„Ein überzeugender Europäer“: EU-Präsident Martin Schulz wechselt in die Bundespolitik

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz gibt seinen Posten in der EU auf und tritt für die SPD in NRW bei der Bundestagswahl an. Kommissionspräsident Juncker bedauert den Wechsel, da er "nicht nur überzeugter, sondern auch ein überzeugender Europäer" sei.
Titelbild
Martin SchulzFoto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times24. November 2016

Nach 22 Jahren in der Europapolitik gibt EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) seinen Posten auf und tritt im kommenden Jahr bei der Bundestagswahl an.

Der Wechsel in die Bundespolitik befeuerte am Donnerstag in Berlin Spekulationen, dass Schulz neuer Außenminister oder gar Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten werden könnte. Zu Einzelheiten seiner politischen Zukunft äußerte sich der 60-Jährige nicht.

„Diese Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen“, sagte Schulz, der seit 1994 im Europaparlament ist und als Präsident seit 2012 an dessen Spitze steht. Künftig wolle er „von der nationalen Ebene aus für das europäische Projekt kämpfen“. Seine Erklärung gab er wortgleich hintereinander in drei Sprachen ab: erst auf Deutsch, dann auf Englisch und schließlich auf Französisch. Fragen beantwortete er nicht. Dazu werde es „bald“ Gelegenheit geben, sagte er in Brüssel.

Schulz wird voraussichtlich Anfang kommenden Jahres seinen Posten als Parlamentspräsident aufgeben. Er wolle dann „mit einer klaren Haltung“ weiter seinen Beitrag dafür leisten, „dass Gräben in unseren Gesellschaften und zwischen den Ländern in Europa geschlossen werden“, sagte er. Sein Ziel sei es gleichzeitig, „verlorengegangenes Vertrauen“ in die Politik zurückzugewinnen.

Juncker ist enttäuscht und bedauert den Wechsel

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zeigte sich enttäuscht: „Ich bedauere die Ankündigung von Martin Schulz sehr.“ In den vergangenen Jahren habe er „gut und eng“ mit dem Parlamentschef zusammengearbeitet, der „nicht nur überzeugter, sondern auch ein überzeugender Europäer“ sei.

„Deswegen hätten wir ihn weiterhin hier in Brüssel gebraucht, aber in Berlin wird er sich auch hilfreich einbringen können.“

Juncker hatte sich ausdrücklich für einen Verbleib von Schulz an der Spitze des Europaparlaments ausgesprochen, obwohl die Amtszeit des Sozialdemokraten nach einer Absprache mit der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) ohnehin Anfang kommenden Jahres enden sollte.

Dann soll ein Politiker aus der EVP-Fraktion das Amt für die zweite Hälfte der Legislaturperiode übernehmen.

Sigmar Gabriel: „Schlechte Nachricht für Europa, eine gute für Deutschland“

„Die Entscheidung von Martin Schulz ist eine schlechte Nachricht für Europa – und eine gute für Deutschland“, schrieb SPD-Chef Sigmar Gabriel auf dem Onlinedienst Twitter.

Der europapolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Norbert Spinrath, zeigte sich im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP überzeugt, „dass wir Martin Schulz dann in Zukunft in einer herausragenden Rolle in der Bundespolitik erleben werden“.

Der scheidende Parlamentspräsident wird auf Platz eins der SPD-Landesliste Nordrhein-Westfalen für den Bundestag kandidieren. Das Europaparlament verliere eine „starke Stimme für Demokratie und Anstand“, erklärte SPD-Vize Ralf Stegner. Der Bundestag werde aber „enorm bereichert werden durch einen leidenschaftlichen Redner und Kämpfer gegen Rechts“.

Außenminister oder SPD-Kanzlerkandidat?

Schulz gilt auch als Anwärter für die Nachfolge von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), der im Februar Bundespräsident werden soll.

Unterstützung für diese Idee kam vom Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok (CDU): „Martin Schulz verfügt über mehr internationale Erfahrung als viele andere Politiker, die bislang in das Amt des Außenministers wechselten“, sagte Brok der „Welt“.

Im Gespräch ist Schulz auch als möglicher SPD-Kanzlerkandidat, sollte Gabriel von seinem Erstzugriffsrecht als Parteichef nicht Gebrauch machen.

Ein SPD-Sprecher sagte am Donnerstag in Berlin, dass die Partei an ihrem Zeitplan für die Kanzlerkandidatenkür festhalte. Die Parteiführung der Sozialdemokraten will diese Frage auf einer Klausur Ende Januar klären. (afp)



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