Für neuen Umgang mit der AfD
Frühere CDU-Ministerpräsidentin: Der AfD keine parlamentarischen Rechte verwehren
Fünf Jahre war Christine Lieberknecht Regierungschefin in Thüringen, 30 Jahre saß sie im Landtag. Die AfD dürfe keine Macht bekommen, sagt sie. „Aber man muss mit ihr über Abläufe reden.“

Christine Lieberknecht ist dagegen, der AfD ihre parlamentarischen Rechte zu verwehren.
Foto: Martin Schutt/dpa
Die frühere Thüringer Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) fordert einen anderen Umgang ihrer Partei mit der AfD. „Ich bin weiterhin klar dafür, dass die CDU nicht mit der AfD aktiv zusammenarbeitet. Die AfD darf keine Macht bekommen. Aber man muss mit ihr über Abläufe reden“, sagt sie dem „Stern“.
„Es ist weder demokratisch noch produktiv, der AfD ihre parlamentarischen Rechte zu verwehren.“
In Thüringen ist die AfD bei der Landtagswahl am 1. September stärkste Kraft geworden. Die konstituierende Sitzung des Landtages versank Ende September wegen des Auftretens von AfD-Alterspräsident Jürgen Treutler zeitweise im Chaos.
CDU sollte zustehende Rechte beachten
So betonte Lieberknecht, dass der AfD ein Platz im Thüringer Parlamentspräsidium zustehe. Wenn die Fraktion einen nicht vorbestraften oder offen extremistischen Politiker aufstelle, solle die CDU ihn wählen, forderte sie. Auch bei der Wahl von Verfassungsrichtern im Land müsse die AfD eingebunden werden, das erfordere ihre Sperrminorität.
Da die AfD in Thüringen stärkste Kraft wurde und mehr als ein Drittel der Landtagsmandate gewonnen hat, hat die Partei eine Sperrminorität. Bei Entscheidungen und Wahlen, die eine Zweidrittelmehrheit erfordern, ist ihre Zustimmung erforderlich.
Relevant wird das bei Entscheidungen, für die eine Zweidrittemehrheit nötig ist, also zum Beispiel, wenn der Landtag aufgelöst werden soll – oder eben bei der Wahl von Richtern für den Thüringer Verfassungsgerichtshof.
Eine Partei lässt sich vielleicht verbieten, die Gedanken der Menschen nicht
Vor einem AfD-Verbotsverfahren warnte Lieberknecht. Sie glaube nicht, dass es Erfolg hätte, sagte sie. „Es würde nur ihren Opfermythos stärken.“
Derzeit arbeiten Bundestagsabgeordnete verschiedener Fraktionen an einem Verbotsantrag, der im Dezember oder Januar im Bundestag zur Abstimmung gestellt werden könnte. Für das eigentliche Verbotsverfahren wäre anschließend das Bundesverfassungsgericht zuständig.
Lieberknecht äußerte weitere, grundsätzlichere Zweifel. „Parteien lassen sich vielleicht verbieten. Aber die Gedanken der Leute lassen sich nicht verbieten“, sagte sie dem „Stern“.
„Selbst wenn es die AfD nicht mehr gäbe, wären ihre Wähler immer noch da.“ Der richtige Weg sei, sich mit der AfD „im harten Streit“ auseinanderzusetzen und sie inhaltlich zu konfrontieren.
Derzeit sprechen CDU und SPD mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) über eine Regierungsbildung. Lieberknecht führte von 2009 bis 2014 als Regierungschefin in Thüringen eine schwarz-rote Koalition an. (dpa/afp/red)
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