Grundgesetzänderung in der Bildung: Erster gemeinsamer Antrag von FDP und Grünen

Eine mögliche Grundgesetzänderung zum Kooperationsverbot der Bildung bleibt vorerst ungewiss. SPD, Linke, FDP und Grüne gehen die Pläne nicht weit genug, der AfD gehen sie zu weit - eine dezentrale Bildungspolitik hat Vorteile.
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Schüler mit Tablet-Computern im Unterricht.Foto: iStock
Epoch Times28. September 2018

Die geplante Grundgesetzänderung für eine massive Bildungsförderung des Bundes bleibt vorerst ungewiss. Zum Start der Bundestagsberatungen über das Vorhaben machten Linke, FDP und Grüne am Freitag im Plenum deutlich, dass ihnen die Pläne nicht weit genug gehen. Der AfD gehen sie zu weit. Die Bundesregierung braucht für das Vorhaben aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat.

Die Grundgesetzänderung – die Aufhebung des Kooperationsverbotes – soll die Digitalisierung von Deutschlands Schulen ermöglichen, für die der Bund ab Anfang 2019 in fünf Jahren fünf Milliarden Euro zahlen will. Zudem sollen hohe Summen für sozialen Wohnungsbau und den Schienen-Nahverkehr der Kommunen fließen.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) warb für die Pläne. Die Länder blieben für Bildung zuständig. Der Bund müsse sie aber stärker unterstützen. Zudem liege Deutschland mit seinen Metrosystemen international hinten. In vielen Städten wie Paris gebe es massive Ausbauprogramme. Es sei „absolut notwendig“, dass der Bund hier einen Beitrag leiste, sagte Scholz.

FDP und Grüne legten erstmals in dieser Wahlperiode einen gemeinsamen Antrag vor. Darin fordern sie, Bund und Länder sollten stärker als geplant für Qualität, Leistungsfähigkeit und Weiterentwicklung des Bildungswesens zusammenwirken können. Sie wollen also das sogenannte Kooperationsverbot deutlich stärker einschränken.

Das Kooperationsverbot besagt, dass die Länder die Hoheit über die Bildung haben. Doch es gibt Ausnahmen bei zeitlich befristeten Projekten wie der der Hochschulfinanzierung.

Linke fordert komplette Aufhebung des Kooperationsverbotes

FDP-Chef Christian Lindner ermahnte die Koalition, auf die Opposition einzugehen: „Sie haben keine verfassungsändernde Mehrheit.“ Der Bund dürfe Länder und Kommunen nicht auf Dauer allein lassen.

Die Koalition wolle die Tür für eine Reform des Bildungsföderalismus nur einen kleinen Spalt öffnen. „Die Grünen und Liberalen wollen den Spalt vergrößern und den Bildungsföderalismus auf den Prüfstand stellen.“ Die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte, Bund und Länder müssten sich etwa auch bei der Ausbildung von Fachpersonal zusammentun können.

Die Linke fordert eine komplette Aufhebung des Kooperationsverbots, wie Fraktionsvize Gesine Lötzsch deutlich machte. „Ich kann Ihnen die Unterstützung der Linken anbieten, wenn sie radikal mit dem Kooperationsverbot brechen.“

AfD: Es droht eine zu starke Zentralisierung

Die AfD lehnt die Pläne mit der Begründung ab, dass eine zu starke Rolle des Bundes drohe. Ihr Abgeordneter Götz Frömming warf dem Bund vor, er wolle sich mehr Einflussmöglichkeiten verschaffen und auch die Schulen über die geplante Digitalisierung kontrollieren.

Der CDU-Haushaltsexperte Eckhardt Rehberg mahnte:

Diese Reform wird ihren Zweck nicht erreichen, wenn wir nicht dafür sorgen, dass das Geld auch wirklich vor Ort ankommt und nicht zweckentfremdet durch die Länder eingesetzt wird.“

In der Vergangenheit sei Bundesgeld von den Ländern immer wieder gehortet, in Rückstellungen gesteckt oder zweckentfremdet worden. Vorgesehen sei deshalb, dass der Bundesrechnungshof die Verwendung der Fördermittel überprüft.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte schon deutlich gemacht, dass sich seine grün-schwarze Landesregierung gegen die geplante Grundgesetzänderung stemmt. Er hatte vor Kompetenzverlusten der Länder gewarnt. Mehr Geld für die Länder könne man auch über die Steuerverteilung ausverhandeln.

Dezentale Bildungspolitik setzt Politiker unter Druck – an der Wahlurne

Jan Schnellenbach von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus schrieb zur Bildungspolitik, dass das Kooperationsverbot nützlich ist. Denn es macht Bildung vergleichbar und setzt Politiker einem Wettbewerb aus.

Eine dezentrale Bildungspolitik erlaubt vor allem, die Bildung an die regionalen und lokal unterschiedlichen Bedingungen anzupassen.

Sie setzt die Politiker dem aus, was man yardstick competition nennt, also einem Maßstabswettbewerb. Die Bürger in Berlin beobachten, wie schlecht ihre Schulen im Verhältnis zu Bayern sind, und wenn ihnen an diesem Thema etwas liegt (was man leider nicht immer voraussetzen kann), dann werden sie ihre Bildungspolitiker an der Wahlurne für ihre Fehlleistungen bestrafen.“

Falch und Fischer bewiesen 2012, dass Länder in internationalen Bildungsvergleichen mit zunehmender Dezentralisierung besser abschneiden, auch in einer OECD-Studie konnte dieser Zusammenhang durch Fredriksen (2013) nachgewiesen werden.

Ohne Bildungswettbewerb sinkt das Niveau

Jan Schnellenbach erklärt: „Die Forderung der SPD nach Zentralisierung und Aufhebung des Kooperationsverbotes unterminiert nicht nur den deutschen Föderalismus, was für sich genommen schon schlimm genug wäre. Vielmehr ist diese Forderung nicht einmal sinnvoll im Hinblick auf das proklamierte Ziel, die Bildungsqualität in Deutschland nachhaltig zu verbessern“. Denn es ist zu befürchten, dass

wir uns ohne föderalen Wettbewerb nicht etwa auf dem Niveau von Bayern wiederfinden, sondern nach unten nivelliert, auf dem Niveau von Bremen, NRW oder gar Berlin.“

. (dpa)



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