Gute Aussichten für die Grünen

Die Menschen im Osten seien skeptischer, meint Grünen-Chef Robert Habeck. Und: "Die gespaltene Gesellschaft, die gibt es so gar nicht." Die Partei liebäugelt mit verschiedenen Koalitionen nach den dortigen Wahlen.
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Grünen-Chef Robert Habeck: "Müssen die Vergangenheit teurer machen und die Zukunft günstiger."Foto: Kay Nietfeld/dpa
Epoch Times23. August 2019

Der Osten war lange Zeit kein leichtes Terrain für die Grünen. In die Landtage der fünf neuen Bundesländer schaffte es die Partei oft nur mit  Ach und Krach – oder scheiterte gar an der Fünfprozenthürde. Doch zum derzeitigen Umfragehoch der Gesamtpartei gehört auch ein ordentlicher Aufschwung im Osten – wenn auch die Zustimmung dort deutlich hinter der im Westen liegt und die Partei in jüngsten Umfragen wieder etwas absackte.

Offensichtlich profitieren die Grünen auch im Osten von der wieder deutlich gestiegenen Beachtung des Klimathemas. Zudem profilieren sich die Grünen stärker als andere als Anti-AfD, indem sie sich zu einer toleranten und auch weltoffenen Gesellschaft bekennen.

Die Fünfprozenthürde müssen die Grünen inzwischen nirgendwo mehr fürchten. In Brandenburg und Sachsen, wo am 1. September gewählt wird, könnten sie bei einem guten Ergebnis sogar bei der Regierungsbildung mit zum Zuge kommen – die wegen der Stärke der AfD schwierig werden könnte. Aktuellen Umfragen zufolge dürften die bisherigen Regierungsbündnisse von Schwarz-Rot in Dresden und Rot-Rot in Potsdam ihre Mehrheit verlieren und die beteiligten Parteien auf die Grünen als weiteren Partner angewiesen sein.

Grüne liebäugeln mit verschiedenen Koalitionen

„Eine Regierungsbildung ohne die Grünen nach dem 1. September ist nach dem augenblicklichen Stand eher unwahrscheinlich“, schwärmt die brandenburgische Grünen-Spitzenkandidatin Ursula Nonnemacher. Angesichts des Kopf-an-Kopf-Rennens von fünf Parteien sprach sie sogar offen über die Möglichkeit, dass sie Ministerpräsidentin werden könnte, wenn die Grünen nach der Wahl die Nase vorn haben sollten. Derzeit sehen die Demoskopen allerdings eher ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und AfD.

In Sachsen sind die Aussichten der Grünen mit bis zu zwölf prognostizierten Prozentpunkten auch nicht schlecht. Hier wäre eine Keniakoalition mit CDU und SPD denkbar – wie sie schon in Sachsen-Anhalt existiert.

Noch unklar ist die Lage in Thüringen, wo die Grünen bereits mit Linken und SPD regieren: Nach den Vorhersagen der Meinungsforscher ist ungewiss, ob sich das von Linken-Ministerpräsident Bodo Ramelow geführte Dreierbündnis nach den Wahlen am 28. Oktober halten kann. Sollte es dafür reichen, könnten die Grünen aber hier wie auch in Sachsen die schwächelnden Sozialdemokraten hinter sich lassen.

Der Ausstieg aus dem Tagebau – „Ökowahn“?

Den Grünen schadet es offensichtlich nicht, dass sie auch bei vielen Menschen im Osten mit ihren Themen anecken. Immerhin steht ihre offene Haltung gegenüber Flüchtlingen im diametralen Gegensatz zu der Abschottungspolitik, mit der die AfD im Osten punktet. Und der Wind bläst den Grünen auch in manchen Regionen ins Gesicht, wenn sie für den raschen Ausstieg aus der Braunkohle streiten.

Denn für viele Menschen in den Revieren in Brandenburg und Sachsen ist das bevorstehende Ende des Tagebaus verbunden mit dem Verlust gewohnter Strukturen und des eigenen Arbeitsplatzes. Da verfangen Parolen wie die des Brandenburger AfD-Chefs Andreas Kalbitz, die Lausitz werde zunehmend von einem „Ökowahn“ abgewickelt.

Mehr noch als im Westen müssen die ostdeutschen Grünen den Menschen offen und ehrlich erklären, wie angesichts des bevorstehenden Kohleausstiegs ihre Zukunft aussehen und wie dieser sozial verträglich gestaltet werden soll. „Da helfen markante Sprüche, man solle jetzt mal was tun für den Klimaschutz, nicht weiter“, sagt Parteichefin Annalena Baerbock. „Wir müssen den Strukturwandel gemeinsam in die Hand nehmen.“

Dafür tingelt Parteichef Robert Habeck dieser Tage unermüdlich durch die ostdeutschen Lande. Sein Fazit mit Blick auf die vieldiskutierten Unterschiede zwischen Ost und West: „Die gespaltene Gesellschaft, die gibt es so gar nicht.“ Was es gebe, sei allerdings „eine Erfahrung, die die Menschen skeptischer macht“ in den ostdeutschen Ländern. (afp)



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