Hamburg: China-Gipfel mit Schatten

Hamburg ganz im Zeichen Chinas: Die Hansestadt möchte ihre Stellung als größter Umschlagplatz für chinesische Erzeugnisse in Europa ausbauen. Dazu gibt es vom 10. bis 12. September eine Wirtschaftskonferenz und vom 12. bis 27. September eine Veranstaltungsreihe.
Titelbild
Bunte Lampenschirme aus China in Hamburg – wirft ein Gast beim Hamburg Summit dunkle Schatten auf die Hansestadt? (Roncalli)
Von 9. September 2008

Es ist nicht das erste Mal, dass nach der Wirtschaftskonferenz „The Hamburg Summit – China meets Europe“  die Veranstaltungen der „China Time“ stattfinden werden. Doch sind die beiden Ereignisse, die  China den Wirtschaftsstandort Hamburg schmackhaft machen wollen, nicht gänzlich unproblematisch.

Nach 2004 und 2006 ist es in diesem Jahr bereits das dritte Mal, dass vom 10. bis 12. September die Wirtschaftskonferenz China meets Europe in der Hamburger Handelskammer stattfindet. In den drei Tagen sollen diesmal auch „die immer größer werdenden Umweltprobleme, die großen Defizite in der Infrastruktur und die immer breiter werdenden sozialen Unruhen“ diskutiert werden, so der Präses der Handelskammer Frank Horch. Denn wenn diese Probleme in China eskalierten, hätte dies auch negative Folgen für die Weltwirtschaft.

Als besonderer Gast soll der stellvertretende chinesische Ministerpräsident Zhang Dejiang beim Opening Dinner der Konferenz mit Bundesaußenminister Frank Walter Steinmeier zusammentreffen. Es sei dies der erste Besuch eines hochrangigen chinesischen Regierungsmitgliedes nach der Tibet-Krise, liest sich dazu eine Pressemitteilung der Hamburger Handelskammer.

Zhang Dejiang: Kein unbeschriebenes Blatt

Zhangs Delegation gehören ein chinesischer Minister und fünf Vize-Minister an. Damit werde der Besuch des in der Zentralregierung für Wirtschaft und Industrie zuständigen Zhang in Deutschland zu einem politischen Ereignis.

Dabei dürfte der Handelskammer nicht die volle Tragweite der Einladung des stellvertretenden chinesischen Ministerpräsidenten klar sein. Zhang Dejiang ist nämlich alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. Das heute 62 Jahre alte Mitglied des Politbüros brachte es während der Kulturrevolution zum stellvertretenden Leiter des Revolutionskomitees und wurde vom ehemaligen chinesischen Regierungschef Jiang Zemin 2002 zum Chef der Provinz Guangdong gemacht. Er soll im März 2003 die Zeitung Southern Metro Daily zensiert und so bei der Vertuschung der SARS-Epidemie aktiv mitgeholfen haben.

Doch dies ist noch nicht genug: Am 8. November 2005 erhielt  Zhang Dejiang als Leiter einer Wirtschaftsdelegation in Australien vom Obersten Gerichtshof von Neu Süd Wales eine Vorladung. Darin zeigte die Falun Gong-Praktizierende Xie Yan ihn und zwei weitere Delegationsmitglieder an, als oberster Verantwortlicher hinter der Zwangsernährung und verschiedenen anderen Arten von Folter gestanden zu haben, die sie in einem Arbeitslager in Guangdong erlitten hatte.

Als Zögling Jiang Zemins soll Zhang Dejiang aktiv die Verfolgungspolitik gegen Falun Gong in seiner Provinz durchgesetzt haben. In Guangdong wird Falun Gong noch immer schwer verfolgt. Schon bald nach seinem Amtsantritt starben – durch Recherchen bestätigt – 33 Falun Gong-Praktizierende; die tatsächliche Anzahl der zu Tode Gefolterten ist jedoch unbekannt.

China Time: Dialog für mehr Menschenrechte?

Unmittelbar anschließend an die Wirtschaftskonferenz organisiert die Hamburger Senatskanzlei von 12. bis 27. September die China Time. In über 170 Veranstaltungen sollen wirtschaftliche, politische, gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen Chinas widergespiegelt werden. Neben dem breiten Kultur- und Bildungsprogramm finden im Rahmen der China Time zahlreiche Vorträge und Podiumsdiskussionen, sowie aktuelle politische Diskussionen statt.

Der Senat wolle damit deutlich machen, dass Hamburg das China-Kompetenzzentrum für Europa sei, so Ole van Beust, Bürgermeister von Hamburg. „Dabei geht es nicht nur darum in Hamburg für China zu werben, sondern darum in China für Hamburg zu werben.“ Hamburg, der größte Importhafen von China in Europa solle chinesische Investoren ansprechen.

Dabei sollen in diesem Jahr erstmals auch regimekritische Gruppen zu Wort kommen. Ziel sei es damit neben dem vorrangig wirtschaftlichen Dialog auch kritische Dinge wie Umweltprobleme, oder die politischen Gegebenheiten mit aufzunehmen, so Frank Horch, Präses der Handelskammer. Das sei für die Veranstaltungen zwar nicht vorrangig, aber man wolle im gesamten Dialog sein, der bei der Entwicklung von Handelsbeziehungen mit gesehen werden müsse. „Man kann davor die Augen nicht verschließen. Wir sind weder die kritische und nicht die politische Bühne, wir sind die wirtschaftliche Bühne, aber es soll mit aufgenommen werden“ sagt Horch.

Allerdings ist der Dialog, der im Rahmen der Wirtschaftskonferenz und der China Time mit Wirtschaftsvertretern, Parteikadern und Wissenschaftlern geführt werden soll, nicht gänzlich unumstritten. Durch den Dialog Besserungen in der Menschenrechtssituation zu erwarten, bezeichnet die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) als leere Hoffnungen. Die IGFM sei überhaupt nicht gegen Wirtschaftsbeziehungen oder den kulturellen Austausch mit China, sagt Manyan Ng, Vorstandsmitglied der IGFM Deutschland. Doch müsse man sich bewusst sein, dass ein Großteil des Geldes, das aus dem Handel mit Hamburg oder Deutschland gewonnen wird, „zur Verfolgung von anders denkenden Gruppierungen wie den Tibetern oder Falun Gong“ verwendet werde.

Text erschienen in Epoch Times Deutschland Nr. 37/08



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