Flüchtlinge im Mittelmeer: Was wird aus EU-Marinemission?

Noch immer ist offen, wie es mit der EU-Mission vor der libyschen Küste weitergehen soll. Im Raum steht die Frage, ob künftig überhaupt noch Menschen im Mittelmeer gerettet werden. Deutsche Politiker reagieren alarmiert.
Titelbild
Ein Blick aufs Mittelmeer, glitzernd in der Sonne. Das Meer am Cap de Creus ist bei Schnochlern und Tauchern sehr beliebt.Foto: Ariane Gavizzoli-Gündel
Epoch Times22. Juli 2018

Angesichts der unklaren Perspektive für die EU-Marinemission „Sophia“ werden die Forderungen nach einer raschen Einigung auch in der deutschen Politik lauter.

Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth sagte der „Bild am Sonntag“: „Unsere Humanität droht im Mittelmeer zu ertrinken.“ Das Mittelmeer sei inzwischen zu einem „Meer des Todes“ verkommen, beklagte die ehemalige Grünen-Parteichefin. „Wenn diese Erosion der Menschenrechte weitergeht, hat die EU den ihr verliehenen Friedensnobelpreis nicht verdient und er muss aberkannt werden.“ Die EU hatte die Auszeichnung vor sechs Jahren erhalten – unter anderem für ihren Beitrag zu einer friedlichen Entwicklung in Europa.

Mit ihrer Drohung, italienische Häfen zu sperren für Schiffe der in der Migrationskrise angelaufenen EU-Mission „Sophia“ vor der libyschen Küste, hatte die Regierung in Rom eine sofortige Überprüfung der Operation erzwungen – und die europäische Seenotrettung in eine neue schwere Krise gestürzt.

Fünf Wochen Beratungszeit für die EU – alle Schiffe liegen still

Vertreter der EU-Staaten einigten sich am Freitag in Brüssel darauf, möglichst innerhalb der kommenden fünf Wochen eine neue Strategie zum Umgang mit Migranten zu vereinbaren, die bei dem Einsatz gerettet werden. Diese waren bislang alle nach Italien gebracht worden.

„Sophia“-Einsatzführer Enrico Credendino hatte bereits zuvor angeordnet, dass sich alle an der Operation beteiligten Schiffe bis Montag aus dem Einsatzgebiet zurückziehen und in Häfen einlaufen sollen. Unklar blieb, ob der „Sophia“-Einsatz bis zum Ergebnis der Überprüfung wieder aufgenommen wird – und falls ja, wann.

Aus EU-Sicht könne der Einsatz in allen Bereichen fortgesetzt werden, hieß es am Freitag in Brüssel aus Diplomatenkreisen. Alle Mitgliedstaaten hätten bekräftigt, dass der Operationsplan bis zum Abschluss der strategischen Überprüfung weiter Bestand habe.

Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok bezeichnete die italienischen Blockadedrohungen als „Tiefpunkt der Menschlichkeit“. Es sei ausdrücklich Teil des Auftrags der EU-Mission, auch Menschenleben zu retten. „Italien schafft eine unerträgliche Situation“, sagte Brok den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Offensichtlich zählt für die italienische Regierung nur noch der Beifall beim heimischen Publikum, nicht mehr Recht und Menschlichkeit.“

Mit Blick auf die angekündigte Überprüfung der „Sophia“-Mission forderte der Europapolitiker, die EU müsse nun mit größerer Konsequenz und mehr Geld gegen die Schleuser im Mittelmeer vorgehen. „Dieser Teil der EU-Mission muss jetzt schnell verstärkt werden“, sagte Brok. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen erst gar nicht mehr auf diese Boote kommen.“

Auch um private Seenotretter war zuletzt eine Debatte entbrannt. Sie seien es, die Menschen zu der riskanten Fahrt motivierten – im Vertrauen auf Rettung, sagen Kritiker. Eine große Mehrheit der Deutschen hält es einer Umfrage zufolge aber für richtig, dass private Hilfsorganisationen Migranten im Mittelmeer retten.

75 Prozent äußerten sich in einer Emnid-Erhebung für die „Bild am Sonntag“ entsprechend – 21 Prozent halten das Einschreiten für falsch. Den Vorwurf, die Seenotretter unterstützten das Geschäft der Schlepper, hält eine Mehrheit (56 Prozent) für unberechtigt. (dpa)



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