Fünf Jahre „Wir schaffen das“: Wagenknecht und „Focus“ üben Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik

Vor genau fünf Jahren äußerte Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren bekannten Satz „Wir schaffen das“, der zum Motto ihrer Flüchtlingspolitik wurde. Sahra Wagenknecht und Ulrich Reitz meinen, Merkel habe damit lediglich Spaltung und Radikalisierung im Land bewirkt.
Von 31. August 2020

Am 31. August 2015 fiel der bekannte Satz der Bundeskanzlerin Angela Merkel, „Wir schaffen das“, im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Fünf Jahre später haben unter anderem die frühere Chefin der Linksfraktion im Bundestag, Sahra Wagenknecht, und „Focus“-Redakteur Ulrich Reitz Kritik an der Aussage und an deren politischen Konsequenzen geübt.

Satz stammt eigentlich von Sigmar Gabriel

Eigentlich hatte Vizekanzler Sigmar Gabriel den bis heute heftig diskutierten Satz bereits neun Tage zuvor auf seiner Internetseite im gleichen Zusammenhang genutzt und damit für „europäische Solidarität“ in der Krise geworben. Am 2. September ging das Bild des vor Lesbos ertrunkenen dreijährigen Aylan Kurdi durch die Medien – zwei Tage später vereinbarte Merkel mit den Regierungen von Österreich und Ungarn die temporäre Nichtanwendung der Regeln der Dublin-III-Verordnung auf Flüchtlinge, die versuchten, entlang der Balkanroute in die EU einzureisen und von denen einige an den Außengrenzen oder auf ungarischen Bahnhöfen festsaßen.

Diese Vereinbarung kam einer Grenzöffnung gleich, zumindest verbreitete sich schnell die Nachricht, Deutschland erlaube allen Schutzsuchenden, die sich auf der Route befänden, die Einreise. Innerhalb von drei Wochen reisten 100.000 Flüchtlinge allein über die Grenze zwischen Österreich und Passau in die Bundesrepublik Deutschland ein.

Exakt lautete der Ausspruch Merkels wie folgt:

„Ich sage ganz einfach: Deutschland ist ein starkes Land. Das Motiv, mit dem wir an diese Dinge herangehen, muss sein: Wir haben so vieles geschafft – wir schaffen das! Wir schaffen das, und dort, wo uns etwas im Wege steht, muss es überwunden werden, muss daran gearbeitet werden. Der Bund wird alles in seiner Macht Stehende tun – zusammen mit den Ländern, zusammen mit den Kommunen -, um genau das durchzusetzen.“

Merkel wollte Bilder wie jenes von Aylan Kurdi in Medien verhindern

Von Flüchtlingsinitiativen über karitative Organisationen und Kirchen bis hin zu Arbeitgeberverbänden und den meisten Medien erhielt Merkel Lob und man attestierte ihr einen mutigen Schritt, der Deutschlands Ansehen in der Welt steigern würde. Zudem würde die Zuwanderung die Chance bieten, der angespannten demografischen Lage und dem Personalmangel auf dem Arbeitsmarkt entgegenzuwirken. Einige begrüßten die Politik der Offenheit auch aus ideologischen Erwägungen.

Es gab zu Beginn nur wenige Kritiker der Flüchtlingspolitik, viele sahen darin auch einen Weg, Bilder wie jene des ertrunkenen Jungen an der griechischen Küste künftig zu vermeiden. Einzelne Warnungen bezüglich möglicher kultureller Unvereinbarkeiten oder einer möglichen Sogwirkung blieben unbeachtet oder man versuchte, die Bürger durch eine Wiederaufnahme von Grenzkontrollen auch im Schengen-Raum zu beruhigen.

„Welt“-Redakteur Robin Alexander behauptete später in seinem Buch „Die Getriebenen“, das angeblich planvolle Handeln wäre ein Kontrollverlust gewesen und Merkel habe vor allem aus Angst vor schlechter Presse ihre „Willkommenspolitik“ verkündet.

Mehrere schwere Straftaten von Asylsuchenden, die in dieser Zeit nach Deutschland gekommen waren, der überwiegende Zustrom junger Männer und Ereignisse wie die Silvesternacht 2015/16 in Köln führten zu einem spürbaren Stimmungsumschwung. In weiterer Folge geriet die Asylpolitik zu einem Thema, das eine extreme Polarisierung innerhalb der deutschen Bevölkerung bewirkte.

