Fall Amri: Sonderermittler attestiert Sicherheitsbehörden schwere Versäumnisse

Zehn Monate nach dem islamistischen Terroranschlag auf einem Berliner Weihnachtsmarkt hat ein Sonderermittler seinen Abschlussbericht vorgestellt. Er stellte darin erneut zahlreiche schwere Fehler von verschiedenen Polizeibehörden und anderen Stellen fest.
Titelbild
Fahndungsfotos des Terroristen Anis Amri auf einer Polizeistation in Frankfurt/Main.Foto: Arne Dedert/dpa
Epoch Times12. Oktober 2017

Der Sonderbeauftragte des Berliner Senats zur Aufklärung des Anschlags auf den Berliner Weihnachtsmarkt hat zahlreiche fachliche und organisatorische Fehlleistungen bei den deutschen Sicherheitsbehörden festgestellt.

„Es gab grobe Fehler, die nicht hätten vorkommen dürfen“, sagte der frühere Bundesanwalt Bruno Jost am Donnerstag bei der Vorstellung seines Abschlussberichts. Innensenator Andreas Geisel (SPD) forderte als Konsequenz die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses im Bundestag.

Auf 68 Seiten fasst Jost seine seit Mitte April gewonnenen Erkenntnisse zusammen. Schon in seinem Zwischenbericht hatte er festgestellt, dass im Berliner Landeskriminalamt (LKA) nachträglich Akten manipuliert worden waren, um eine verpasste mögliche Gelegenheit zur Festnahme des Attentäters Anis Amri wegen Drogenhandels zu kaschieren. Nun machte Jost bekannt, dass diese Manipulation beim Verfassen eines Berichts an den Senat zwei Tage nach dem Anschlag ihren Anfang nahm.

Zudem kommt Jost zu dem Schluss, dass Amri Ende Juni hätte eingesperrt werden können. Monate vor dem Attentat vom 19. Dezember war der ausreisepflichtige Tunesier in Friedrichshafen festgenommen und zwei Tage lang festgehalten worden. Landeskriminalbeamte aus Berlin und Nordrhein-Westfalen seien aber nicht nach Baden-Württemberg gereist, um Amri mit den zahlreichen Verdächtigungen gegen ihn zu konfrontieren.

Jost sprach von einer „zumindest sehr realistischen Chance, ihn zumindest da in Friedrichshafen über drei oder vier Monate aus dem Verkehr zu ziehen“. In dieser Zeit hätte eine Abschiebung Amris erreicht werden können. Jost sagte: „Da wurde alles falsch gemacht, was man falsch machen kann.“ Rechtliche Konsequenzen gegen einzelne Beteiligte jenseits der mit Manipulationsvorwürfen konfrontierten LKA-Beamten hielt Jost indes für unwahrscheinlich.

Ferner kritisierte Jost die schon Ende Juli abgebrochene Observation Amris, obwohl eine Genehmigung bis Ende Oktober vorlag. Bei dem Anschlag in Berlin hatte Amri einen Lastwagen gezielt in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche gesteuert. Zwölf Menschen starben, etwa 70 wweitere wurden verletzt. (afp)



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