gestellt werden“, sagte Kramp-Karrenbauer. „Das Deutschland, das wir uns für 2030 wünschen, ist ein Deutschland, das weiterhin wirtschaftlich stark ist, dass innovativ und kreativ ist, das klimafreundlich ist“ und das eine Antwort finde auf die Frage, „wie wir eigentlich in dieser Gesellschaft miteinander umgehen“.

Den Vorstandsmitgliedern lag in Hamburg ein Thesenpapier vor, in dem die Parteizentrale einige Anforderungen an das neue Programm formuliert. Es gebe „kein Naturgesetz, das besagt, dass Volksparteien ihre Funktion verloren haben und damit dem Untergang geweiht sind“, heißt es in dem Papier, das AFP vorliegt. Eine Volkspartei müsse allerdings eine Antwort auf die „Fragmentierung“ und das „Auseinanderdriften“ der Gesellschaft finden.

Die CDU müsse dieser Entwicklung ein „Haltungsprogramm“ entgegenstellen, das „die neue gesellschaftliche und kulturelle Wirklichkeit mit den christlich-sozialen, liberalen und konservativen Wurzeln verbindet“, heißt es in dem Thesenpapier. Das neue Grundsatzprogramm werde sich von seinen Vorgängern unterscheiden: „Es wird kürzer sein, es wird weniger konkret sein, also kaum an tagespolitischen Fragestellungen ausgerichtet“.

Konkrete Themen für die inhaltliche Neupositionierung nennt das Thesenpapier kaum. Es führt allerdings einige Themenfelder an, die von der Basis als wichtig wahrgenommen würden – etwa die Mietenentwicklung, die Meinungsfreiheit im Netz, Offenheit für Innovationen und Fortschritt sowie Steuerfragen.

Weitere wichtige Weichenstellungen

Die CDU-Chefin will sich in diesem Jahr zudem weiteren Themen widmen. Das sind wichtige Weichenstellungen für das Jahr 2020, die gerade auch mit Blick auf das Wahljahr 2021 relevant sein werden. Hier ein Überblick:

Internationale Krisen

Das Mittelmeerland Libyen droht ins Chaos abzugleiten – und es werden Rufe nach einem internationalen Militäreinsatz zur Flankierung eines Friedensprozesses laut. Der CDU-Spitze ist klar, dass eine deutsche Beteiligung weder in der Partei noch im Land populär wäre. Tenor in Hamburg war aber auch, dass sich Deutschland einer Mission unter Nato- oder EU-Führung nicht entziehen könnte. Hier wartet eine neue Herausforderung auf Kramp-Karrenbauer, denn als Verteidigungsministerin steht sie einer Truppe vor, die technisch und personell für einen weiteren Auslandseinsatz schlecht gerüstet ist.

Kabinett

Mit seiner Forderung nach einer Kabinettsumbildung hat CSU-Chef Markus Söder die CDU-Chefin in Zugzwang gebracht. Kramp-Karrenbauer sitzt zwischen den Stühlen: Mit Söder arbeitet sie sehr eng zusammen – auf der anderen Seite aber steht Kanzlerin Angela Merkel, die von einer Kabinettsumbildung nichts wissen will. Die CDU will sich nicht von den Bayern treiben lassen, das Thema spielte in Hamburg nur eine Nebenrolle. Die Parteiführung weiß aber auch: Söder lässt nicht locker. Bis Jahresmitte will er neue Köpfe im Kabinett.

Thüringen

Die Debatte um eine Zusammenarbeit der CDU mit der regierenden Linkspartei in Thüringen hatte die Partei aufgewühlt. Die Bundes-CDU beobachtet die Gesprächskontakte des Landesverbands mit den Linken skeptisch. Eine Zusammenarbeit in Form politischer Tauschgeschäfte dürfe es nicht geben: Die Parteispitze machte dies in Hamburg noch einmal klar – und vertraut auf die Zusicherung der Parteifreunde in Thüringen, keine formalisierte Zusammenarbeit mit der Linken einzugehen.

Grundsatzprogramm

Moderner, prägnanter, zeitgemäßer will die CDU werden – und dies in einem neuen Grundsatzprogramm festschreiben. Der Parteitag im Dezember soll es verabschieden. Oberstes Ziel: Die CDU möchte sich inhaltlich so breit aufstellen, dass sie ihren Charakter als Volkspartei behält – der Absturz der einstigen Volkspartei SPD ist ihr warnendes Beispiel. Eckpfeiler des Programms wurden nun in Hamburg diskutiert, im Frühjahr soll ein Entwurf vorliegen.

Umfragewerte

Die CDU kommt in der Wählergunst nicht aus dem Tief – und ihre Vorsitzende erst recht nicht. In einer am Samstag vorgelegten Forsa-Umfrage für RTL und n-tv sprachen 71 Prozent der Befragten der CDU-Chefin die Eignung für das Amt der Kanzlerin ab. Nur zwölf Prozent trauten ihr das zu. Die Union als Ganzes rangiert in praktisch allen bundesweiten Umfragen unter 30 Prozent – die Grünen sind ihr dicht auf den Fersen. (afp/dpa)



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