Heftiger Protest gegen Ende von Sprach-Kita-Förderung

"Unverständlich und fahrlässig": Nach elf Jahren Finanzierung des Programms "Sprach-Kitas" will der Bund die geschaffenen Strukturen und Ansätze nun in die Verantwortung der Länder übergeben. Länder und Gewerkschaften sparen nicht mit Kritik.
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Bundesweit ist etwa jede achte Kindertagesstätte eine Sprach-Kita. Symbolbild.Foto: iStock
Epoch Times14. Juli 2022

Die Länder machen Front gegen die Absicht des Bundes, ein Programm zur Sprachförderung in Kitas Ende des Jahres auslaufen zu lassen.

In einer gemeinsamen Erklärung appellierten die Jugend- und Familienminister an die Bundesregierung, die Entscheidung vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und der vielen Geflüchteten aus der Ukraine zu revidieren. Sie fordern, das Projekt fortzuführen und „perspektivisch als dauerhaftes Bundesprogramm zu verstetigen“.

„In der derzeitigen Situation muss die Sprachförderung von Kindern ein zentrales Anliegen auch der Bundespolitik sein“, heißt es in der Erklärung, die Berlin als aktuelles Vorsitzland der Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) veröffentlichte. Frühkindliche sprachliche Bildung verbessere Bildungs- und Teilhabechancen von Kindern. „Hier den Rotstift anzusetzen, ist auch für die vielen Beschäftigten in den Kitas eine Entwertung ihrer bisher geleisteten Arbeit.“ Der Schritt verschärfe zudem die ohnehin angespannte Personalsituation in Kindertageseinrichtungen, er sei „unverständlich und fahrlässig“.

Kritik von Bildungsgewerkschaften

Bildungsgewerkschaften haben sich der Kritik aus den Bundesländern angeschlossen. „Auf Sonntagsreden heben die Politikerinnen und Politiker die Bedeutung der frühkindlichen Bildung hervor. Am nächsten Tag stellen sie keine Gelder mehr für hochwertige Förderprogramme bereit. Die Fachkräfte schütteln darüber frustriert den Kopf“, sagte Doreen Siebernik, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Insbesondere in Zeiten, in denen Kitas durch die Integration von geflüchteten Kindern aus der Ukraine vor enormen zusätzlichen Herausforderungen stünden, sei der Schritt unverantwortlich, sagte Udo Beckmann, Vorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung (VBE). „Hier wird ein wichtiger und bewährter Baustein eines Fundamentes für mehr Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit von heute auf morgen zunichtegemacht.“

Die GEW warf der Bundesregierung einen Bruch des Koalitionsvertrages vor. In dem Papier hatten die Ampel-Parteien festgehalten: „Die Kindertagespflege wollen wir als Angebot der Kindertagesbetreuung weiterentwickeln und fördern und das Programm „Sprach-Kitas“ weiterentwickeln und verstetigen.“

Eine Sprecherin des Bundesfamilienministeriums hatte am Montag erklärt, der Bund unterstütze die Länder seit Jahren „massiv“ mit Förderprogrammen im Kitabereich. Diese seien jedoch immer befristet, da die Zuständigkeit für die Kindertagesbetreuung bei den Ländern liege. Nach elf Jahren Finanzierung des Programms „Sprach-Kitas“ und dem Kompetenzaufbau in der Fläche gingen die geschaffenen Strukturen und Ansätze nun in die Verantwortung der Länder über. Nach Angaben des Ministeriums ist bundesweit etwa jede achte Kindertagesstätte eine Sprach-Kita. Davon profitierten mehr als 500.000 Kinder und ihre Familien.

Ministerium verweist auf das Gute-Kita-Gesetz

Das Ministerium reagierte auf die Kritik auch mit Verweis auf das sogenannte Gute-Kita-Gesetz, das eigentlich nur bis Ende dieses Jahres laufen sollte. Über das Gesetz würden auch in den kommenden beiden Jahren jeweils bis zu zwei Milliarden Euro bereitgestellt.

Das Geld können die Länder zum Beispiel in mehr Erzieherstellen, eine bessere Bezahlung des Personals, längere Öffnungszeiten oder auch in die Neugestaltung von Räumen und Spielflächen investieren. Der Ministeriumssprecherin zufolge können die Mittel aber auch für die Fortführung des Sprach-Kita-Programmes genutzt werden. „Es liegt an den Ländern, welche Priorität sie im Bereich der frühkindlichen Bildung setzen und ob sie die Sprachförderung streichen oder nicht.“

Das Gute-Kita-Gesetz, wie es die einstige Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) getauft hatte, soll nach den Plänen der Ampel-Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode zu einem „Qualitätsentwicklungsgesetz“ weiterentwickelt werden. Die Sprachförderung soll dort nach Ministeriumsangaben ein zentrales Handlungsfeld sein. (dpa/red)



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