Mächtige Kartelle investieren in Europa
Interpol: Global gegen Organisierte Kriminalität vorgehen
Es fehlt ein globales Lagebild zur Organisierten Kriminalität: Mexikos Drogenkartelle sind nicht nur reich, sondern auch aggressiv. Interpol warnt vor Dependancen in Europa – sie investieren in die legale Wirtschaft, unterwandern gesellschaftliche Bereiche, infiltrieren staatliche Verwaltungen und den politischen Sektor.

Interpol sieht große Gefahren für Europa durch die Organisierte Kriminalität.
Foto: Wallace Woon/epa/dpa/dpa
Der scheidende Interpol-Generalsekretär mahnt zu mehr Entschlossenheit im Kampf gegen Organisierte Kriminalität. „Das ist ein Thema nationaler Sicherheit“, sagte Jürgen Stock dem „Stern“. Die internationale Staatengemeinschaft müsse den Kampf gegen kriminelle Netzwerke „politisch höher priorisieren“.
Globale kriminelle Netzwerke gegen national organisierte Polizei
Der Kampf gegen Organisierte Kriminalität erfordere mehr internationale Zusammenarbeit und zentrale Koordinierung als bisher, erklärte Stock. Kriminelle Netzwerke agierten global, Polizeiarbeit aber sei nationalstaatlich organisiert – ein globales Lagebild fehle.
Es gebe „viele Informationssilos, deren Inhalte wir zentral zusammenführen müssen, national, regional und global“. Die Arbeit von Interpol sei in dieser Hinsicht wichtiger denn je – als zentrale Stelle, an der Informationen aus der ganzen Welt gesammelt werden, um ein Gesamtbild zu erstellen und daraus Ermittlungsansätze abzuleiten.
Stock ist seit 2014 Generalsekretär von Interpol und will die Geschäfte in der kommenden Woche an seinen Nachfolger übergeben.
Auf die Frage, ob er am Ende seiner zweiten Amtszeit mit größerer Sorge in die Zukunft blicke als am Anfang seiner ersten, sagte Stock: „Definitiv.“ Organisierte Kriminalität werde überall auf der Welt mächtiger und gefährlicher.
Mexikanische Kartelle investieren in Europa
Die exorbitanten Gewinne im globalen Kokaingeschäft führten einerseits zu immer gewalttätigeren Verteilungskämpfen und andererseits zu neuen weltumspannenden Allianzen krimineller Gruppierungen, erklärte er.
Die mexikanischen Kartelle etwa unterhielten längst Dependancen in Europa. Die Organisierte Kriminalität, so Stock, investiere illegale Erlöse in die legale Wirtschaft, unterwandere gezielt gesellschaftliche Bereiche, infiltriere staatliche Verwaltungen und den politischen Sektor.
Das Ausmaß der Korruption sei auch in Westeuropa „enorm“, das hätten die Analysen von Interpol bestätigt.
„Das ist neben offener Gewalt der destabilisierende Effekt von Organisierter Kriminalität – und begründet meine Sorge, dass wir den Kampf verlieren könnten, wenn wir uns dem nicht wirksamer entgegenstellen“, sagte Stock.
Den Anfängen wehren
„Wo immer solche kriminellen Strukturen auftauchen, müssen wir ihnen massiv und nachhaltig Kräfte entgegensetzen.“ Sonst verfestige sie sich, fürchtet er. „Dann wird es wirklich schwierig, sie noch zurückzudrängen.“
Interpol wurde 1923 gegründet und hat inzwischen 196 Mitgliedsstaaten. Die internationale Organisation fungiert mit seinen 19 Datenbanken vor allem als Informationsdrehscheibe für seine Mitgliedsstaaten.
Zudem koordiniert sie die Zusammenarbeit nationaler Ermittler – ist jedoch an das Prinzip nationaler Souveränität gebunden und darf in den Mitgliedsstaaten keine selbstständigen Ermittlungen anstellen oder Festnahmen durchführen. (dts/red)
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