In der SPD wächst Widerstand gegen große Koalition

Die SPD hadert massiv mit einer erneuten großen Koalition. Führende Genossen wollen lieber eine Minderheitsregierung, bei der Kanzlerin Angela Merkel sich aber für jedes Projekt Mehrheiten suchen muss.
Titelbild
"No Groko"Foto: Steffi Loos/Getty Images
Epoch Times9. Dezember 2017

In der SPD wachsen vor den Gesprächen mit der Union die Vorbehalte gegen eine erneute große Koalition. „Ich plädiere dafür, andere Wege als eine Neuauflage von Schwarz-Rot zu suchen.“

Das sagte die neue stellvertretende SPD-Vorsitzende und Landeschefin in Bayern, Natascha Kohnen, der „Passauer Neuen Presse“. Die SPD müsse mutig sein. „Dazu gehört es, intensiv über eine Minderheitsregierung zu diskutieren und uns nicht einfach wieder vor den Karren von Bundeskanzlerin Angela Merkel spannen zu lassen.“ Dabei müsste sich Merkel aber für jedes Projekt Mehrheiten im Bundestag suchen – die Kanzlerin lehnt das als zu unsicher ab.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer hält die Tolerierung einer CDU/CSU-Minderheitsregierung durch die SPD für die beste Lösung. Dreyer, die mit dem besten aller Ergebnisse vom Parteitag zur Bundesvize aufgestiegen ist, sagte der „Allgemeinen Zeitung Mainz“: „Ich präferiere nach wie vor ein Tolerierungsmodell.“ Sie könne sich sehr gut vorstellen, mit der Union einen Tolerierungsvertrag über Politikfelder zu schließen, auf denen eine breite Stimmenmehrheit unerlässlich sei, zum Beispiel über Europa-Themen und die Außenpolitik.

Am Donnerstag hatte der SPD-Bundesparteitag in Berlin beschlossen, ergebnisoffen in Gespräche mit der Union zu gehen. Am Samstag endet der Parteitag mit weiteren Beratungen. Anschließend starten der Parteivorsitzende Martin Schulz und Fraktionschefin Andrea Nahles die Vorbereitung für die mit Spannung erwarteten Gespräche mit CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer am Mittwoch in Berlin. Nach ersten Gesprächen könnte der Vorstand am 15. Dezember Sondierungsgespräche mit der Union beschließen, über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen müsste ein Sonderparteitag, wahrscheinlich Mitte Januar, entscheiden.

„Jetzt liegt es an der Kanzlerin“, sagte der neue SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil der „Rhein-Neckar-Zeitung“. „Sie muss klarmachen, dass sie mit uns über Inhalte reden will und bereit ist, verloren gegangenes Vertrauen wieder herzustellen.“ Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) sagte der „Rheinischen Post“: „Aus unserer staatspolitischen Verantwortung heraus müssen wir nun dafür sorgen, dass die Gespräche mit der SPD zu einer Regierung führen, die das Land vier Jahre stabil regiert und in der Sache Entscheidungen trifft, die das Land voranbringen.“ Diese Entscheidungen müssten in einem überschaubaren Zeitraum getroffen werden.

Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Parteikreisen erfuhr, könnte der SPD-Sonderparteitag im neuen Jahr wie der aktuelle Parteitag in der Berliner Messehalle „CityCube“ stattfinden. Aus Kostengründen ist im Gespräch, die Bühne in den nächsten Wochen einfach stehenzulassen und dann im Januar für den Sonderparteitag wieder zu nutzen. Als mögliche Termine dafür werden der 13. oder 14. Januar gehandelt.

Gespräche mit der Berliner Messe laufen – aber es ist unklar, ob man die Aufbauten einfach stehen lassen kann, was einige hunderttausend Euro sparen könnte. Normalerweise kostet so ein Parteitag rund eine Million Euro. In der Partei gibt es aber Zweifel, ob bis Mitte Januar die Zeit reicht, damit Parteichef Martin Schulz und Fraktionschefin Andrea Nahles mit den Spitzen der Union ausloten können, welche Punkte in einer gemeinsamen Koalition durchgesetzt werden könnten.

Am Ende sollen die rund 440 000 SPD-Mitglieder per Briefwahl über einen möglichen Koalitionsvertrag abstimmen, das könnte zwei bis drei Wochen dauern und rund zwei Millionen Euro kosten. Es wird damit gerechnet, dass eine Regierung nicht vor März stehen könnte. (dpa)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion