Corona-Krise: Foodwatch-Chef fürchtet Mangelernährung und nachlassende Lebensmittelqualität
Laut Foodwatch-Chef Martin Rücker drohen wegen der Corona-Krise ernsthafte Mängel bei der Ernährung. Einerseits fehle es einkommensschwachen Menschen an ausreichender und ausgewogenen Lebensmitteln, andererseits würden Lebensmittel auch nicht mehr ausreichend durch Labore kontrolliert.

Werbung für ungesunde Kinderlebensmittel sollte nicht mehr erlaubt werden, fordert Foodwatch.
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Die Verbraucherorganisation Foodwatch warnt vor einer Mangelernährung in einkommensschwachen Haushalten wegen der Corona-Krise. „Die Coronakrise droht zu einem Programm für Ernährungsarmut zu werden“, sagte der Foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker. Schlimmstenfalls könnten sich „mehrere Millionen Menschen in Deutschland eine ausgewogene Ernährung nicht mehr leisten. Manche nicht mal mehr eine ausreichende“.
Konkret forderte der Foodwatch-Geschäftsführer schnelle und unbürokratische Hilfen, damit alle Menschen zumindest die Möglichkeiten hätten, sich ausgewogen und ausreichend zu ernähren. Zudem sollte die Bundesregierung eine Koordinierungsstelle einrichten, „die feststellt, wo wirklich Not herrscht und es am Nötigsten fehlt – und dort gezielt hilft“.
Foodwatch: Tafeln und ähnliche Hilfseinrichtungen fehlen jetzt
Die Bundesregierung habe in der Coronakrise viele Hilfsmaßnahmen gestartet, „aber ausgerechnet an die Schwächsten unserer Gesellschaft nicht gedacht“, kritisierte der Verbraucherschützer. Der milliardenschwere Rettungsschirm lasse „Einkommensschwache im Regen stehen“. Besonders betroffen seien Einkommensschwache, Obdachlose oder Familien und Rentner, die schon vor der Krise darauf angewiesen waren, kostenloses Essen bei Mittagstischen oder bei den Tafeln zu bekommen, so Rücker weiter. Viele dieser Einrichtungen seien jetzt geschlossen.
Dass Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) diesen Menschen nun nicht helfen, sei inakzeptabel. „Sie nehmen Hunger und Mangelernährung in Kauf“, so der Foodwatch-Geschäftsführer. Wenn Einkommensschwachen die Möglichkeiten fehlten, ihre Kinder ausgewogen zu ernähren, hätten diese weniger Entwicklungs- und Bildungschancen und seien mit höherer Wahrscheinlichkeit deshalb als Erwachsene selbst armutsgefährdet. „Eine solche Armutsspirale könnte durch die Coronakrise noch verschärft werden“, sagte Rücker.
Rücker sieht Lebensmittelqualität in Gefahr
Die Lebensmittelkontrollen in Deutschland sind nach Angaben von Foodwatch infolge der Coronakrise derzeit massiv eingeschränkt. Routinekontrollen in Unternehmen sowie Probenanalysen seien größtenteils ausgesetzt, da die Laborkapazitäten jetzt für Corona-Proben gebraucht werden und Kontrolleure in den Gesundheitsämtern aushelfen, sagte der Foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücke. Somit fallen zahlreiche Hygienekontrollen und Untersuchungen etwa wegen Keimbelastungen von Lebensmitteln weg.
Diese Personalengpässe müssten wieder beseitigt werden, forderte der Foodwatch-Geschäftsführer. „Langfristig ist das ein echtes Problem, weil solche Routine-Kontrollen notwendig sind, um lebensmittelbedingte Erkrankungen zu vermeiden – was übrigens gerade während der Corona-Pandemie wichtig ist“, sagte Rücker. Nicht nur die Lebensmittelbranche sei „systemrelevant – die Lebensmittelkontrollen sind es auch“. So gebe es auch während er Coronakrise Lebensmittelrückrufe, auch wenn diese gegenwärtig weniger wahrgenommen würden.
Laborengpässe und ausfallende Kontrollen sind ein altes Problem
Die Engpässe sind laut Foodwatch Folge von Einsparungen. „Hier fällt den Ländern auf die Füße, dass sie jahrelang bar jeder Vernunft am Personal in den Ämtern und Laboren gespart haben“, sagte Rücker. Die Landesregierungen müssten dringend ein Konzept vorlegen, wie sie die Kontrollen so schnell wie möglich wieder hochfahren wollen, um die Bevölkerung vor zusätzlichen Gesundheitsgefahren zu schützen. (dts)
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