Logo Epoch Times
Nahost-Konflikt und deutsche Außenpolitik

Israels Premier wirft Merz Einknicken unter „falschen TV-Berichten“ vor

Nach der Ankündigung von Kanzler Friedrich Merz, bestimmte Waffenlieferungen an Israel einzustellen, reagierte Premierminister Benjamin Netanjahu demonstrativ gelassen – aber mit deutlicher Kritik. Israel werde den Krieg gegen die Hamas notfalls allein fortsetzen und gewinnen. Merz stehe unter starkem innen- und außenpolitischem Druck.

top-article-image

Vor seiner Wahl zum Kanzler traf Merz Israels Ministerpräsidenten Netanjahu. Inzwischen kritisiert er dessen Politik scharf. (Archivbild)

Foto: Kobi Gideon/GPO/dpa

author-image
Artikel teilen

Lesedauer: 6 Min.


In Kürze:

  • Netanjahu kritisiert Merz für „Einknicken“ unter Druck von Medien und politischen Gruppen.
  • Israel werde Krieg gegen Hamas bis zum Ende führen, notfalls ohne deutsche Unterstützung.
  • Merz präzisierte die Entscheidung: Einschränkung gilt nur für Waffen mit möglichem Gaza-Einsatz.
  • Kritiker sehen Zugeständnisse an antisemitische Kräfte in Deutschland.

 
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat gelassen auf die Ankündigung des deutschen Bundeskanzlers Friedrich Merz (CDU) reagiert, bestimmte Waffenlieferungen an Israel einzustellen. Er erklärte, er respektiere Merz, der bisher „ein enger Freund Israels“ gewesen sei. Allerdings stehe er offenbar unter großem Druck. Bei einer seltenen Pressekonferenz für internationale Medien äußerte Netanjahu am Sonntag, 10. August:
„Ich denke, er ist unter dem Druck falscher TV-Berichte und verschiedener interner Gruppierungen eingeknickt.“
Mögen einige sich auch dazu entscheiden, den 7. Oktober 2023 zu vergessen, werde Israel dies nicht tun. Man werde „alles Erforderliche tun, um unser Land, unser Volk und unsere Zukunft zu verteidigen“. Israel werde den Krieg „mit oder ohne Unterstützung durch andere“ gewinnen.

Mit Klick auf den folgenden Button stimmen Sie zu, dass der Inhalt von twitter geladen wird.

Netanjahu: Wenn wir gewinnen, wird auch Merz wieder umschwenken

Wie Netanjahu weiter sagte, würden europäische Führer sich unter vier Augen anders äußern als in der Öffentlichkeit. Sie würden ihm gegenüber „immer und immer wieder“ betonen:
„Schau mal, wir wissen, dass du im Recht bist, aber wir können uns nicht gegen die öffentliche Meinung in unserem Land stellen.“
Man habe es im Fall der Hamas jedoch mit „Neo-Nazis“ zu tun, und Merz-Vorgänger Olaf Scholz habe deren Vorgehen als „genau wie die Nazis“ beschrieben – „was sie auch sind“. Israel werde den Krieg gegen die Hamas nicht beenden, bevor man nicht deren Herrschaft beendet habe, fügte Netanjahu dazu.
Der Premierminister sagte auch, er hoffe, dass Merz seine Position ändern werde, er glaube aber auch daran, dass dies geschehen werde. Wörtlich sagte der Premier:
„Wir werden tun, was wir tun müssen, und ich hoffe, er wird seine Politik ändern. Und wisst ihr, wann er seine Politik sicher ändern wird? Wenn wir gewinnen.“

CSU: Wurden nicht informiert und halten Entscheidung für „bedenklich“

Noch im Januar hatte Merz im Wahlkampf versprochen, Israel werde „alles, was Israel zur Ausübung seines Selbstverteidigungsrechts benötigt, auch bekommen“. Am Freitag, 8. August, äußerte der Kanzler hingegen, das Kabinett habe sich entschieden, „keine Waffen mehr zu liefern, die diesen Konflikt betreffen“.
Anlass sei die Entscheidung von Israels Sicherheitskabinett, den Militäreinsatz im Gazastreifen auszuweiten und dabei die Kontrolle über Gaza-Stadt zu übernehmen. Während aus den Reihen von SPD, Grünen, Linkspartei und AfD Unterstützung für die Ankündigung von Merz kam, gab es in den eigenen Reihen teils heftige Kritik. Vor allem aus der CSU hieß es, der Kanzler habe diese Entscheidung im Alleingang getroffen. Landesgruppenchef Alexander Hoffmann äußerte, die CSU sei nicht an dieser Entscheidung beteiligt worden, und man halte sie für „bedenklich“.
Eine Kehrtwende will Merz in seiner Ankündigung jedoch nicht sehen. Deutschland sei „kein Vermittler“ in dem Konflikt, sondern stehe an der Seite Israels. So sei man immerhin nicht bereit, das EU-Assoziierungsabkommen oder die Handelsbeziehungen mit Israel auszusetzen. Man werde jedoch „nicht Waffen liefern in einem Konflikt, der jetzt ausschließlich versucht wird, mit militärischen Mitteln gelöst zu werden“, äußerte Merz.
In den sozialen Medien löste dies kritische Anmerkungen aus – schließlich setze der Kanzler im Ukraine-Krieg vorwiegend auf Waffenlieferungen.

Hat Merz den Waffenstopp aus Angst um innere Sicherheit verfügt?

In einem Sechs-Punkte-Papier präzisierte Merz nun seine Position und signalisiert, dass diese in der Praxis keine wesentlichen Auswirkungen haben werde. Waffen und Munition für die Verwendung im Gazastreifen liefere man jetzt schon nicht. Die Entscheidung über Rüstungsgüter sei „ausdrücklich auf einen möglichen Einsatz in Gaza beschränkt“.
Sie stelle „auf die derzeitigen, dort herrschenden Umstände ab“. Demgegenüber werde man „Rüstungsgüter der Luft- und Seeverteidigung, die zentral für die Selbstverteidigung Israels sind“, weiterhin liefern.
In der „Jüdischen Allgemeinen“ kritisierte Chefredakteur Philipp Peyman Engel, Merz führe das faktische „stille Waffenembargo“ weiter, das die Grünen-Minister Robert Habeck und Annalena Baerbock in der Zeit der Ampelkoalition praktiziert hätten.
Für Irritationen sorgte auch eine Formulierung in dem Schreiben des Kanzlers an die Fraktion. In diesem heißt es über die Strategie Israels im Antiterrorkrieg:
„Diese Eskalation trägt auch zur Verschärfung gesellschaftlicher Konflikte in Deutschland und Europa bei, die wir auch im Sinne unserer Verpflichtung gegenüber dem Staat Israel vermeiden müssen.“
Kritiker sehen darin ein Zugeständnis an antisemitische Kräfte, die seit dem 7. Oktober 2023 in Deutschland auf den Straßen mobilisieren.

Mit Klick auf den folgenden Button stimmen Sie zu, dass der Inhalt von twitter geladen wird.

Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

Aktuelle Artikel des Autors

Kommentare

Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.