Wagenknecht: „Wir schaffen das“ war „leichtfertig“

Dies beklagt unter anderem auch die frühere Chefin der Linksfraktion im Bundestag, Sahra Wagenknecht. Sie schreibt in einem Kurzkommentar auf n-tv, Merkel „hat es nicht geschafft“, was sie erreichen wollte. Sie habe stattdessen Entwicklungen angestoßen, die das Land zum Negativen verändert hätten:

Sie hat mit ihrer Entscheidung unser Land verändert, das heute tiefer gespalten ist als je zuvor, ökonomisch, sozial, kulturell. Sie hat es geschafft, dass eine Partei wie die AfD Oppositionsführer werden konnte. Dass der Umgang miteinander ruppiger und intoleranter geworden ist.“

Es gäbe mittlerweile mehr Schulen mit Kindern, die mehrheitlich unzureichende Deutschkenntnisse aufwiesen, die Unterrichtsbedingungen für Lehrer hätten sich erheblich verschlechtert, Infrastruktur in Wohnbezirken verfalle. Menschen seien einander fremd und fühlten sich unsicher.

Es sei zudem schwer gewesen, die Zuwanderer in den Arbeitsmarkt zu integrieren, und dort, wo es notdürftig gelungen sei, habe die Corona-Krise positive Ansätze längst wieder zunichte gemacht. Bereits 2016 hatte Wagenknecht den Merkel-Ausspruch als „leichtfertig“ bezeichnet und auf absehbare Probleme bei der Aufnahme und Eingliederung der Migranten hingewiesen.

Merkel hat „dem Land ihre Mitte genommen“

Heute fühlt sie sich bestätigt – auch weil die Politik nicht proaktiv in den Ausbau der Infrastruktur wie Bildung, Sicherheit, Wohnungsbau oder Gesundheit investiert habe, so die 2019 zurückgetretene Linke-Fraktionschefin und Gründerin der mittlerweile wieder aus dem Blickpunkt der Öffentlichkeit verschwundenen Bewegung „Aufstehen!“.

Auch „Focus“-Redakteur Ulrich Reitz übt scharfe Kritik an Angela Merkels Ausspruch und der daran anknüpfenden Asylpolitik. Er sieht auch die jüngsten Corona-Proteste als späte Konsequenz der Merkel-Politik von 2015, mit der diese „dem Land die Mitte genommen“ habe. Mit ihrem Satz habe Merkel dem Land „ein Experiment auferlegt“, so Reitz. Ausgerechnet die Kanzlerin, als deren größtes Talent das Moderieren von Konflikten gegolten habe, habe „damit ihre Konsens stiftende Rolle verlassen“.

Noch folgenschwerer sei gewesen, dass sie im weiteren Verlauf der Debatte noch einen weiteren Satz fallen ließ, nämlich: „Die Zahl derjenigen, die heute für die Flüchtlinge da sind (…) überragt die der Hetzer und Fremdenfeinde um ein Vielfaches.“ Auf diese Weise habe sie Kritiker ihrer Entscheidung stigmatisiert und die Bürger mehr oder minder ultimativ dazu aufgefordert, sich auf die Seite der „Guten“ zu stellen.

„Moral“-Ansatz hat Bürgertum mit militanter Anti-Haltung infiziert

Der Effekt sei gewesen, dass bis weit in bürgerliche Kreise hinein Feindseligkeit gegenüber der staatlichen Autorität Platz gegriffen habe. Teilweise sogar militanter Widerstand gegen die Regierung habe den Rand verlassen und sei in der Mitte angekommen. Dass sich viele Erwartungen und Versprechungen nicht erfüllt hätten und dazu auch noch Ereignisse wie die Kölner Silvesternacht oder islamistische Anschläge getreten wären, hätte diese Entwicklungen noch verschärft.

Der Zuspruch, den Merkel bei Linken und Medien durch ihre Politik erlangt habe, habe sie selbst zu einer Einpeitscherin der intoleranten linken Cancel-Kultur gemacht:

„Merkel führte das Freund-Feind-Denken selbst großflächig in die Politik ein, dessen Folgen heute, in der Corona-Krise, Regierungspolitiker aus ihrer Fraktion und der Bundespräsident beklagen. An den Folgen leiden heute Kabarettisten wie Dieter Nuhr, denen wahlweise Rechts- oder Linksextremismus unterstellt wird.“

Gesellschaftspolitische Folgen über Merkel hinaus

Merkel habe mit ihrer Politik zwar schwarz-grüne Koalitionen zur Option gemacht, im Gegenzug aber an den Rändern die Militanz angestachelt und die Mitte ausgeschaltet. Auf der einen Seite werde „Haltung“ ohne Rücksicht auf Kosten und Konsequenzen eingefordert, auf der anderen Seite hätten radikale Gegenpositionen die Führerschaft in den sozialen Medien erlangt.

Die gesellschaftspolitischen Folgen des Satzes seien gewaltig, meint Reitz. Sie würden Merkels Kanzlerschaft lange Zeit überdauern. Für seine Erfinderin sei er jedoch folgenlos geblieben.



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