Zusatzbeiträge oft bei 2,5 Prozent und mehr
Gesetzlich Krankenversicherten drohen noch höhere Zusatzbeiträge: „Beitragssätze könnten durch die Decke gehen“
Gesetzlich Versicherten drohen erneut höhere Zusatzbeiträge. Die finanzielle Lage der Krankenkassen ist schwierig. 22 überregionale Kassen haben keine Rücklagen mehr. Die Kassen fordern ein Ausgabenmoratorium.

Krankenversicherung ist teuer. Angesichts der Finanzlage dringen die Kassen auf ein Ausgabenmoratorium.
Foto: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa
Gesetzlich Versicherten drohen wegen der allgemein schwierigen Lage der Krankenkassen in diesem Jahr einem Bericht zufolge noch höhere Zusatzbeiträge.
Zum Jahresende 2024 lag das Finanzvermögen von 45 der 58 überregionalen Krankenkassen unter der kritischen Marke von 20 Prozent einer Monatsausgabe.
22 dieser Kassen haben „keine Rücklagen mehr“, schreibt das „Handelsblatt“ unter Berufung auf Angaben des Bundesamts für Soziale Sicherung (BAS).
Zusatzbeiträge oft bei 2,5 Prozent und mehr
Der gesetzlich festgeschriebene allgemeine Beitragssatz beträgt 14,6 Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen. Weil dieser für die Kassen nicht kostendeckend ist, erheben sie einen Zusatzbeitrag, der von Kasse zu Kasse variiert. Der Zusatzbeitrag liegt im Schnitt bei um die 2,5 Prozent.
Viele Krankenkassen hoben zum Jahreswechsel ihre Zusatzbeiträge an, um wieder Vermögen aufzubauen.
„Im Laufe des Jahres 2025 haben zudem bereits sechs der Aufsicht des BAS unterstehende Krankenkassen ihren Zusatzbeitragssatz angehoben und es zeichnet sich ab, dass in den nächsten Monaten weitere Krankenkassen folgen werden“, zitierte das „Handelsblatt“ das BAS. Es bleibe abzuwarten, wie sich die Finanzlage durch die neuen Anhebungen entwickeln werde.
Ausgabenmoratorium gefordert
Angesichts der Finanzlage dringen die Kassen auf ein Ausgabenmoratorium. „Keine Preis- oder Honorarerhöhungen mehr, die über die laufenden Einnahmen hinausgehen“, sagte die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer.
Die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) müsse angesichts der Finanznot der Kassen umgehend Sofortmaßnahmen einleiten. „Ministerin Warken hat die GKV als ‚Notfallpatienten‘ bezeichnet und damit hat sie völlig recht“, so Pfeiffer. „Es braucht jetzt eine Akuttherapie, denn sonst gehen zum nächsten Jahreswechsel die Krankenkassenbeiträge durch die Decke.“
Pfeiffer wies darauf hin, dass es allein in den letzten drei Monaten acht neue Beitragssatzerhöhungen von Krankenkassen gegeben habe.
„Für die kurzfristige Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung und zum Schutz der Beitragszahler brauchen wir noch vor der Sommerpause ein Vorschaltgesetz, in dem ein Ausgabenmoratorium für sämtliche Leistungsbereiche festgelegt werden muss“, verlangte die GKV-Chefin.
Dieses Moratorium müsse so lange gelten, bis durch geeignete Strukturreformen Einnahmen und Ausgaben wieder in ein Gleichgewicht gebracht worden seien.
Gutachten für Anpassungen der Kosten bei innovativer Arznei
Die Kosten für Arzneimittel sind der zweitgrößte Ausgabeposten in der gesetzlichen Krankenversicherung. Um die Preisspirale bei innovativen Medikamenten zu stoppen, schlagen Gutachter Anpassungen im Gesundheitssystem vor.
Der im Bundesgesundheitsministerium angesiedelte Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege legte ein umfassendes Gutachten vor, das etwa auf die stärkere Prüfung des Nutzens der neuen Arznei und spätere erneute Preisverhandlungen abzielt.
„Wir wollen Wege aufzeigen, wie auch in Zukunft Patienten innovative Therapien und teure Medikamente erhalten können“, sagte dazu der Onkologe Michael Hallek, Mitglied im Sachverständigenrat, bei einer Pressekonferenz.
Der Durchschnittspreis eines neu eingeführten patentgeschützten Arzneimittels lag vor 15 Jahren bei rund 1.000 Euro – zuletzt schwankte er bei um die 50.000 Euro.
Die Gutachter verwiesen darauf, dass durch den medizinischen Fortschritt künftig noch mehr hochpreisige Medikamente für noch größere Patientengruppen zu erwarten seien, daher drohe eine „Überforderung des Systems“.
Empfohlen wird ein „lernendes Gesundheitssystem“. So müssten etwa Erkenntnisse über Wirkung und Nutzen der innovativen Medikamente gesammelt, regelmäßig evaluiert und „für Preisnachverhandlungen genutzt“ werden.
Die Preise für Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen werden zwischen den Unternehmen und dem GKV-Spitzenverband verhandelt. Gelingt keine Einigung, entscheidet eine Schiedsstelle, die GKV muss das dann akzeptieren.
Das Gutachten gibt dabei zu bedenken, dass die Pharmaunternehmen bei den Verhandlungen „aus einer Position der Stärke“ heraus auftreten, weil sie die Arznei jederzeit zurückziehen könnten. Das Gutachten empfiehlt daher, dass der GKV auch von den Verhandlungen zurücktreten darf. (afp/dpa/red)
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