Handel: Der Regierung ist der "ordnungspolitische Kompass" verloren gegangen
Die Forderung der Regierung nach Mindestpreisen für Lebensmittel im Einzelhandel ruft großen Widerstand beim Handel hervor. Sie sehen die freie Marktwirtschaft in Gefahr. Am Montag treffen sich Handel und Regierung im Kanzleramt.

Lebensmittel-Discounter (Symbolbild).
Foto: istockphoto/subtik
Die Auseinandersetzung um die Preisgestaltung im Lebensmittelhandel verschärft sich zunehmend. „Mit ihren Forderungen nach Mindestpreisen für Lebensmittel im Einzelhandel überschreiten Vertreter der Bundesregierung und der Parteien eine rote Linie“, sagte Josef Sanktjohanser, Präsident des Handelsverbandes Deutschland (HDE), dem „Handelsblatt“.
Offensichtlich sei einigen Politikern der „ordnungspolitische Kompass“ verloren gegangen, der die Vorteile der sozialen Marktwirtschaft und das Ziel, Wohlstand für alle zu schaffen, in den Mittelpunkt stelle, fügte Sanktjohanser kurz vor dem geplanten Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag hinzu.
„Die Vorgabe oder Verabredung von Mindestpreisen ist kartellrechtlich strikt verboten und gehört zu den weitgehendsten Eingriffen in die Freiheit der Wettbewerbsprozesse.“
Beschränkungen der Preissetzungsfreiheit seien grundsätzlich immer zum Nachteil der Verbraucher. Forderungen der Politik, die in diese Richtung zielten, dienten daher ausschließlich Partikularinteressen und sollten die Ertragslage einzelner Branchen auf Kosten anderer Wirtschaftsbeteiligter verbessern, wie in diesem Falle der Landwirtschaft.
Klöckner macht Handel für Lage der Bauern verantwortlich
Zuvor hieß es in einem gemeinsamen Schreiben von HDE und BVLH (Handelsverband Lebensmittel) an Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) den Handel „pauschal anzuprangern“ sei der falsche Weg.
Die Kritik des Handels bezog sich auf Äußerungen von Klöckner auf der Messe „Grüne Woche in Berlin“. Dort kritisierte zu hohe Preise für Mobilfunktelefone, während Lebensmittel nicht günstig genug sein könnten.
Zudem äußerte sie Montag zwar Verständnis für den Ärger der Bauern, gab allerdings dem Handel die Schuld für die Probleme. „Es ist wie David gegen Goliath, wenn Bauern mit dem Handel verhandeln. Dass gerade Lebensmittel immer wieder für Lockangebote und für Dumpingpreise herhalten müssen, kann ich beim besten Willen nicht mehr nachvollziehen.“
Montag treffen sich Merkel, Agrarministerin Klöckner und der Handel im Kanzleramt. Die Veranstaltung „soll Gelegenheit geben, sich über Fragen der fairen Ausgestaltung der Wertschöpfungskette für landwirtschaftliche Erzeugnisse auszutauschen“, heißt es in der Einladung.
Einzelhandelsumsatz im Dezember gestiegen
Der Einzelhandelsumsatz in Deutschland ist im Dezember 2019 gestiegen. Die Einzelhandelsunternehmen setzten im letzten Monat des Jahres real 0,8 Prozent und nominal 1,7 Prozent mehr um als im Dezember 2018, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Ergebnissen am Freitag mit. Beide Monate hatten jeweils 24 Verkaufstage.
Im gesamten Jahr 2019 setzte der deutsche Einzelhandel real 2,7 Prozent und nominal 3,3 Prozent mehr um als im Vorjahr. Der Einzelhandel mit Lebensmitteln, Getränken und Tabakwaren setzte real 1,4 Prozent weniger und nominal 0,2 Prozent mehr um als im Dezember 2018.
Dabei lag der Umsatz bei den Supermärkten, SB-Warenhäusern und Verbrauchermärkten real um 1,4 Prozent unter und nominal um 0,1 Prozent über dem des Vorjahresmonats. Der Facheinzelhandel mit Lebensmitteln setzte im entsprechenden Vergleich real 1,3 Prozent weniger und nominal 1,1 Prozent mehr um.
Im Einzelhandel mit Nicht-Lebensmitteln stiegen die Umsätze im Dezember 2019 im Vergleich zum Vorjahresmonat real um 2,0 Prozent und nominal um 2,6 Prozent.
Das größte Umsatzplus mit real 14,2 Prozent und nominal 14,5 Prozent erzielte der Internet- und Versandhandel. Kalender- und saisonbereinigt war der Umsatz im Dezember 2019 im Vergleich zum November 2019 real um 3,3 Prozent und nominal um 3,0 Prozent niedriger, so die Statistiker. (dts/nh)
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