Fake-News-Vorwürfe gegen Claudia Roth: Angaben über Sicherheitslage in Afghanistan stimmen nicht

Angesichts des Abschiebeflugs ausreisepflichtiger Afghanen aus Deutschland in ihre Heimat hat Bundestagspräsidentin Roth behauptet, Ausschaffungen dieser Art seien völkerrechtswidrig. Außerdem habe es im Vorjahr 40 000 Tote im Bürgerkrieg gegeben.
Von 19. Februar 2019

Das Magazin „Publico“ hat Bundestagspräsidentin Claudia Roth die Verbreitung unzutreffender Tatsachenbehauptungen vorgeworfen. Auf der Onlineplattform dokumentiert Chefredakteur Alexander Wendt einen Facebook-Beitrag der Grünen-Politikern, der sich mit Abschiebeflügen ausreisepflichtiger Personen von Deutschland nach Afghanistan befasst.

Bislang hat es erst 21 solcher Flüge gegeben, mit dem letzten davon befasste Roth sich in einem Facebook-Beitrag vom Montag (18.2.). Darin schrieb sie:

Erneut soll nach Afghanistan abgeschoben werden. Doch auch der einundzwanzigste Abschiebeflug ändert nichts an den Tatsachen vor Ort: Afghanistan ist nicht sicher, für niemanden, nirgends. Die Sicherheitslage ist katastrophal. […] In Afghanistan wütet einer der gewaltsamsten Konflikte der Welt, mit über 40 000 Toten allein im letzten Jahr.“

Höhere Opferzahlen als im Irak?

Abschiebungen nach Afghanistan seien daher unter keinen Umständen zu verantworten und würden internationales Völkerrecht untergraben.

Die von Roth genannte Zahl von 40 000 Toten im Vorjahr erschien Wendt als verhältnismäßig hoch gegriffen, weshalb er sich dazu entschloss, den Angaben nachzugehen. Diese Zahl würde in etwa jener entsprechen, die der Konflikt zwischen der türkischen Regierung und der PKK im Südosten des Landes seit dessen Beginn Mitte der 1980er Jahre gefordert hatte. Selbst im Irak hatte die Zahl der Todesopfer in intensiven Bürgerkriegsjahren wie 2006, 2007 oder 2014 nie die Marke von 30 000 überschritten.

Als Quelle nannte Roth erst auf Nachfrage die Organisation Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), die für 2018 etwas mehr als 7000 Vorfälle mit Todesopfern für Afghanistan dokumentiert hat, die sowohl militärische Kampfhandlungen als auch Anschläge und Überfälle mit zivilen Opfern umfassen. Die Quellen sind höchst unterschiedlich und werden nicht hinterfragt – auch wenn sich unter ihnen auch solche radikaler Islamisten oder anderer offensichtlich Agenda-gesteuerter Akteure befinden. Ob die Organisation eigene Mitarbeiter in Afghanistan beschäftigt, ist unklar.

El Salvador und Guatemala sind gefährlicher

Die UNO-Assistenzmission in Afghanistan (UNAMA) hingegen spricht für die ersten neun Monate des Jahres 2018 von 2798 gewaltsam ums Leben gekommenen und 5252 verletzten Zivilisten, wobei es einen deutlichen Unterschied von Region zu Region gebe. Im zentralen Bergland sei die Zahl an Todesopfern durch konfliktbezogene Gewaltakte seit Jahren gering, in der Nordostregion ging sie drastisch zurück.

Lediglich im Südosten, wo eine Vielzahl an Regionen umkämpft ist, in die Kämpfer aus dem benachbarten Pakistan eindringen, sei die Zahl der Toten noch im Steigen begriffen. Auf die Hauptstadt Kabul entfielen im Jahr 2017 etwa 16 Prozent der zivilen Opfer – hauptsächlich waren Terrorakte die Ursache. Die höchste zivile Todesopferzahl in ganz Afghanistan seit 2009 hatte UNAMA im Jahr 2014 mit 2865 verzeichnet. Die gesamte Einwohnerzahl des Landes beträgt 35,5 Millionen.

Betrachtet man die von Institute for Health Metrics and Evaluation erhobene Mordrate pro 100 000 Einwohner aus den Jahren 1990 bis 2016, so legt Publico weiter dar, läge Afghanistan weltweit auf Platz 11 unter den Ländern mit der höchsten Zahl an Gewaltverbrechen. Dennoch liegt das damit deutlich hinter der Spitzengruppe mit Ländern wie El Salvador, Venezuela, Guatemala und Kolumbien.

Alternative Fakten auch schon zu Fukushima

Wendt wirft vor diesem Hintergrund der Bundestagspräsidentin vor, mit unzutreffenden und völlig übertriebenen Daten zu operieren. Zudem sei ihre Darstellung, eine Abschiebung Ausreisepflichtiger nach Afghanistan verstoße gegen das Völkerrecht, unkorrekt. Gemäß dem „Abkommen zur Rechtsstellung von Flüchtlingen“ von 1951, das die Grundlage des internationalen Flüchtlingsrechts bildet, kann sich ein Flüchtling nicht auf das Recht, nicht in ein Land ausgewiesen zu werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit bedroht wäre, wenn dieser

aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit des Landes anzusehen ist, in dem er sich befindet, oder der eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Staates bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens rechtskräftig verurteilt wurde.“

Bereits 2013 habe Roth auf Facebook mit völlig aus der Luft gegriffenen Zahlen über angebliche Todesopfer operiert, ergänzt Wendt. Damals sei es um angeblich 16 000 Tote und 2700 vermisste in Japan auf Grund der „Atom-Katastrophe von Fukushima“. Tatsächlich sind die Genannten jedoch an den Folgen des Tsunamis im Vorfeld des Reaktorunglücks verstorben. Die Zahl von Strahlentoten infolge der Havarie in Fukushima selbst liege nach wie vor bei null.



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