Sigmar Gabriel geht bei der Nato auf Konfrontationskurs zu den USA

Nato-Generalsekretär Stoltenberg lehnte eine Entsendung von Nato-Kampftruppen in den Einsatz gegen die Dschihadistenmiliz IS ab. "Eine wichtige Lehre" aus der Vergangenheit sei es, dass es besser sei, örtliche Streitkräfte auszubilden und Sicherheitsstrukturen aufzubauen anstatt "große Zahlen" von Nato-Kampftruppen zu stationieren, sagte er.
Titelbild
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel in Bonn. 16. Februar 2017.Foto: Thomas Lohnes -Pool/Getty Images
Epoch Times31. März 2017

Sigmar Gabriel (SPD) ist beim Treffen mit seinen Nato-Kollegen auf Konfrontationskurs zu der US-Forderung nach massiv erhöhten Verteidigungsausgaben gegangen. Es sei „völlig unrealistisch zu glauben, dass Deutschland einen Militärhaushalt von über 70 Milliarden Euro pro Jahr erreicht“, sagte Gabriel am Freitag in Brüssel. US-Außenminister Rex Tillerson verlangte dagegen von den Verbündeten konkrete Pläne zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben bis Jahresende.

Die Nato hatte bei ihrem Gipfel 2014 in Wales vereinbart, die Verteidigungsausgaben binnen eines Jahrzehnts „Richtung zwei Prozent“ der Wirtschaftsleistung zu steigern. Die US-Regierung von Präsident Donald Trump verlangt, dass die Bündnismitglieder bis 2024 zwei Prozent erreichen müssen, wie Tillerson nun bei seiner ersten Teilnahme an einem Nato-Treffen bestätigte.

Gabriel sah zwar die Notwendigkeit einer stärkeren Lastenteilung im Bündnis, wies aber zurück, dass es ein feststehendes Zwei-Prozent-Ziel gebe. „Es gibt einen Auftrag aus Wales, sich in diese Richtung zu entwickeln“, sagte er. Gabriel forderte, den Sicherheitsbegriff nicht nur auf Militärausgaben zu reduzieren, sondern auch Ausgaben für humanitäre Hilfe und Stabilisierung einzubeziehen.

Von der Leyen warnt vor „deutschem Sonderweg“

Die Frage der Verteidigungsausgaben ist in der Berliner Regierungskoalition wenige Monate vor der Bundestagswahl umstritten. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) warnte nach Gabriels Äußerungen vor einem „deutschen Sonderweg“ bei den Nato-Verteidigungsausgaben. „Die anderen strengen sich an, wir halten uns zurück. So funktioniert die Allianz nicht.“

Es gehe nicht darum, „den Vereinigten Staaten eine Freude zu machen“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Er sah keinen Widerspruch zwischen höheren Militärausgaben und der Förderung von Entwicklung. So erreiche Großbritannien nicht nur bereits das Zwei-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsausgaben, sondern auch den UN-Richtwert, 0,7 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Entwicklung auszugeben.

Tillerson verlangte konkrete nationale Ausgabenpläne, um die Vorgaben bei den Militärausgaben zu erreichen. Der Nato-Gipfel am 25. Mai müsse sich darauf verständigen, solche Pläne bis Jahresende zu erstellen. Sie sollten „jährliche Meilensteine mit Fortschrittsverpflichtungen“ enthalten.

Kein Einsatz von Nato-Kampfgruppen gegen den IS

Weiteres Thema des Treffens war die US-Forderung nach einem stärkeren Engagement der Nato im Kampf gegen den Terrorismus. Stoltenberg lehnte eine Entsendung von Nato-Kampftruppen in den Einsatz gegen die Dschihadistenmiliz IS ab.

„Eine wichtige Lehre“ aus der Vergangenheit sei es, dass es besser sei, örtliche Streitkräfte auszubilden und Sicherheitsstrukturen aufzubauen anstatt „große Zahlen“ von Nato-Kampftruppen zu stationieren, sagte er.

Nato bildet auch Sanitäter aus

Tillerson sah im Anti-Terror-Kampf aber eine größere Rolle bei der Stabilisierung des Irak. Stoltenberg kündigte zum Abschluss des Treffens an, die Nato werde nun auch Sanitäter im Irak ausbilden und Personal zur Instandhaltung von gepanzerten Fahrzeugen und Panzern. Bisher bildet die Nato Soldaten zur Entschärfung von Sprengsätzen aus.

Der US-Außenminister sah im Anti-Terror-Kampf auch Raum für mehr Engagement der Nato im Cyberspace. Die Dschihadistenmiliz IS nutze das Internet zunehmend „als mächtiges Instrument für die Rekrutierung und Propaganda“, sagte er. „Wir müssen überlegen, wie wir ihre Online-Operationen stören und diesen aggressiv begegnen können.“

Die Nato betont aber, dass sie selbst keine Cyberangriffe führt, auch wenn mehrere ihrer Mitglieder diese Möglichkeit haben. „Es gibt keine Forderungen, das defensive Nato-Mandat im Cyberspace zu verändern“, sagte eine Bündnisvertreterin der Nachrichtenagentur AFP. (afp)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion