Hamburg: Entrüstung über Kita-Prospekt nach Werbung mit geringem Migranten-Anteil

„Von den Familien mit Migrationshintergrund nehmen nur wenige unsere Betreuung in Anspruch.“ Daneben lacht der blonde Finn. Mit diesen Inhalten in einer Werbeschrift versuchte die Kita Rabenhorst im Hamburger Nobelviertel Wellingsbüttel zahlungskräftige Kunden zu begeistern. Die absehbare Empörung ließ nicht lange auf sich warten.
Titelbild
Kinderjacken und Rucksäcke hängen in einer Kita.Foto: Monika Skolimowska/dpa
Von 16. Oktober 2018

„Für dieses Verhalten gibt es ein Wort: asozial.“ So zetert der Ressortleiter Hamburg der „Morgenpost“, Mathis Neuburger, über die „Hamburger Eliten“, die sich im idyllischen Stadtteil Wellingsbüttel ausbreiten.

Ins Kreuzfeuer der Kritik geraten ist insbesondere die von der gemeinnützigen Elbkinder Vereinigung Hamburger Kitas gGmbH betriebene Kita Rabenhorst, die sich kürzlich in einer Werbebroschüre vorgestellt hat. Das potenzielle Kundensegment in dem Stadtteil ist auch überaus begehrt, da zahlungskräftig: Der Anteil der Haushalte mit Kindern liegt mit 22 Prozent deutlich über dem Hamburger Durchschnitt von 17,8 Prozent. Nur 2,3 Prozent der Bewohner sind arbeitslos, Hartz IV beziehen nur 1,5 Prozent der Wellingsbütteler. Das Durchschnittseinkommen pro Steuerpflichtigem ist hier mehr als doppelt so hoch wie jenes im gesamten Stadtstaat.

Der Ausländeranteil liegt mit 5,9 Prozent hingegen deutlich unter dem Hamburger Durchschnitt – wobei sich auch unter diesen verhältnismäßige viele Personen mit höherem Bildungs- und Einkommensniveau befinden dürften. Was man mittlerweile sicher weiß, ist: Von den Familien mit Migrationshintergrund nehmen nur wenige die Betreuung ihrer Kinder durch die Kita Rabenhorst in Anspruch. 

Hohe Eigenheimquote und ein indigniertes Elternpaar

Dies stand nämlich bis vor kurzem explizit so in der Werbebroschüre für die Kinderbetreuungseinrichtung. Bei einem „jungen Paar, das anonym bleiben möchte“, sorgte dies, wie die „Morgenpost“ erahnen lässt, für Schnappatmung. Diese zitiert die Betroffenen: „Wir suchen gerade nach einem Kitaplatz für unseren Sohn und haben uns für diese Kita interessiert. Dabei sind wir im Konzept dieser Kita über einen unglaublichen Satz gestolpert.“

In ihrem 30-seitigen Konzept wird die Kita nicht müde, das gehobene Zielpublikum – „Rechtsanwälte, Ärzte, Organisationsberater, Makler, Geschäftsinhaber“ – und die hohe Eigenheimquote des Stadtteils als gewichtige Argumente für die dortige Betreuung von Kindern anzuführen. Die Aussage über die Nachfrage unter Familien mit Migrationshintergrund sei, so die Morgenpost, mit einem Foto von einem „hellblonden, blauäugigen Jungen namens Finn“ bebildert worden.

„Warum erwähnen die das überhaupt? Die wollen doch offenbar damit werben, dass sie keine Migrantenkinder in den Gruppen haben“, zitiert das Blatt die entrüsteten jungen Eltern, die frisch in den Norden Hamburgs gezogen seien. Woher und aus welchem Grund, lässt das Blatt offen.

Steilshoop als Gegenstück nur fünf Kilometer entfernt

Die Trägergesellschaft zeigte sich auf Nachfrage der Zeitung reuig und ließ den Satz umgehend entfernt. Die Einrichtung schreibt in einer Presseerklärung auf ihrer Homepage:

„Jede Elbkinder-Kita verfasst eine solche Konzeption. Darin wird beschrieben, wie viele Kinder in der Kita betreut werden, wie viele Mitarbeitende die Kita hat, wie der jeweilige Stadtteil strukturiert ist und welche pädagogischen Schwerpunkte die Kita hat. […]

Zu jeder Konzeption gehört die Sozialraumanalyse. Nichts anderes hat die Kita Rabenhorst in diesem Abschnitt der Konzeption gemacht: Sie hat die Sozialstruktur des Stadtteils Wellingsbüttel beschrieben. Keiner der Vorgesetzten, die diese Konzeption gegengelesen haben, hätte daher den nun von einigen Medien beanstandeten Satz für bedenklich und dem Inklusionsprinzip der Elbkinder widersprechend gehalten.“

Das moralisch entrüstete junge Paar hat die Kita dennoch offenbar als mögliche Kunden verloren. Es sei zwar ein Erfolg, dass der beanstandete Satz verschwunden sei. „Aber wir geben unser Kind trotzdem nicht in eine Kita, die stolz darauf ist, keine Kinder mit Migrationshintergrund zu haben.“ Immerhin befindet sich beispielsweise mit Steilshoop nur fünf Kilometer von Wellingsbüttel entfernt auch ein Stadtteil im gleichen Bezirk, der über eine diversere Bevölkerungsstruktur verfügt.

In die Privatschule aus Furcht vor AfD-Wählern?

Ob die Neu-Wandsbeker ihr Kind dort oder anderswo unterbringen werden, bleibt offen. Allerdings ist dort der Anteil der AfD-Wähler ungleich höher als in Wellingsbüttel, sodass im schlimmsten Fall ein Schicksal droht wie jenes der alleinerziehenden Berliner Morgenpost-Journalistin Caroline Rosales. Diese hatte vor einigen Wochen öffentlich darüber geklagt, dass der hohe Anteil an „Rechten“ unter den Eltern öffentlicher Schulen in ihrem Wohnbezirk sie dazu gezwungen habe, ihr Kind in eine Privatschule zu schicken.

Mathis Neuburger hadert unterdessen weiterhin mit den Berührungsängsten des hanseatischen Großbürgertums gegenüber den tatsächlichen Erscheinungsformen der von ihm unterstützten Politik:

„Man kann über die Formulierung der Kita entgeistert den Kopf schütteln. Man kann aber auch dankbar sein über so viel Offenheit. Denn hier handelt es sich ja nicht um eine individuelle Entgleisung, sondern um eine Geisteshaltung, die ein großer Teil der Hamburger Elite seit jeher pflegt: Man gibt sich hanseatisch weltoffen, profitiert von der Globalisierung, spendet beim Charity-Dinner – aber ansonsten bleibt man lieber unter sich.“



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