Offener Brief von Arnold Vaatz an FAZ-Journalist Pergande: „Wie man es Ihnen im Roten Kloster beigebracht hat“

Ein offener Brief des ehemaligen DDR-Bürgerrechtlers und stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Arnold Vaatz, findet deutliche Worte über einen FAZ-Beitrag von Frank Pergande, in dem ehemalige DDR-Dissidenten ins "Abseits" gestellt werden.
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Ein FAZ-Artikel von Frank Pergande stieß auf großes Unbehagen bei ehemaligen DDR-Dissidenten.Foto: CRIS BOURONCLE/AFP/Getty Images
Epoch Times2. Juli 2018

Sehr geehrter Herr Pergande,

soeben wurde ich auf Ihren Artikel „Besondere Tragik“ in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 24. Juni 2018 hingewiesen. Darin beschäftigt sie die angebliche oder wirkliche Hinwendung früherer DDR-Dissidenten zu AfD oder Pegida. Sie führen das mit den Worten „fürs Leben gezeichnet“ auf Schäden zurück, die diesem Personenkreis zu DDR-Zeiten zugefügt wurden.

Die Menschen, die Sie de facto als psychisch geschädigt, also etwas plemm-plemm und reif fürs Irrenhaus in die Ecke stellen, von denen Sie schreiben, sie stünden im „Abseits“, denken aber in der Regel klarer als Sie. Sie standen zu DDR-Zeiten meist richtig und die DDR-Führung im Abseits. Und sie stehen heute meist richtig und der bundesdeutsche Mainstream – in seiner Mitte die „Qualitätsmedien“ – im Abseits.

Die Schiedsrichter*innen, die hier „Abseits“ pfeifen, stehen nämlich selber im Abseits: Es sind die den Westen der Republik dominierenden 68er und ihre substanzlosen Epigonen von heute. Diese Generationen von Hitlers Kindern, gepampert vom Wirtschaftswunder, hatte reichlich 20 Jahre nach dem Ende des „1000-jährigen Reiches“ nichts Eiligeres zu tun, als den größten Menschenschlächter der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Mao Zedong, als ihr Idol auszuwählen und hinter ihm herzulaufen, genau wie ihre Eltern einst dem braunen Diktator.

Einige von ihnen fanden sich zur RAF zusammen. Sie versuchten durch feige Mordanschläge die erste Demokratie auf deutschem Boden, die halbwegs funktionierte, zu zerstören. Noch heute ist es Gang und gebe, diese Verbrecher zu romantisieren und für deren Tun irgendwelche Erklärungen und Rechtfertigungen an den Haaren hierbeizuziehen. Andere pilgerten nach Moskau und Ost-Berlin, krochen den dort regierenden Spitzenkommunisten in den Allerwertesten – und waren wie vom Donner gerührt, als diese Alliierten von der Bildfläche verschwanden.

Alle zusammen haben sie diesem Land bleibende Schäden zugefügt, beginnend beim zersetzenden Hass auf die Familie als Form des Zusammenlebens und endend bei einer heillosen Zerrüttung der deutschen Sprache. Für eine Position der geistigen oder politischen Auseinandersetzung, die sich intellektuell redlich und humanistischen Werten verpflichtet wissen will, ist es geradezu eine Bedingung und eine Ehre, von diesen Leuten als „Abseits“ gebranntmarkt zu sein.

Die deutsche Gesellschaft hat einen Steinewerfer aus der 68er-Meute zum Außenminister der Bundesrepublik Deutschland gemacht. Nichts illustriert besser, in welchem Maße die gewalttätige Halbgeneration der 68er („Halb“ deshalb, weil es auch vernünftige Menschen in dieser Zeit gab, vor denen ich höchste Achtung empfinde) heute das politische Klima in der Bundesrepublik Deutschland diktiert. Dieses Klima hat die 68er und ihre Epigonen erdreistet, zu entscheiden, wer in diesem Land im Abseits steht und wer nicht.

