Ex-Generalinspekteur Kujat: „Unsere Sicherheit ist bei dieser Bundesregierung nicht in guten Händen“

Mit kritischen Worten geizte Ex-NATO-General Harald Kujat nicht, als er sich im Interview mit dem „Focus“ zum derzeitigen Zustand der Bundeswehr äußerte.
Titelbild
Bundeswehr-SoldatenFoto: über dts Nachrichtenagentur
Von 18. Februar 2019

Die Versäumnisse reichten dabei weit zurück und die Lage wäre mit zu Guttenbergs vorschneller Abschaffung der Wehrpflicht eskaliert, und so bekomme er „Angst um unsere Sicherheit“, wie der ehemalige Generalsinspekteur der Bundeswehr Harald Kujat, in seinem jüngsten Interview zum Zustand der Truppe mit dem „Focus“ einräumt. Der ehemalige NATO-General und Generalinspekteur der Bundeswehr, der seit 60 Jahren deren Entwicklung mitverfolgt, stellt nüchtern fest, dass „Aufgaben, militärische Fähigkeiten sowie die dafür erforderlichen finanziellen Mittel […] weit auseinander“ klaffen.

Verbunden mit sicherheitspolitisch relevanten Fehlentscheidungen habe die Unterfinanzierung seit mehr als zehn Jahren dazu geführt, dass die Bundeswehr „den Herausforderungen der Landes- und Bündnisverteidigung, also ihrer verfassungsgemäßen Kernaufgabe, nicht mehr gewachsen ist“.

Kujat wollte in diesem Zusammenhang die Schuld am jetzigen Zustand nicht auf eine einzelne verantwortliche Person beschränkt wissen. Allerdings reiche die Wurzel der derzeitigen Unwägbarkeiten bereits in die Amtszeiten von Karl-Theodor zu Guttenberg und Thomas de Maizière zurück.

Sparen ohne Rücksicht auf Verluste

Bundeskanzlerin Angela Merkel hätte zudem den Verbündeten zwar mehrfach zugesagt, die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu steigern und den Anteil für die Beschaffung moderner Bewaffnung und Ausrüstung auf mehr als 20 Prozent des Verteidigungshaushalts zu erhöhen. Diesen Worten folgten jedoch keine entsprechenden Taten und die Folgen seien erkennbar.

Zu Guttenberg wiederum habe die Entscheidung über die Abschaffung der Wehrpflicht übers Knie gebrochen, ohne die Konsequenzen zu bedenken und zu klären, wie dem dadurch bedingten Fehlbestand im Bereich des Personals gegengesteuert werden könne. In seiner Ära sei gespart worden, auch wenn dies zu Lasten der Einsatzbereitschaft und Aufgabenerfüllung der Streitkräfte gehen sollte.

De Maizière wiederum habe Personalplanung, Struktur und Bewaffnung vorwiegend auf den Bereich der Auslandseinsätze konzentriert und gleichzeitig die vom Grundgesetz geforderte Fähigkeit zur Landesverteidigung sowie die Bündnisverteidigung vernachlässigt – obwohl diesbezüglich eine Verpflichtung bestehe, die es hinsichtlich von Auslandseinsätze nicht gibt. Sollte tatsächlich eine Situation entstehen, in der Deutschland auf eine Bedrohung schnell reagieren müsste, wäre die Bundeswehr nicht ausreichend vorbereitet.

Die Folgen der Unterfinanzierung der Truppe machten sich, so Kujat, nicht immer umgehend, sondern zeitverzögert bemerkbar. Deshalb werde die nachteilige Entwicklung auch dann noch für einige Zeit anhalten, wenn beispielsweise das kürzlich veröffentlichte Fähigkeitsprofil zu greifen beginne – das Kujat für einen guten Ansatz hält.

„CDU ist nicht mehr die Partei der Bundeswehr“

Die Beteiligung der Bundeswehr an NATO-Einsätzen und die Präsenz in Afghanistan und im Baltikum führten eher zu weiterem Materialverschleiß und Überbelastung der Beteiligten als zu mehr Sicherheit. Die eigenen Hausaufgaben zu machen, wäre eigentlich vordringlich.

„Ein Land, das die Sicherheitsvorsorge derart vernachlässigt, verspielt das Vertrauen der Verbündeten und kann seine nationalen Sicherheitsinteressen international kaum durchsetzen“, beklagt Kujat. „Unsere Sicherheit ist bei dieser Bundesregierung nicht in guten Händen.“

Von der Union als der Partei der Bundeswehr könne man ebenfalls nicht mehr reden, was sogar CDU-Politiker selbst einräumten. Deutschlands Politikern mangele es an außen- und sicherheitspolitischem Weitblick und strategischem Urteilsvermögen. Dass Frau von der Leyen „von Anfang an kein Vertrauen zu den Mitarbeitern in ihrem Ministerium und ein sehr distanziertes Verhältnis zur Bundeswehr insgesamt“ gehabt habe, bewertet Kujat ebenso als nicht hilfreich. Ohne den Ergebnissen des bevorstehenden Untersuchungsausschusses zur Berateraffäre vorgreifen zu wollen, deutet der Ex-Generalsinspekteur an, dass sich das Verteidigungsministerium nicht am eigenen Mitarbeiterstab vorbei führen lässt:

„Berater können durchaus einen positiven Beitrag leisten, wenn es um die Optimierung von Prozessen und um Wirtschaftlichkeit geht. Aber sie können nicht den sicherheitspolitischen und strategischen Sachverstand von Mitarbeitern des Ministeriums ersetzen.“

 



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