Gesundheitsminister erntet Buhrufe: 500 Meter langer „Olympischer Brief“ fordert Änderungen des Pflegenotstands

"Burnout, Depressionen, Rückenschmerzen“ bei den Pflegekräften und „blutig entlassene“ Patienten machen die Angestellten im Gesundheitswesen wütend. Auf der Kundgebung vor der Gesundheitsministerkonferenz forderten sie bessere Arbeitsbedingungen.
Titelbild
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU).Foto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times6. Juni 2019

„Ich fühle mich nicht verstanden“, so eine Altenpflegerin bei der Kundgebung am 5. Juni. Und damit stand sie nicht allein. 2.000 Menschen demonstrierten am Mittwoch in Leipzig für bessere Arbeitsbedingungen. Sie empfingen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit Pfeifkonzert und Buhrufen.

Der „Olympische Brief“, eine 500 Meter lange Papierrolle, war fünf Monate lang in einer Metallkiste von Bundesland zu Bundesland, von Krankenhaus zu Krankenhaus gereist. Zehntausende Menschen aus mehr als 100 Krankenhäusern in 80 Städten fordern laut „Ärzteblatt“  eine bedarfsgerechte Personalbemessung. Am Mittwoch wurde dieser „Olympische Brief“ an Spahn anlässlich der 84. Gesundheitsministerkonferenz übergeben.

Mit ihrer Aktion fordern Tausende Krankenpfleger, Ärzte, Hebammen, Reinigungskräfte, Physio- und Ergotherapeuten, Logopäden, medizinische, Verwaltungs- und Technikanstellte gute Arbeitsbedingungen für Pflege und Versorgung im Krankenhaus und insbesondere eine bedarfsgerechte Personalbemessung.

In der gleichnamigen Online-Petition, die bereits über 50.000 Unterstützer gefunden hat, heißt es:

Die Bedingungen, unter denen wir arbeiten, machen krank – und gefährden die Patient*innen. Burnout, Depressionen und chronische Rückenschmerzen nehmen zu. Stress und Überlastung sind der unerträgliche Normalzustand. Viele von uns sind unterbezahlt und prekär beschäftigt. Und wir sind viel zu Wenige. An uns wird gespart und es wird sich an uns bereichert. Patient*innen werden blutig entlassen und Angehörige sind gezwungen, den Pflegenotstand selbst abzufedern.“

Das mache sie wütend und das würden sie auch nicht länger hinnehmen. Seit Einführung der Fallpauschale „agieren Krankenhäuser wie Konzerne im Konkurrenzkampf“. Leben, Bedürfnisse und Sorgen der Patienten und sogar ihre Schmerzen würden keine Rolle mehr spielen. Wichtiger sei der „durchökonomisierte Krankenhausbetrieb“

Dass derartige Forderungen nur langfristig durchgesetzt werden könnten, betonte Spahn im ZDF-Morgenmagazin:

Wir werden mehr als ein, zwei Jahre brauchen, (…) das ist eine Jahrzehnteaufgabe angesichts des demografischen Wandels“, sagte er laut „Ärzteblatt“.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, Bun­des­fa­mi­lien­mi­nis­terin Fran­ziska Giffey (beide SPD) und Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU) hatten gestern ihr gemeinsames Maßnahmenpaket vorgestellt. Damit wollen sie höhere Mindestlöhne und eine gleiche Bezahlung in Ost und West, Ausbildungsvergütung für Pflege-Azubis und die Anwerbung ausländischer Fachkräfte anstreben.

Zweifel, ob das Vorhaben des Minister-Trios überhaupt finanziert werden kann, hegt Bernd Meuren, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste. In dem Verband sind über 10.000 Pflegeeinrichtungen in Deutschland organisiert. Nach seiner Einschätzung müssten für die Umsetzung 5 bis 8 Milliarden Euro bereitgestellt werden, sagt er im ZDF-Morgenmagazin.

Wie das Maßnahmepaket gegen den Personalnotstand konkret umgesetzt wird, ist noch nicht bekannt. Fakt ist, dass Spahn während der 84. Gesundheitsministerkonferenz seine Organspende-Politik weiter vorantreiben will. Denn auf der Tagesordnung steht auch die Vergütung der ärztlichen Leichenschau. Zumindest diese soll verbessert und höhere Beträge in der Gebührenordnung für Ärzte festgelegt werden.

Eine „Jahrzehnteaufgabe“ wie die Bekämpfung des Personalnotstandes wird das jedenfalls nicht werden. Denn für den Beschluss der GMK ist bereits jetzt die Klausel vorgesehen, „eine angemessene Erhöhung der Gebühren für die ärztliche Leichenschau schnellstmöglich umzusetzen“. (sua)



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