Radikal linke Bürgerinitiative will alle Immo-Konzerne und tausende Wohnungen in Berlin enteignen

Die Initiative "Deutsche Wohnen und Co. enteignen" will erreichen, dass der Berliner Senat private Wohnungsgesellschaften mit mehr als 3000 Wohnungen enteignet.
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Foto: Kay Nietfeld/dpa
Epoch Times14. Juni 2019

Die Mietpreise in Berlin steigen seit Jahren massiv an. Eine Bürgerinitiative will radikal dagegen vorgehen. Sie plant, alle größeren Immobilienkonzerne zu enteignen. Eine erste Hürde nahmen die Organisatoren am Freitag. Sie übergaben der Innenbehörde 77.000 Unterstützungsunterschriften für ihren Antrag. Bis zu einem möglichen Volksbegehren ist es allerdings noch ein weiter Weg.

Was ist das Ziel der Initiative?

Die Initiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ will erreichen, dass der Berliner Senat private Wohnungsgesellschaften mit mehr als 3000 Wohnungen enteignet. Sie argumentiert mit Bestimmungen des deutschen Grundgesetzes und der Berliner Landesverfassung.

Das Grundgesetz lässt in Artikel 15 die Vergesellschaftung von „Grund und Boden, Naturschätzen und Produktionsmittel“ gegen Entschädigung generell zu. Die Berliner Verfassung garantiert „das Recht auf angemessenen Wohnraum“ und verbietet „Missbrauch wirtschaftlicher Macht“, aber ohne konkreten Bezug zu Enteignungen.

Die Initiative kritisiert vor allem Stellung und Geschäftspraxis von großen Immobilienkonzernen auf dem Berliner Immobilienmarkt. Besonders zielt sie auf das Unternehmen Deutsche Wohnen. Es besitzt in Berlin mehr als 110.000 Mietwohnungen. In der deutschen Hauptstadt gab es 2018 insgesamt rund 1,64 Millionen Mietwohnungen.

Was würde im Falle einer Enteignung mit den Wohnungen passieren?

Die Initiative will keine Verstaatlichung. Der Bestand der Firmen soll in eine Anstalt öffentlichen Rechts überführt werden, die von Mietern und direkt gewählten Vertretern der „Stadtgesellschaft“ verwaltet wird. Sie sieht darin auch eine „neue, demokratisch-solidarische Wirtschaftsform“ ohne kommerzielles Gewinninteresse.

Was würde das Vorhaben kosten?

Da ist heftig umstritten. Der Senat legte im März eine Schätzung vor, wonach die gesetzlich erforderliche Entschädigung für die Eigentümer etwa 28,8 bis 36 Milliarden Euro kosten dürfte. Die Initiative hält mit einer eigenen Berechnung dagegen, die von einer Summe zwischen rund acht und 14 Milliarden Euro ausgeht.

Wäre eine Enteignung überhaupt rechtens?

Auch das wird äußerst kontrovers diskutiert. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen ließ ein Rechtsgutachten erstellen, wonach diese verfassungswidrig wäre – unter anderem aufgrund der im Grundgesetz garantierten Eigentumsfreiheit. Das Gutachten kritisiert auch die hohen Kosten für die öffentliche Hand.

Vom Berliner Senat beauftragte Juristen äußerten sich in ihren Stellungnahmen vorsichtiger, allerdings ebenfalls skeptisch. Das Grundgesetz erlaube zwar eine Vergesellschaftung von Wohnungen. Bislang hätten aber weder Bund noch Länder von dieser Bestimmung Gebrauch gemacht. Eine Wohnungsenteignung in Berlin wäre also ein Präzedenzfall mit allen damit verbundenen rechtlichen Risiken.

Die Juristen wiesen außerdem auch darauf hin, dass ein solcher Schritt rechtlich aus Gründen der Verhältnismäßigkeit wohl nur erlaubt wäre, wenn er „erforderlich“ ist. Es müsste also geklärt werden, ob eine Vergesellschaftung tatsächlich zu mehr günstigen Wohnraum führt oder sich dies nicht auch anders erreichen ließe.

Was sagt die Deutsche Wohnen?

In einem Gastbeitrag für den „Tagesspiegel“ kritisierte Deutsche-Wohnen-Chef Michael Zahn, bereits im Frühjahr, dass „Lamentieren, Diffamieren oder Enteignen“ keinem einzigen Mieter helfe. Er sieht das Hauptproblem in Wohnraumknappheit. Aktivistengruppen hätten mit privaten Gesellschaften nur die „vermeintlichen Übeltäter“ ausgemacht.

Wie geht es weiter?

Bis zu einem möglichen Volksbegehren ist es noch ein weiter Weg. Zunächst muss nun die Innenbehörde die Zulässigkeit des Antrags prüfen, dann wäre als nächstes das Berliner Abgeordnetenhaus am Zug. Das Berliner Landesparlament hätte vier Monate Zeit, über die Forderung zu beraten und diese gegebenenfalls selbst aufzugreifen.

Tut es das nicht, dürften die Initiatoren dann die Durchführung des Volksbegehrens verlangen. Dafür müssten sie dann binnen vier Monaten 170.000 Unterschriften einsammeln. Erreichen sie auch diese Marke, würde dann der eigentliche Volksentscheid folgen. Dabei müssten mindestens 613.000 Wahlberechtigte mit Ja stimmen. (afp)



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