Sich von dieser westdeutschen Linken definitiv getrennt zu haben, empfinden die betreffenden DDR-Dissidenten, die diesen Linken zeitweise naiv auf den Leim gegangen waren, als zweite große Selbstbefreiung in ihrem Leben. Statt einer Nervenkrankheit ist diese Trennung ein Triumph des klaren, gesunden Menschenverstandes. Wer auch unter Zwang nicht bereit war, zu bestätigen, dass 2×2=22 sei, bestätigen auch in der neuen Gesellschaft nicht das 2×2=11 sei, selbst wenn letzteres dem „Durchstarten“ – wie Sie es nennen – förderlich wäre.

Wenn die deutsche Medienszene jede Abkehr von den intellektuell aus dem letzten Loch pfeifenden 68ern, als „rechtsradikal“, „Nazi“ oder wie in Ihrem Falle als Nervenkrankheit denunziert, dann setzt sie lediglich den Straßenterror der 68er in neuer Gestalt, diesmal als Gesinnungsterror, fort. Wer sich vom Gehirnschrott der 68er löst, ist deshalb ebenso wenig rechtsradikal, wie die 68er Lichtgestalten von Humanität und Aufklärung sind.

Dass einige meiner Freunde zur AfD (Vera Lengsfeld ist übrigens CDU-Mitglied und wird in dieser Partei dringend gebraucht) neigen, muss ich als Demokrat akzeptieren, bedaure es aber. Zwar ist diese Partei nicht ähnlich gewaltbereit und kriminell wie die Antifa, aber das aggressive, krakeelerische und sektiererische Potenzial in der AfD (indem sie den Grünen ähnelt) wird meine Freunde dort nicht glücklich werden lassen.

Das Schlimmste aber ist, dass sich die AfD – wie die Partei DIE LINKE – als verlängerter Arm der russischen Expansionspolitik betätigt. Wenn dies meine alten Freunde aus DDR-Zeiten nicht erkennen, dann machen sie einen Fehler, der sie in der Auseinandersetzung mit dem westdeutschen Mainstream schwächen wird und den sie bereuen werden.

Leider, sehr geehrter Herr Pergande, haben Sie sich in dem Artikel „Besondere Tragik“ mit oberflächlichen und unzutreffenden Diagnosen lächerlich gemacht. Das ist schade, weil ich Ihre bisherigen Beiträge immer ganz gut fand. Ärgerlich finde ich nebenbei auch, dass Sie Biermann nur halb zitieren. Immerhin hat er Siegmar Faust in Kenntnis von dessen politischer Haltung als tapferen und aufrechten Menschen bezeichnet.

Und ich kann es Ihnen nicht ersparen, Ihren Satz „Die Gedenkstätte in Hohenschönhausen kann es sich nicht leisten, auf solche Befindlichkeiten Rücksicht zu nehmen“ zu zitieren, mit dem Sie den Rauswurf von Faust und Kürschner wegen deren Nähe zu AfD verteidigen; anstatt darauf hinzuweisen, in welchem Maße sich das gesinnungspolizeiliche Denken schon unseres Landes bemächtigt hat. Und Sie halten das Verfahren für ganz normal. Keine Kritik, keine Empörung, kein Protest. Damit bekennen Sie sich zu einer Praxis von Berufsverboten wegen falscher politischer Meinung. Genau wie man es Ihnen im Roten Kloster zu Leipzig beigebracht hat.

Da die ganze Angelegenheit öffentlich ist, wähle ich die Form eines offenen Briefes, den ich am Freitag dem 29. Juni 2018 der Plattform www.achgut.com zur Verfügung stellen werde.

Mit freundlichem Gruß

Arnold Vaaz

Über den Autor: Arnold Vaatz, Jahrgang 1955, ist ehemaliger DDR-Bürgerrechtler und seit 2002 Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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