Heikel: SPD nennt zentrale Forderung zur Regierungsbildung

Die SPD will seit Jahren das Kooperationsverbot in der Bildung abschaffen, die "Jamaika-Verhandlungen" scheiterten unter anderem an dieser Frage. Bildung ist in Deutschland Ländersache, dezentrale Bildungspolitik setzt Politiker unter Druck - an der Wahlurne.
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SPD-LogoFoto: Steffi Loos/Getty Images
Von 26. Dezember 2017

CDU, CSU und SPD beginnen ihre Sondierungsgespräche offiziell am 7. Januar. Hubertus Heil, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion, nannte vorab eine „zentrale Forderung der SPD“. Die SPD fordert, das Kooperationsverbot in der Bildungspolitik aufzuheben.

Hubertus Heil (Quelle: „Businessinsider“):

Ich kann mir nicht vor­stel­len, dass es eine Unter­stüt­zung der SPD für eine neue Bun­des­re­gie­rung gibt, ohne dass wir das Koope­ra­ti­ons­ver­bot abschaf­fen.

Auch Martin Schulz legte sich auf die Abschaffung des Kooperationsverbotes fest.

Die Jamaika-Verhandlungen von Union, FDP und Grüne waren unter anderem an diesem Punkt gescheitert, schreibt der „Businessinsider“.

Die Union hält am Kooperationsverbot fest. Auffällig in der unterschiedlichen Bildungspolitik der Bundesländer ist, dass die CDU-geführten Bundesländer wie Bayern, Sachsen oder Schleswig-Holstein im Vergleich der Bildung sehr gut abschneiden – die SPD-geführten Bundesländer eher schlecht.

Im Grundgesetz ist festgelegt, dass der Bund in Deutschland nicht in die förderale Bildungspolitik eingreifen darf, Bildung ist Sache der Bundesländer. Das Kooperationsverbot wurde nach dem 2. Weltkrieg beschlossen und basiert auf den Erfahrungen mit der Zentralisierung der Bildung in Deutschland bis 1945. Der Bund nimmt jedoch über finanzielle Mittel bereits Einfluss auf die Bildungspolitik.

Dezentale Bildungspolitik setzt Politiker unter Druck – an der Wahlurne

Jan Schnellenbach von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus schreibt zur Bildungspolitik, dass das Kooperationsverbot nützlich ist. Denn es macht Bildung vergleichbar und setzt Politiker einem Wettbewerb aus.

Eine dezentrale Bildungspolitik erlaubt vor allem, die Bildung an die regionalen und lokal unterschiedlichen Bedingungen anzupassen.

„Sie setzt die Politiker dem aus, was man yardstick competition nennt, also einem Maßstabswettbewerb. Die Bürger in Berlin beobachten, wie schlecht ihre Schulen im Verhältnis zu Bayern sind, und wenn ihnen an diesem Thema etwas liegt (was man leider nicht immer voraussetzen kann), dann werden sie ihre Bildungspolitiker an der Wahlurne für ihre Fehlleistungen bestrafen.“

Falch und Fischer bewiesen 2012, dass Ländern in internationalen Bildungsvergleichen mit zunehmender Dezentralisierung besser abschneiden, auch in einer OECD-Studie konnte dieser Zusammenhang durch Fredriksen (2013) nachgewiesen werden.

Ohne Bildungswettbewerb sinkt das Niveau

Jan Schnellenbach erklärt: „Die Forderung der SPD nach Zentralisierung und Aufhebung des Kooperationsverbotes unterminiert nicht nur den deutschen Föderalismus, was für sich genommen schon schlimm genug wäre. Vielmehr ist diese Forderung nicht einmal sinnvoll im Hinblick auf das proklamierte Ziel, die Bildungsqualität in Deutschland nachhaltig zu verbessern“

Denn es ist zu befürchten, dass „wir uns ohne föderalen Wettbewerb nicht etwa auf dem Niveau von Bayern wiederfinden, sondern nach unten nivelliert, auf dem Niveau von Bremen, NRW oder gar Berlin.“

Das SPD-Dokument der „Nationalen Bildungsallianz“

Die SPD gab 2015 ein Papier mit 11 Kernpunkten heraus, die die „Nationale Bildungsallianz“ aufzeigen sollen. Ein Blick in das Dokument zeigt, dass die Bildungsallianz mit der Migration begründet wird.

So sei jeder vierte Migrant unter 16 Jahren alt. Die Kultusministerkonferenz prognostiziert, dass damit zusätzlich mindestens rund 325.000 schulpflichtige Kinder und Jugendliche in die Schulen kommen [2015].

Jedoch seien Kindergärten, Schulen und Berufsschulen weder quantitiv noch qualitativ darauf vorbereitet. Es reiche nicht, so weiterzumachen wie bisher. Deshalb müsse sich das Bildungssystem neu aufstellen und wachsen.

Wir brauchen mehr Kita-Plätze, bessere frühkindliche Bildung, mehr Ganztagsplätze an Grundschulen, mehr Schulsozialarbeit und vor allem mehr qualifizierte Betreuungs- und Lehrkräfte und Unterstützungsangebote in unseren Bildungseinrichtungen.“

Die SPD fordert auf Grund der Migration eine bildungspolitische Wende und schreibt: „Der gesellschaftliche Mehrwert der bildungspolitischen Wende ist vielversprechend. Denn von den Maßnahmen für ein nachhaltiges besseres Bildungssystem profitieren eben nicht nur die Flüchtlinge und ihre Kinder, sondern alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen im Bildungswesen, ihre Eltern und Familien, das Lehr- und Betreuungspersonal und nicht zuletzt die Wirtschaft.“

Die 11 Bausteine der „Nationalen Bildungsallianz“ der SPD im Original

Zitiert nach Hubertus Heil, SPD, 2015:

  1. Das Kooperationsverbot im Grundgesetz ist ein in Verfassungstext gegossener Irrtum und muss abgeschafft werden. Wir können uns es nicht mehr leiten, dass der Bund nur bei Naturkatastrophen oder Finanzkrisen in Schulen investieren darf.

