Für Horst Seehofer wird es eng

Sollte sich im Falle eines Wahldebakels der CSU in München die Lesart durchsetzen, die Hauptverantwortung dafür liege an dem verheerenden Bild, das die "GroKo" abgibt, dürfte es für Horst Seehofer eng werden.
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Horst Seehofer.Foto: Michael Kappeler/dpa
Epoch Times11. Oktober 2018

Für Horst Seehofer dürfte Sonntag ein entscheidender Tag in seiner politischen Karriere werden. Denn bewahrheiten sich die Umfragen, verliert seine CSU ihre absolute Mehrheit in Bayern. Schon jetzt schieben sich der Parteichef und sein ihm in herzlicher Abneigung verbundener Nachfolger im Ministerpräsidentenamt, Markus Söder, gegenseitig die Verantwortung dafür zu.

Söder gibt der großen Koalition wegen deren schlechten Erscheinungsbildes zumindest eine Mitschuld an den desaströsen Umfragewerten der CSU. Und wenn er „Berlin“ sagt, meint er auch Seehofer, der als Innenminister im Bundeskabinett sitzt. Der wies den Vorwurf zurück: Er habe sich im letzten halben Jahr „weder in die bayerische Politik noch in die Wahlkampfführung eingemischt“ – das sei das „persönliche Vorrecht“ Söders.

Seehofer ist ein mit allen Wassern gewaschener Vollblutpolitiker und gewiefter Stratege mit jahrzehntelanger Erfahrung auch auf dem bundespolitischen Parkett. Zunächst schlug der 1949 in Ingolstadt geborene Sohn eines Lkw-Fahrers eine Verwaltungslaufbahn ein, 1971 trat der selbsternannte „Erfahrungsjurist“ dann in die CSU ein, neun Jahre später wurde er erstmals in den Bundestag gewählt.

Von 1992 bis 1998 diente Seehofer als Gesundheitsminister unter Helmut Kohl (CDU), in der ersten großen Koalition unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war er Agrarminister. 2008 wurde Seehofer bayerischer Ministerpräsident. Die Münchner Staatskanzlei verließ er im März dieses Jahres auch auf Betreiben Söders, um nach Berlin zu gehen.

Dafür ließ sich Seehofer das größte Ministerium auf den Leib schneidern, das es je gab: neben dem Inneren ist er für Bau und die noch im Aufbau befindliche Abteilung Heimat zuständig, Herr über acht – männliche – Staatssekretäre und rund 1500 Mitarbeiter. Kritiker werfen ihm vor, er sei mit dem Mammuthaus überfordert. Tatsache ist, dass Seehofer alles andere als einen glücklichen Start hatte. So sorgte er gleich zu Beginn mit seiner Feststellung, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, für breite Empörung.

Im Juni kochte der Skandal um offenbar zahlreiche fehlerhafte Asylbescheide der Bremer Außenstelle des Bamf hoch, Seehofer entließ schließlich Behördenchefin Jutta Cordt und versprach Reformen. Von viel Kritik begleitet war sein wochenlang unveröffentlichter „Masterplan“ zur Migration. Die darin geplanten Ankerzentren hat bislang außer Bayern kaum ein Bundesland umgesetzt.

Im Frühsommer eskalierte dann der Streit zwischen Merkel und Seehofer über die Flüchtlingspolitik derart, dass sogar ein Bruch der jahrzehntealten Union aus CDU und CSU im Raum stand. Auf dem dramatischen Höhepunkt bot Seehofer seinen Rücktritt an, um dies wenig später wieder zurückzunehmen, als ein Kompromiss mit der CDU gefunden war – womöglich war der berühmte „Rücktritt vom Rücktritt“ ein entscheidender strategischer Fehler, den ihm seine Parteifreunde bis heute nicht verzeihen.

Wochenlang hielt zuletzt der Streit um Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen und dessen Äußerungen zu Chemnitz das politische Berlin in Atem. Nachdem zunächst Maaßens Entlassung, aber gleichzeitige Beförderung zum Innen-Staatssekretär vereinbart worden war, ruderten Union und SPD angesichts der öffentlichen Empörung zurück. Nicht erst seit dieser Krise sieht so mancher in Seehofer, der sich als oberster Dienstherr Maaßens dezidiert hinter diesen stellte, eine schwere Belastung für die Zusammenarbeit in der Koalition.

Sollte sich im Falle eines Wahldebakels der CSU in München die Lesart durchsetzen, die Hauptverantwortung dafür liege an dem verheerenden Bild, das die „GroKo“ abgibt, dürfte es für Seehofer eng werden. Müsste er den Parteivorsitz abgeben, wären wohl auch seine Tage als Minister gezählt. Doch der 69-Jährige denkt gar nicht daran und gibt sich kampfeslustig. Im Interview kündigte er an: „Ich habe ein großes Werk zu verrichten.“ (afp)



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