Gutachter hält Fracking-Gesetz für verfassungswidrig

Berlin (dpa) - Der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf zum Gas-Fracking ist einem Gutachten zufolge verfassungswidrig. „Die Konstruktion einer Expertenkommission mit Entscheidungskompetenzen verstößt in mehrfacher Hinsicht gegen…
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Demonstration gegen Fracking in Berlin am 01. April 2015.Foto: Adam Berry/Getty Images
Epoch Times5. Juni 2015
Der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf zum Gas-Fracking ist einem Gutachten zufolge verfassungswidrig.

„Die Konstruktion einer Expertenkommission mit Entscheidungskompetenzen verstößt in mehrfacher Hinsicht gegen die Verfassung“, heißt es in einer Analyse des Oldenburger Rechtsprofessors Volker Boehme-Neßler, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Nach den bisherigen Plänen soll statt des Bundestags die Kommission bewerten, ob nach einer Erprobungsphase Unternehmen in Deutschland auch zu kommerziellen Zwecken Gas per Fracking aus tiefen Gesteinsschichten fördern dürfen.

Boehme-Neßler mahnte eine Einbeziehung des Parlaments an: „Entscheidungen über die Anwendung von Fracking-Technologien müssen in letzter Instanz von staatlichen Akteuren getroffen werden.“ Expertengremien könnten Politik und Behörden beraten. „Sie dürfen aber weder rechtlich noch faktisch die letzte Entscheidung treffen.“ Die Bundesregierung verweist jedoch darauf, dass die Landesbehörden das Votum der Kommission übernehmen können, es aber nicht müssen.

Auch der Berichterstatter der CDU/CSU im Umweltausschuss, Karsten Möhring, betonte, die Einfallentscheidungen „bleiben ausschließlich die Aufgabe der zuständigen Berg- und Wasserbehörden im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung und ihres pflichtgemäßen Ermessens.“

Allerdings vermuten Umweltschützer und Opposition, dass sich die Behörden kaum über ein positives Votum der Kommission hinwegsetzen könnten – und bei entsprechenden Klagen dann schlechte Karten hätten.

Beim unkonventionellen Fracking wird mit Quarzsand und Chemikalien vermischtes Wasser unter hohem Druck in Schiefergestein gepresst. Befürchtet werden Gefahren für Umwelt und Wasser. Derzeit wird das Gesetz im Bundestag beraten und soll bis zum Sommer verabschiedet werden. Für alle sensiblen Regionen wie Wasserschutz- und Trinkwassergewinnungsgebiete, wird Fracking generell ausgeschlossen. Kommerzielle Projekte sollen nicht vor 2019 möglich sein.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter meinte, die Regierung wolle mit der Expertenkommission „die Verantwortung für absehbare Risiken auslagern“. „Das ist ein Armutszeugnis für das Selbstverständnis der großen Koalition.“

Die SPD könnte sich eine Änderung vorstellen. Ihr Umweltpolitiker Frank Schwabe sagte: „Die vom CDU-geführten Kanzleramt durchgesetzte Expertenkommission ist eine Schnapsidee und eine Zumutung für unsere parlamentarische Demokratie.“ Er könne sich nicht vorstellen, „dass die Abgeordneten bereit sind bei dieser Selbstentmachtung zugunsten der Erdgaswirtschaft mitzuspielen“.

Der Linken-Politiker Hubertus Zdebel betonte: „Wenn überhaupt gefrackt werden soll, muss der Bundestag das letzte Wort haben.“ Notwendig sei ein komplettes Verbot, der Gesetzentwurf müsse zurückgezogen werden.

(dpa)

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