Fast 40 Milliarden Euro zusätzliche Schulden in 2022

Der Krieg in der Ukraine zwingt Finanzminister Lindner seinen Etat zu überarbeiten. Es sind noch mehr Schulden nötig. Für den FDP-Chef sicher kein einfacher Schritt.
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Auch 2022 werden die Schulden zunehmen.Foto: iStock
Epoch Times25. April 2022

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine hat die Bundesregierung nicht auf den Cent geschaut: Milliardenschwere Entlastungspakete und Steuersenkungen wegen der explodierten Energiepreise, Unterstützung für Unternehmen, humanitäre Hilfe. Das alles führt dazu, dass FDP-Chef Christian Lindner jetzt deutlich mehr Schulden machen muss, als er sich wohl ausmalen konnte, als er im Winter das Amt des Bundesfinanzministers antrat.

Dass der Etat für 2022 ein Update bekommen würde, war schon klar, als Lindner seine Planungen im März dem Kabinett präsentierte: Die Folgen des Ukraine-Kriegs waren damals noch nicht eingepreist. Mehrere Kriegswochen und ein Entlastungspaket später heißt es aus dem Finanzministerium nun: Wir brauchen 39,2 Milliarden Euro an zusätzlichen Krediten.

138,9 Milliarden Euro neue Schulden

Die Neuverschuldung 2022 steigt damit auf 138,9 Milliarden Euro. Nicht ganz die Rekordsumme vom Vorjahr, als die Corona-Pandemie zum Schuldenmachen zwang. Aber in der Rechnung ist auch die geplante 100 Milliarden schwere Finanzspritze für die Bundeswehr noch nicht berücksichtigt.

Es habe mit dem Ergänzungshaushalt punktuelle, sehr gezielte Veränderungen am Etat gegeben, heißt es im Ministerium. Lindner wollte bewusst nicht noch einmal den gesamten Haushalt öffnen – und dann wieder mit den enormen Ausgabewünschen der einzelnen Minister konfrontiert sein. So ist es ein für Haushälter vergleichsweise kleines Paket, das am Mittwoch im Kabinett beschlossen und anschließend in den Bundestagsausschuss geschickt wird.

So setzt sich die Summe zusammen

Enthalten sind Posten wie 5 Milliarden Euro für Wirtschaftshilfen, 1,45 Milliarden Euro für humanitäre Hilfe und eine Milliarde für das Anlegen einer Gasreserve, die eine Energiekrise verhindern soll, sollte Russland plötzlich den Gashahn zudrehen. Ebenfalls berücksichtigt sind die Kosten für die Aufnahme von Flüchtlingen, die Senkung der Energiesteuer auf Sprit, für die Energiepreispauschale (300 Euro für alle Beschäftigten), den 100-Euro-Kinderbonus und das 9-Euro-Ticket für den Nahverkehr.

Fast 14 Milliarden Euro sind als Vorsorge vorgesehen – hauptsächlich für derzeit noch nicht absehbare wirtschaftliche Folgen des Krieges, also sinkende Steuereinnahmen oder Probleme auf dem Arbeitsmarkt. Der Haushalt sei nicht auf Kante genäht, heißt es deshalb im Ministerium. Wie viel von dem Geld tatsächlich gebraucht werde, lasse sich noch nicht sagen.

Etatvolumen fast eine halbe Billion Euro

Das Etatvolumen steigt durch den Ergänzungshaushalt im laufenden Jahr auf 483,9 Milliarden Euro. Enthalten sind neben Aufwendungen, die direkt mit dem Ukraine-Krieg in Verbindung stehen, auch generell Maßnahmen zur Abfederung der hohen Energiepreise im Rahmen der von der Koalition beschlossenen Entlastungspakete.

Ebenfalls einkalkuliert sind in gewissem Umfang das vor allem wegen des Krieges erwartete geringere Wirtschaftswachstum sowie auch noch einmal Aufwendungen in Verbindung mit der Corona-Pandemie. Letzteres betrifft etwa Kosten für Impfungen und Tests sowie zur weiteren finanziellen Entlastung der Krankenhäuser.

Wie hoch werden die Verteidigungskosten sein?

Auch ob Deutschland die Zusage von Kanzler Olaf Scholz (SPD) einhält und in diesem Jahr tatsächlich zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in die Verteidigung investiert, bleibt offen. Zum einen ist der 100 Milliarden Euro schwere Sondertopf noch nicht beschlossen. Für die angestrebte Grundgesetzänderung braucht die Ampel-Koalition Stimmen der Opposition, was gerade mühsam verhandelt wird. Zum anderen ist fraglich, wie viel aus dem auf mehrere Jahre angelegten Sondervermögen jetzt wirklich schon bestellt und ausgegeben wird. Ein Wirtschaftsplan mit angestrebten Investitionen fehlt weiter.

Fest steht dagegen: Für Lindner ist es nicht gerade ein Wunsch-Etat. Eigentlich ist der Finanzminister angetreten, um Deutschland zurück zur Schuldenbremse und perspektivisch auch zurück zu den Maastricht-Zielen einer Schuldenquote von 60 Prozent zu führen. Stattdessen macht er nun fast so hohe Schulden wie zu schlimmsten Corona-Zeiten. Rechnet man die 100 Milliarden für die Bundeswehr dazu, könnte der Bundestag in diesem Jahr so viele Kredite absegnen wie nie zuvor. Ausgerechnet mit einem FDP-Finanzminister auf der Regierungsbank.

Ab nächstem Jahr wieder Schuldenbremse

Im kommenden Jahr, und darauf besteht man in Lindners Ministerium, soll es trotzdem die Rückkehr zur regulären Schuldenbremse geben. Dann wären nur noch rund 7,5 Milliarden Euro Kredite erlaubt. Das halten zu können, ist optimistisch. Denn auch wenn die Steuereinnahmen in den ersten drei Monaten über Plan lagen, rechnet man im Finanzministerium wegen des Kriegs mit einem Einbruch. Trotzdem soll nicht sämtliche Planung für 2023 infrage gestellt werden. Lindner sieht dafür auch keinen Spielraum. Die Schuldenregel sei „ein Befehl unserer Verfassung an den Gesetzgeber“, betonte er zuletzt mehrfach. (dpa/afp/red)



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