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Neue Überlegungen zur Pflege

Familienministerin will Pflegegeld als Lohnersatz einführen – Caritas rechnet mit 4,7 Milliarden Euro

Karin Prien will eine neue Sozialleistung einführen. Pflegende Familienangehörige sollen finanzielle Unterstützung erhalten. Die Präsidentin der Caritas rechnet mit rund 4,7 Milliarden Euro, die zusätzlich für die Pflege verwendet werden müssen.

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Zwei ältere Damen helfen sich gegenseitig (Symbolbild).

Foto: Alexander Farnsworth/iStock

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Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) will mit Pflegegeld als Lohnersatz eine neue Sozialleistung einführen. „Es wird mit unserer demographischen Entwicklung nicht möglich sein, dass Pflege allein von Fachkräften geleistet wird“, sagte die CDU-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag).
„Deshalb müssen wir einen Einstieg in ein Pflegegeld als Lohnersatz für pflegende Angehörige schaffen.“
Deutschland habe ein „riesengroßes Interesse“ daran, dass eine solche Leistung komme, sagte Prien. Auf die Frage, wie ein solcher Einstieg aussehen könne, erklärte die Ministerin, es gebe mehrere Möglichkeiten.
„Da sind viele Varianten denkbar“, sagte sie. Unter anderem nannte sie die Bezugsdauer, die Höhe oder eine soziale Staffelung des Pflegegelds.
Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag „tiefgreifende strukturelle Reformen“ im Gesundheits- und Pflegebereich angekündigt.

Sozialverband: Orientierung sind 300 bis 1.800 Euro

Mehrere soziale Verbände in Deutschland begrüßen den Plan der Bundesregierung. Der Sozialverband Deutschland fordert konkret die „Einführung einer Entgeltersatzleistung für Pflegezeiten mindestens in Höhe des Elterngeldes“, sagte Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Zuspruch für ein Familienpflegegeld gab es auch vom Paritätischen Wohlfahrtsverband.
Sozialverband-Hauptgeschäftsführer Joachim Rock sagte: „Die Orientierung dabei ist ein Anteil von 65 Prozent des letzten Nettoeinkommens, mindestens aber 300 und maximal 1.800 Euro.“
Bedenken äußerte hingegen Gesundheitsökonom Jürgen Wasem von der Universität Duisburg-Essen. „Bei dem Konzept des Familienpflegegelds besteht die Gefahr, dass Anreize zur Arbeitszeitreduzierung gesetzt werden, obwohl eine Vereinbarkeit von Pflege und Beruf bestünde. In Zeiten des Fachkräftemangels sind solche Maßnahmen gesamtwirtschaftlich nicht sinnvoll.“

Caritas sieht „Rotstiftpolitik von vorgestern“

Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa hat die Spar-Strategie der Bundesregierung scharf angegriffen. Sie fordert, den demografischen Wandel und die resultierenden Herausforderungen bei der Pflege als außerordentliche Herausforderung analog zur Verteidigungspolitik zu behandeln.
„Vom Verteidigungsminister verlangt auch niemand, dass er sich Drohnen herausspart, indem er weniger Panzer kauft“, sagte Welskop-Deffaa dem „Tagesspiegel“.
„Ebenso wenig lässt sich eine zukunftsfähige Pflege finanzieren, indem man Krankenhäuser kaputtspart.“
Die Spar-Strategie der Bundesregierung nannte die Caritas-Präsidentin eine „Rotstiftpolitik von vorgestern“. Sie fordert einen radikalen Kurswechsel und wendet sich gegen das Prinzip, dass jedes Ressort alle zusätzlichen Ausgaben im eigenen Budget gegenfinanzieren müsse.
Wie bei der Verteidigung müsse auch beim demografischen Wandel endlich von den notwendigen Lösungen her gedacht werden „und nicht vom vermeintlich fehlenden Geld“.

„Ohne zusätzliches Geld für die Pflege wird es nicht gehen“

„Wenn wir die Pflege nicht jetzt neu aufstellen, können wir morgen unsere Seniorinnen und Senioren nicht mehr versorgen“, warnte Welskop-Deffaa. Es gehe „um nicht weniger als die Menschenwürde der Alten“. Klar sei: „Ohne zusätzliches Geld für die Pflege wird es nicht gehen.“
Aus ihrer Sicht sind insgesamt rund 4,7 Milliarden Euro nötig. Davon würden zwei Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr „für flexible Pflegebudgets“ verwendet werden müssen, sagte die Caritas-Präsidentin. Weitere zwei Milliarden Euro pro Jahr müssten investiert werden, „um aus Pflegezeit und Familienpflegezeit ein alltagstaugliches Entlastungsangebot zu machen“.
Überdies müsse die Regierung 700 Millionen Euro für die Zusammenführung von Kurzzeit- und Verhinderungspflege in die Hand nehmen. Alles sei „gleichermaßen wichtig, damit Angehörige die Pflichten, die sie als Pflegende übernehmen, besser mit ihrem sonstigen Leben vereinbaren können“.
Welskop-Deffaa äußerte sich auch zum neuen Wehrdienst, den die schwarz-rote Regierungskoalition einführen will, und bei dem es Pendants im Zivilschutz und im Sozialen geben soll. Es sei enorm wichtig, dass diese drei Säulen von Anfang gleichberechtigt seien und dies von der Politik auch so vermittelt werde, betonte die Caritas-Präsidentin.
Es brauche die gleiche Anerkennung, egal, ob jemand für Sicherheit nach außen oder innen sorge oder für den sozialen Zusammenhalt, sagte Welskop-Deffaa. „Die Politik darf nicht nur jenen applaudieren, die die Waffe in die Hand nehmen.“ (afp/red)

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