Missbrauchs-Gutachten: Woelki stellt weiteren Kölner Weihbischof vorläufig frei

"Wir sind Kirche" fordert Rücktritte von Kardinal Woelki und Bischof Heße
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Kardinal Rainer Maria Woelki ist im Missbrauchsfall im Erzbistum Köln entlastet worden.Foto: Marcel Kusch/dpa/dpa
Epoch Times19. März 2021

+++Update+++

12:40 Uhr: Woelki stellt weiteren Kölner Weihbischof vorläufig frei

Die Veröffentlichung des Gutachtens zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen im Erzbistum Köln hat weitere personelle Konsequenzen. Wie das Erzbistum am Freitag mitteilte, bat der Kölner Weihbischof Ansgar Puff den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki um seine vorläufige Beurlaubung. Woelki entsprach demnach dieser Bitte und stellte Puff vorläufig von dessen Aufgaben frei.

Bei Puff handelt es sich nach Angaben des Erzbistums um den ehemaliger Leiter der Hauptabteilung Seelsorge Personal, dem in dem am Donnerstag vorgestellten Gutachten ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht in einem Fall zur Last gelegt wurde. Unmittelbar nach der Vorstellung der juristischen Expertise stellte Woelki bereits den Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp und den Leiter des Bischöflichen Gerichts, Offizial Günter Assenmacher, frei.

Durch das Gutachten wurde auch der Hamburger Erzbischof Stefan Heße belastet. Heße und Schwaderlapp boten dem Papst noch am Donnerstag ihren sofortigen Amtsverzicht an.

++++18. März++++

17:50 Uhr: Hamburger Erzbischof Heße bietet Papst Franziskus seinen sofortigen Rücktritt an

Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße hat Papst Franziskus seinen sofortigen Amtsverzicht angeboten. Er ziehe damit die Konsequenz aus dem Ergebnis des am Donnerstag vorgestellten Gutachtens zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Köln, sagte Heße in Hamburg. Heße war dort früher Personalverantwortlicher, das Gutachten legt dem Geistlichen Pflichtverletzungen zur Last.

„Ich habe mich nie an Vertuschung beteiligt – ich bin dennoch bereit, meinen Teil der Verantwortung für das Versagen des Systems zu tragen“, sagte Heße in einem Statement. Dies sei seine Reaktion auf die durch die externe Begutachtung festgestellten Pflichtverletzungen. Er habe immer „nach bestem Wissen und Gewissen“ gehandelt, betonte er.

Heße sagte weiter, er bedaure es, wenn er Missbrauchsbetroffenen und deren Angehörigen „neuerliches Leid“ zugefügt haben sollte. Das Ergebnis des externen Untersuchungen sei auch für ihn „wie ein Spiegel“ seines damaligen Handelns.

„Niemand ist fehlerfrei, auch ich nicht“, sagte Heße. Er habe damals bewusst Verantwortung für die schwierige Aufgabe der Aufarbeitung übernommen. Er wolle nun die Konsequenzen tragen. Daher bitte er dem Papst den Rücktritt an.

Das mit Spannung erwartete Gutachten war am Donnerstagmorgen in Köln vorgestellt worden. Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki wurde durch die Untersuchung von Juristen entlastet, gegen andere Geistliche dagegen schwere Vorwürfe erhoben. Dazu gehört Heße.

Ein wesentlicher Vorwurf an Woelki war zudem gar nicht Thema des Gutachtens: Woelki hatte den Betroffenenbeirat seines Bistums gedrängt, das Münchner Gutachten auch ohne Kenntnis des Texts zu diskreditieren.

„Das ist für mich ganz klar ein erneuter Missbrauch von Betroffenen“, sagte der inzwischen zurückgetretene Sprecher des Betroffenenbeirats vor einigen Wochen. Es scheint zweifelhaft, wie Kardinal Woelki vor diesem Hintergrund auch trotz des für ihn milden Gutachtens wieder Vertrauen der Kölner Katholiken gewinnen will. Am kommenden Dienstag will Woelki sich zu weiteren Konsequenzen äußern.

15:41 Uhr: „Wir sind Kirche“ fordert Rücktritte von Kardinal Woelki und Bischof Heße

Nach der Vorstellung des Kölner Missbrauchsgutachtens hat die Organisation Wir sind Kirche den Rücktritt des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki und des Hamburger Erzbischofs Stefan Heße gefordert. Es stelle sich die Frage, ob der vom Gutachter entlastete Woelki seinen Weihbischof Dominikus Schwaderlapp und Offizial Günter Assenmacher nicht als „Bauernopfer“ entlassen habe, um von seiner eigenen Verantwortlichkeit abzulenken, erklärte Wir sind Kirche am Donnerstag.

Die gegenüber der Amtskirche kritische Organisation hob dabei Woelkis enge Verbindung zum früheren Kölner Kardinal Joachim Meisner hervor, dem in dem Gutachten des Strafrechtlers Björn Gercke die mit Abstand meisten Pflichtverletzungen im Umgang mit Missbrauchsfällen vorgeworfen werden. Woelki sei als Erzbischöflicher Kaplan und Geheimsekretär Meisners „selbst Teil des Systems der Vertuschung gewesen“.