     

  2. Wir brauchen eine Qualitätsoffensive für die frühkindlichen Bildung, auch um spezifische Integrationsbedürfnisse besser aufnehmen zu können. Hierzu zählen mehr Sprachangebote ebenso wie u.a. soziales und interkulturelles Lernen. Das Sprach-Kitaprogramm des Bundes muss mindestens verdoppelt werden.

     

  3. Eine zentrale Maßnahme ist ein zweites Ganztagsausbauprogramm, das sich insbesondere an die Grundschulen richtet. Gerade in den ersten Schuljahren brauchen Integrationsangebote mehr Zeit und Raum, um soziale Selektion und Segregation gar nicht erst entstehen zu lassen. Ein mögliches Ziel wäre den Anteil der Grundschüler und -schülerinnen, die an Ganztagsangeboten teilnehmen, von derzeit 30 auf 50 Prozent zu heben. 

     

  4. Überfällig ist der flächendeckende Ausbau der Schulsozialarbeit an allen Schulen, so dass sie alle Schüler und Schülerinnen, alle Eltern und alle Lehrkräfte erreichen kann. Gerade mit Hinblick auf die besonderen Integrationserfordernisse sind die psychologischen und sozialpädagogischen Hilfen und Leistungen einer systematischen und unterstützenden Schulsozialarbeit unverzichtbar.

     

  5. Der erfolgreiche Spracherwerb ist der Schlüssel. Deshalb ist es gut, dass die Integrationskurse für Asylbewerber mit Bleibeperspektive geöffnet wurden. Hochschulen sollten beim Ausbau von Sprachförderangeboten ebenfalls unterstützt werden, weil Studienkollegs quantitativ nicht ausreichend sind. Hierbei können der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) und die Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH) sowie die Stiftungen insgesamt einen wichtigen Beitrag leisten.

     

  6. Die Potenziale der Berufsschulen für die Integration durch Bildung und im Vorfeld einer Beruflichen Ausbildung sind stärker in den Blick zunehmen. Gerade für Jugendliche und junge Erwachsene, die nicht mehr schulpflichtige sind, bieten sie eine wichtige Brücke, um Spracherwerb und erste praktische Erfahrungen im schulischen Umfeld und in den Ausbildungswerkstätten mit externen Betriebspraktika wie z.B. der Einstiegsqualifizierung der BA zu verbinden. So kann schrittweise der Übergang in eine reguläre Duale Berufsausbildung besser gelingen. Die Berufsschulen sind für diese Brückenfunktion besser auszustatten.

     

  7. Die Nachqualifizierung junger Erwachsener ist entscheidend für ihre Integration. Die beschlossene Ausweitung der Sprachkurse und der Berufsnachqualifizierung durch das BMAS ist ein richtiger erster Schritt. Wer aber Qualität sichern will, muss gerade bei der Ausweitung der Integrationskurse eine angemessene Vergütung sicherstellen. Auch muss das Angebot an „Integrationskurse für junge Erwachsene“ ausgebaut werden, um deren Integration in die duale Ausbildung zu stärken.

     

  8. Eine erfolgreiche Bildungsintegration muss sich auch lohnen. Menschen, die bei uns erfolgreich eine Berufsausbildung oder die Hochschule absolviert haben, müssen ohne Wenn und Aber ein Dauerbleiberecht erhalten. Duldungen sollten zudem in eine Aufenthaltserlaubnis für die gesamte Ausbildungsdauer umgewandelt werden, um überflüssige Bürokratie abzubauen.

     

  9. Die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse (Berufsanerkennungsgesetz) muss auf die neuen Anforderungen hin neu ausgerichtet werden. Auch hier ist die Stärkung der Zentralstelle für ausländische Bildungswesen in Köln ein erster Schritt. Noch wichtiger wäre aber ein „Einstiegs-Darlehen“, mit dem die soziale Abfederung der Verfahrens- und Maßnahmekosten, angemessene Unterhaltsleistungen bei erforderlichen Anpassungsqualifizierungen und vor allem eine flächendeckende Betreuung und Begleitung der Menschen vor Ort während des ohnehin komplizierten Verfahrens gesichert werden könnte.

     

  10. Die Alphabetisierungs-Initiative von Bund und Ländern und die Alpha-Dekade, die für die bereits in Deutschland lebenden rund 7,5 Mio. funktionale Analphabeten in den nächsten 10 Jahren rund 180 Mio. Euro zur Verfügung stellt, muss angesichts der neuen Herausforderungen neu dimensioniert werden. Eine Konkurrenz der Zielgruppen darf es nicht geben.

     

  11. Wir müssen die mitgebrachten Qualifikationen und Kompetenzen der Flüchtlinge so früh wie möglich erfassen, am besten bei der Registrierung oder der Erstaufnahme, spätestens beim der Antragstellung auf Asyl. Nur so ist eine fundierte, evidenzbasierte Politik möglich, also können Maßnahmen sinnvoll auf Zielgruppen ausgerichtet und in ihrem erforderlichen Umfang bestimmt werden.

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