Forscher halten Dieselfahrverbote für „gesundheitlich wenig sinnvoll“ – empfehlen Verkehrswende stattdessen

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Pro-Diesel-Demo in München am 02.02.2019.Foto: Reuters
Epoch Times10. April 2019

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hält Dieselfahrverbote für „gesundheitlich wenig sinnvoll“. Kurzfristige und kleinräumige Beschränkungen seien ineffektiv, weil sie zu einer Verkehrsverlagerung in andere Stadtgebiete führten, teilte die Leopoldina am Dienstag mit. Die Wissenschaftler forderten aber, die Verschmutzung der Luft weiter zu reduzieren. Dabei solle sich die Politik allerdings weniger auf Stickoxide, sondern mehr Feinstaub konzentrieren.

Ende Januar hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Wissenschaftler der Leopoldina gebeten, sich mit den gesundheitlichen Gefahren durch Stickoxide zu beschäftigen. Eine Gruppe von Lungenärzten sowie Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatten damals die Grenzwerte für Stickoxid in Frage gestellt, die Grundlage der gerichtlich angeordneten Dieselfahrverbote in zahlreichen deutschen Innenstädten sind.

Stickoxidgrenzwert nicht zu streng und nicht zu locker

Die Arbeitsgruppe mit Forschern aus verschiedenen Fachgebieten wie Medizin, Chemie und Verkehrsforschung kommt nun aber nicht zum Ergebnis, dass der Stickoxidgrenzwert zu streng sei. Sie betonen, dass Stickoxid bei Asthmatikern auch bei kurzem Aufenthalt in besonders schadstoffbelasteter Umgebung einen Anfall auslösen könne. Bei langfristiger Belastung könne der Schadstoff Atemwegserkrankungen wie Asthma hervorrufen.

Zu locker sei der gültige Grenzwert allerdings auch nicht:

Angesichts der im Vergleich zu Feinstaub geringeren gesundheitlichen Belastung durch Stickstoffdioxid erscheint eine Verschärfung des entsprechenden Grenzwerts aus wissenschaftlicher Sicht nicht vordringlich.“

Feinstaub gesundheitsschädlicher als Stickoxid

Feinstaub sei deutlich gesundheitsschädlicher als Stickoxid. „Er kann Sterblichkeit erhöhen und Erkrankungen der Atemwege, des Herzkreislaufsystems und weitere Erkrankungen wie etwa Lungenkrebs verursachen“, warnen die Forscher. Ganz feine Partikel könnten über die Lunge in den Blutkreislauf gelangen und auf diesem Weg weitere Gesundheitsstörungen auslösen.

In der EU gelten laut den Forschern für Stickstoffdioxid vergleichsweise strenge, für Feinstaub hingegen weniger strenge Grenzwerte. Bei Grenzwerten sei aber immer im Hinterkopf zu behalten, dass es keine exakte Grenze zwischen gefährlich und ungefährlich gebe. Auch unterhalb eines Grenzwerts könne es Gesundheitseffekte geben.

Problem mittelfristig lösbar

Das aktuelle Problem der Grenzwertüberschreitungen für Stickoxid in den Innenstädten halten die Forscher mittelfristig für lösbar. Da laufend modernere Autos zur Fahrzeugflotte hinzukommen, werde die Belastung voraussichtlich binnen fünf Jahren so stark zurückgehen, dass die geltenden Grenzwerte weitgehend eingehalten werden könnten.

Um das zu beschleunigen, sollten aber die Dieselautos mit Betrugssoftware schnellstmöglich mit Updates versorgt werden. Auch die Nachrüstung von Katalysatoren könne sinnvoll sein, um die Stickoxidbelastung in den Städten zu senken – kurzfristig allerdings vor allem bei Bussen und anderen kommunalen Fahrzeugen.

Forscher empfehlen höhere Treibstoffsteuern und Maut

Insgesamt müssten die Menschen der Gesundheit und der Umwelt zuliebe aber weniger Auto fahren. Dafür empfehlen die Forscher höhere Treibstoffsteuern sowie eine Maut auf vielbefahrenen Straßen zu Stoßzeiten. Mittelfristig sollten zudem mehr Autos mit Elektroantrieb oder anderen alternativen Antrieben auf die Straße kommen.

Feinstaub ist nicht nur ein Problem des Verkehrs. Deshalb fordern die Wissenschaftler eine „bundesweite, ressortübergreifende Strategie zur Luftreinhaltung“. Diese soll neben Stickoxid und Feinstaub auch weitere Schadstoffe und Treibhausgase umfassen und alle Verursacher berücksichtigen – „darunter auch Landwirtschaft und Holzfeuerung“.

Die Leopoldina mit Sitz in Halle in Sachsen-Anhalt erarbeitet im Rahmen einer „wissenschaftsbasierten Politikberatung“ Stellungnahmen, die auch Handlungsoptionen für die Politik enthalten. (afp/dpa)

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