Hessens Innenminister verteidigt „Stillschweigen“ über mutmaßlich rechtsextreme Polizisten

"Polizisten haben mit beiden Beinen fest auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu stehen", erklärte Beuth nach der von der Linksfraktion beantragten Befragung im Ausschuss. Er erwarte von jedem Polizisten, extremistisches Gedankengut "zu erkennen" und ihm "entschlossen entgegenzutreten".
Epoch Times19. Dezember 2018

Der Innenminister Hessens, Peter Beuth, hat die Geheimhaltung von Ermittlungen gegen fünf mutmaßlich rechtsextreme Polizisten verteidigt. Man habe sicherstellen müssen, dass die Untersuchung sicher hätte durchgeführt werden können, sagte Beuth nach einer Anhörung im Hessischen Innenausschuss am Mittwoch.

„Dafür war, in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft, dafür Sorge zu tragen, dass ansonsten Stillschweigen gewahrt bleibt. Einfach um die Ermittlungen in diesem Verfahren zu sichern.“

Beuth sollte im Innenausschuss darüber berichten, ob er die Berichterstattung über die Ermittlungen bestätigen kann und seit wann ihm die Sachverhalte bekannt sind. Hermann Schaus, Ausschuss-Mitglied der Partei Die Linke, hatte am Morgen zu Reuters TV gesagt, man kenne zu den Vorgängen bisher nur Informationen aus der Presse.

Janine Wissler, Linken-Fraktionsvorsitzende, berichtete nach der Sitzung: „Das ist so ein bisschen meine Befürchtung, dass, wenn ein Innenminister das nicht für nötig hält, nach einer NSU-Mordserie über eine Morddrohung im Namen einer NSU 2.0 den Landtag zu informieren, ist meine Befürchtung, dass das hier nicht ernst genug genommen wird.“

Schonungslose Konsequenzen

In der Affäre um mögliche rechtsextreme Netzwerke in der hessischen Polizei hat der Landesinnenminister Aufklärung und schonungslose Konsequenzen zugesichert. „Wir werden jedem auch noch so geringen Verdachtsmoment nachgehen – und sollten sie sich bestätigen, Straftaten oder Fehlverhalten mit aller Härte ahnden“, erklärte Beuth am Mittwoch nach der Sitzung des Innenausschusses des Landtags in Wiesbaden.

„Polizisten haben mit beiden Beinen fest auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu stehen“, erklärte Beuth nach der von der Linksfraktion beantragten Befragung im Ausschuss. Er erwarte von jedem Polizisten, extremistisches Gedankengut „zu erkennen“ und ihm „entschlossen entgegenzutreten“.

Sechs Polizeibeamte aus Frankfurt am Main, Darmstadt sowie Wetter und Kirtorf im Landkreis Marburg-Biedenkopf werden verdächtigt, rechtsextreme Chatnachrichten ausgetauscht zu haben. Dabei sollen sie auch im Zusammenhang mit einem Drohschreiben an die Anwältin Seda Basay-Yildiz stehen, die Nebenklagevertreterin im NSU-Prozess war. Die fünf Polizeibeamten waren der Dienstgeschäfte enthoben worden.

Der Innenexperte der Linksfraktion im hessischen Landtag, Hermann Schaus, kritisierte die Informationspolitik der Landesregierung. Alle Erkenntnisse zu den Vorgängen stammten bisher aus der Presse. „Mein Verdacht ist, dass seitens des Ministeriums bis heute vertuscht wird“, sagte Schaus im Südwestrundfunk.

Nach Angaben des hessischen Innenministeriums vom Mittwoch waren die Ermittlungen durch die Anzeige der Rechtsanwältin ins Rollen gekommen, die Anfang August ein mit „NSU 2.0“ unterzeichnetes Fax erhalten hatte, in dem die Ermordung ihrer zweijährigen Tochter angedroht wurde. Wer das Schreiben verschickte, ist demnach bislang allerdings noch ungeklärt. Polizei und Staatsanwaltschaft begannen danach mit Ermittlungen, die absichtlich verdeckt geführt wurden.

Das Fax enthielt öffentlich nicht zugängliche Informationen zu der Juristin, die laut Ermittlungen der Polizei aus der Abfrage aus dem internen Auskunftssystem der Frankfurter Polizei stammen könnten. Tatsächlich wurde ein Zugriff einem Frankfurter Beamten zugeordnet, auf dessen privatem Mobiltelefon bei einer Durchsuchung dann der fragliche Chatverkehr gefunden wurde. An diesem beteiligten sich im Rahmen einer Chatgruppe fünf männliche und weibliche Polizisten.

Bei den weiteren Ermittlungen identifizierten die Ermittler laut Ministerium weitere Menschen, die zeitweise der Gruppe angehörten. Darunter waren zwei weitere Beschuldigte, von denen einer ebenfalls Polizist ist. Alle sechs verdächtigen Beamten wurden vom Dienst suspendiert. Die Ermittlungen laufen weiter und werden inzwischen von einer speziellen Arbeitsgruppe des Landeskriminalamts geführt.

Seehofer fordert hartes Vorgehen gegen Extremisten

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) forderte angesichts der Ereignisse in Hessen ein hartes Vorgehen gegen Extremisten in den Reihen der Polizei. Jeder, der im öffentlichen Dienst wichtige Funktionen für die Bürger bekleide, müsse „ohne jeden Zweifel auf der Grundlage unserer Verfassung stehen“, sagte er in Berlin. „Da gibt es überhaupt keine Kompromisse.“ Wenn dies nicht der Fall sei, müssten betroffenen Stellen „ganz konsequent handeln“.

Der ebenfalls als Nebenklagevertreter aus dem NSU-Prozess bekannte Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler forderte eine schärfere Kontrolle von Polizeianwärtern. Nötig sei eine Sicherheitsüberprüfung, sagte Daimagüler den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Bisher werde in den meisten Ländern seiner Kenntnis nach nur das Vorstrafenregister abgefragt. Es müsse aber Nachforschungen zu problematischen politischen Aktivitäten geben.

Die hessischen Regierungsfraktionen von CDU und Grünen sicherten nach der Ausschusssitzung in Wiesbaden ebenfalls ein konsequentes Vorgehen zu. „Wer die freiheitlich demokratische Grundordnung nicht achtet, für den ist in den Reihen der Polizei kein Platz“, erklärte der innenpolitische Sprecher der Grünen, Jürgen Frömmrich. Es sei gut, dass Polizei und Staatsanwaltschaft nach dem bisherigen Stand der Dinge von Anfang an „professionell und akribisch“ ermittelten.

(afp/reuters)



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