Gesetzentwurf für Organspende-Reform präsentiert – Kritik von den Linken

Jens Spahn und Karl Lauterbach stellen am Montagmorgen zusammen mit anderen Abgeordneten verschiedener Parteien einen fraktionsübergreifenden Vorstoß für eine Widerspruchslösung vor. Der Entwurf sieht eine doppelte Widerspruchsmöglichkeit vor.
Epoch Times1. April 2019

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat gemeinsam mit mehreren Bundestagsabgeordneten einen fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf für eine „doppelte Widerspruchslösung“ bei der Organspende vorgestellt. Unter der Voraussetzung einer „breiten und individuellen Information“, sei es vertretbar, dass „als Organspender gilt, wer nicht ausdrücklich widerspricht, oder wer nicht ausdrücklich gegenüber seinen Angehörigen und seinen engsten Verwandten entsprechend das zum Ausdruck gebracht hat“, sagte Spahn am Montagvormittag in Berlin. „Das ist keine Organabgabepflicht“, da man begründungsfrei widersprechen könne.

„Es ist aber eine Pflicht, sich damit zu beschäftigen“, so Spahn weiter. Zur Begründung der Notwendigkeit einer Widerspruchslösung hob der Gesundheitsminister die zuletzt weiter gesunkene Zahl der Organspenden hervor. Als weitere Unterstützer der Initiative waren SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach, Georg Nüßlein (CSU) sowie die Linken-Politikerin Petra Sitte bei der Vorstellung des Gesetzentwurfs dabei. Laut dem Vorschlag sollen alle Bürger als Organspender gelten, wenn sie dem nicht widersprochen haben.

Bei Widerspruch muss man sich in einem Register eintragen. Auch Angehörige sollen für Verstorbene widersprechen können. Der Vorstoß vom Montag wird allerdings nicht der einzige fraktionsübergreifende Entwurf bleiben. Ein Gruppe von Abgeordneten sieht eine verpflichtende Entscheidung vor, wobei den Bürgerämtern eine entscheidende Rolle zukommen soll. Eine aktive Zustimmung wäre bei dem Vorschlag, den unter anderem Grünen-Chefin Annalena Baerbock unterstützt, weiter nötig. Die letztendliche Entscheidung im Bundestag soll frei ohne Fraktionsdisziplin stattfinden.

Kritik der Linken-Abgeordneten Kathrin Vogler

Die Linken-Abgeordnete Kathrin Vogler hat den Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach als unzureichend kritisiert. „Nach deren Plänen müssten sich die Bürger ohne weitere Hilfestellung selbst informieren und zudem auch noch aktiv widersprechen, sofern sie nicht der grundsätzlichen Annahme anheim fallen wollen, sie seien nach ihrem Tod Organspender“, sagte Vogler der Nachrichtenagentur AFP am Montag in Berlin.

Die Rechtswissenschaft sei sich „überwiegend einig darin, dass die Widerspruchsregelung grundgesetzwidrig ist“. Weder in der Gesetzgebung noch in der Rechtsprechung gebe es bisher das Konstrukt „Wer nicht widerspricht, stimmt zu“ oder einen Zwang zu einer Entscheidung.

Alternativentwurf zu Spahns Konzept

Vogler verwies auf den von ihr mit initiierten Alternativentwurf zu Spahns Konzept, mit dem das bislang optionale bundesweite Register zur Organspende Pflicht werden und online ein niedrigschwelliger Zugang zu diesem eingerichtet werden soll. Spahn und Lauterbach „haben unsere Idee zwar in gewisser Weise übernommen, diese dabei aber nur teilweise und zudem falsch abgeschrieben“. Den Alternativentwurf hatten auch der CSU-Abgeordnete Stephan Pilsinger und Grünen-Chefin Annalena Baerbock initiiert.

Ethikrat-Vorsitzender gegen Widerspruchslösung

Der Ethikrat-Vorsitzende Peter Dabrock spricht sich gegen den Vorschlag einiger Bundestagsabgeordneter aus, eine höhere Organspende-Bereitschaft durch eine Widerspruchslösung zu erreichen. „Damit wird für mich der Körper nach dem Hirntod zu einem Objekt der Sozialpflichtigkeit“, sagte der Theologieprofessor im Deutschlandfunk. Der Vorstoß der Widerspruchslösung sei unnötig und schädlich, da er Vertrauen beschädige und zu kaum mehr Effizienz bei der Organspende führe.

In der Debatte um neue Regeln für mehr Organspenden hat eine Gruppe von Abgeordneten eindringlich für die doppelte Widerspruchslösung geworben. Die bisherige Entscheidungslösung, nach der sich potenzielle Organspender aktiv dafür entscheiden müssen, habe nicht ausreichend gefruchtet, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn in Berlin. Jeder könne zu einem Patienten werden, der auf ein Organ warte. Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sagte: „Es sterben jedes Jahr um 2000 Menschen auf der Warteliste.“

FDP-Fraktionsvize Thomae lehnt Widerspruchsregelung ab

Die Widerspruchsregelung zur Organspende, die eine Gruppe Bundestagsabgeordneter verschiedener Parteien um Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Montagvormittag vorgelegt hat, greift nach Ansicht von FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae unverhältnismäßig in das Selbstbestimmungsrecht der Menschen ein. „Alle Menschen pauschal qua Gesetz zu Organspendern zu erklären, geht aus meiner Sicht deutlich zu weit“, sagte Thomae dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Dienstagsausgaben). „Die Widerspruchslösung verletzt insbesondere das Selbstbestimmungsrecht des Menschen und ist deshalb strikt abzulehnen.“

Der FDP-Gesundheitspolitiker favorisiert ein Verfahren, bei dem es regelmäßige behördliche Erinnerungen gibt, etwa bei der Beantragung oder Verlängerung von Ausweisdokumenten. „Dies wäre der eindeutig bessere Weg“, so Thomae. „Bei der unbürokratischen, verpflichtenden Entscheidungslösung muss jeder verpflichtend erklären, ob er Organspender sein möchte. Durch die wiederkehrende Abfrage wird die Sensibilität für das Thema der Organspende erhöht, ohne Druck von außen“, sagte Thomae dem RND. (dts, dpa, afp)



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