Wir sind Kirche erklärte zu Woelki, „weit über die rein juristische Aufklärung hinaus muss er endlich auch persönlich Verantwortung übernehmen und seinen Rücktritt anbieten.“ Dies gelte auch für Erzbischof Heße, dem aus seiner Zeit in Köln elf Pflichtverletzungen vorgeworfen werden.

Gutachter sieht keine Pflichtverletzungen bei Kölner Kardinal Woelki

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki ist im Gutachten zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im größten deutschen Bistum entlastet worden. Es seien keine Pflichtverletzungen bei Woelki feststellbar gewesen, sagte der Strafrechtler Björn Gercke am Donnerstag (18. März) bei der Vorstellung seines Gutachtens. Gercke sagte, zu derselben Einschätzung sei auch das von Woelki unter Verschluss gehaltene Münchner Gutachten gekommen, ebenso der Vatikan.

In ihrer Untersuchung erhoben die Gutachter aber schwere Vorwürfe gegen den Hamburger Erzbischof Stefan Heße, der früher in Köln tätig und lange Personalverantwortlicher war. Bei Heße hätten sich aus den Akten insgesamt elf Pflichtverletzungen ergeben. Davon seien sieben Pflichtverletzungen nicht ordnungsgemäß bearbeitete Missbrauchsfälle gewesen.

Auch der Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp, der 2004 Generalvikar in Köln wurde, steht mit auf der Liste der Beschuldigten. Der 53-Jährige soll sich acht Pflichtverletzungen schuldig gemacht haben. Zudem wird Schwaderlapps Vorgänger als Generalvikar, der ehemalige Dompropst Norbert Feldhoff, in dem Gutachten beschuldigt – dem emeritierten Feldhoff werden 13 Pflichtverletzungen vorgeworfen.

Woelki stand seit Wochen massiv in der Kritik, ihm wurde Vertuschung vorgeworfen. Er selbst bestritt bisher alle Vorwürfe.

Gercke und seine Mitgutachter sollten den Umgang des Erzbistums Köln mit Missbrauchsfällen im Zeitraum 1975 bis 2018 untersuchen, dies erfolgte auf Aktengrundlage. Insgesamt stellten die Gutachter 75 Pflichtverletzungen fest, die von acht lebenden oder verstorbenen Verantwortlichen begangen worden seien.

Die mit Abstand schwersten Vorwürfe machten die Gutachter dem 2017 verstorbenen Kölner Kardinal Joachim Meisner. Diesem seien 24 Pflichtverletzungen und damit fast ein Drittel aller Fälle vorzuwerfen. Auch dem 1987 verstorbenen Kardinal Joseph Höffner seien Pflichtverletzungen vorzuwerfen, befanden die Gutachter.

Gercke sagte, auf Grundlage der Aktenprüfung hätten sich 202 Beschuldigte ergeben und 314 Opfer sexuellen Missbrauchs. Von den mutmaßlichen Tätern seien 63 Prozent Kleriker gewesen – das heißt, 127 Priester machten sich im größten deutschen Bistum des Missbrauchs schuldig. Mehr als die Hälfte der Opfer seien Kinder im Alter unter 14 Jahren gewesen, ein mit 57 Prozent größerer Anteil der Opfer seien Jungen gewesen.

Woelki entbindet Weihbischof und Offizial nach Gutachten von Ämtern

Aus dem Gutachten zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in seinem Erzbistum hat Woelki erste personelle Konsequenzen gezogen. Er entband unmittelbar nach der Vorstellung seinen Weihbischof Dominikus Schwaderlapp und den Leiter des Erzbischöflichen Gerichts, Offizial Günter Assenmacher, wegen Pflichtverletzungen mit sofortiger Wirkung vorläufig von ihren Ämtern. Woelki sprach von „Vertuschung“ in seinem Bistum.

Eigentlich wollte er erst am kommenden Dienstag Konsequenzen aus dem Gutachten des Strafrechtlers Björn Gercke ziehen. Während Schwaderlapp in acht Fällen konkrete Pflichtverletzungen begangen haben soll, soll Assenmacher in zwei Fällen eine unzutreffende Rechtsauskunft abgegeben haben. Woelki selbst wurde in dem Gutachten entlastet.

Woelki sagte, in Köln hätten sich „höchste Verantwortungsträger“, darunter mit den Kardinälen Joachim Meisner und Joseph Höffner seine beiden Vorgänger, schuldig gemacht. „Sie haben nicht sanktioniert, sondern verzögert oder den Schutz der Betroffenen nicht beachtet.“ Es spreche Bände, dass Laien in Köln bei Missbrauchsvorwürfen immer schnell und konsequent bestraft worden seien, Priester aber nicht – „das berührt mich und beschämt mich auch zutiefst“. (afp)



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