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Schlusslicht bei Bildungsausgaben

IW-Studie zur Staatsquote: Deutschlands Ausgaben steigen deutlich seit Corona

Deutschland hat seit der Corona-Pandemie deutlich höhere Staatsausgaben als in den 2000er- und 2010er-Jahren. Eine neue Studie des IW Köln zeigt, wie sich die Staatsquote im europäischen Vergleich verändert hat – und in welchen Bereichen die Bundesrepublik besonders stark zulegt.

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IW-Direktor Michael Hüther (Archivbild)

Foto: David Young/dpa

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Lesedauer: 6 Min.


In Kürze:

  • Deutschlands Staatsquote liegt bei knapp 50 Prozent.
  • Sozialausgaben erreichen mit 41 Prozent der gesamten Staatsausgaben einen Spitzenwert im Vergleich.
  • Die Verwaltungsausgaben steigen deutlich – stärker als in allen Vergleichsgruppen.
  • Die Bildungsausgaben bleiben hinter allen anderen Vergleichsländern zurück.

In den Jahren ab 2006 und über weite Teile der 2010er-Jahre hatte die deutsche Staatsquote deutlich unter der 50-Prozent-Marke und auch unter dem EU-Durchschnitt gelegen. Dies geht aus der am Montag, 24. November, präsentierten Untersuchung „Öffentliche Ausgaben im internationalen Vergleich – Wo steht Deutschland im Vergleich zu seinen Nachbarregionen?“ des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) mit Sitz in Köln hervor.
Nach der Corona-Pandemie ist der Anteil der Staatsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) deutlich in die Höhe geschnellt und befindet sich auf dem aktuellen Niveau von knapp 50 Prozent. In den 2010er-Jahren hatte sie sich noch bei etwa 45 Prozent und damit etwa 4,4 Prozentpunkte unter dem EU-Durchschnitt eingependelt.

IW wollte Deutschland in Relation zu „wirtschaftlich und kulturell ähnlichen“ Ländern setzen

Deutschland hat sich bezüglich der Staatsausgaben, dem zuvor schon hohen Niveau der nordischen Staaten und dem EU-Durchschnitt angenähert. Dieser war in der jüngeren Vergangenheit auch aufgrund der hohen Staatsquoten in Ländern wie Frankreich und Italien über den meisten Vergleichsgruppen angesiedelt.
Nicht in allen herangezogenen Vergleichsgruppen, die das IW auf Grundlage wirtschaftlicher Entwicklung und kultureller Prägung herangezogen hatte, war der Trend identisch. In der Ländergruppe Österreich/Schweiz waren die Staatsausgaben in der Corona-Zeit ebenfalls angestiegen.
Allerdings war die Steigerung bei weitem nicht so hoch wie in den anderen Vergleichsgruppen. Außerdem hat sie sich mittlerweile wieder bei etwa 43 Prozent eingependelt, wobei Österreich auf 53 Prozent und die Schweiz auf 33 Prozent kommt.

Sozialausgaben: Deutschland an der Spitze

Vor allem im Bereich der sozialen Sicherung sind die Ausgaben in Deutschland besonders stark angestiegen. Fasst man diese – inklusive jenen für die Alterssicherung – zusammen, kommt Deutschland auf 41 Prozent der gesamten Staatsausgaben. Das ist der höchste Wert aller Vergleichsgruppen, wobei die nordischen Länder und Österreich/Schweiz mit jeweils 40 Prozent nicht weit dahinter liegen.
Im EU-Schnitt belaufen sich die Sozialausgaben auf 39 Prozent aller Staatsausgaben, in den Beneluxländern waren es zuletzt 38 Prozent. Anteilig am BIP waren die Sozialausgaben in den nordischen Ländern knapp vor Deutschland – mit beiden im 20-Prozent-Bereich. Im EU-Schnitt waren es 19 Prozent, Benelux und Österreich/Schweiz geben mit 18 beziehungsweise 17 Prozent anteilig weniger für ihre Sozialsysteme aus.

Verwaltungsausgaben deutlich gestiegen – im Unterschied zu anderen Ländern

Etwa die Hälfte der Sozialausgaben in Deutschland entfällt den IW-Angaben zufolge auf die Alterssicherung, womit das Land im europäischen Mittelfeld liegt. Der Auswertungszeitraum erstreckte sich von 2001 bis 2023.
Vergleichsweise hoch sind auch die Ausgaben, die der deutsche Staat für das Gesundheitswesen aufwendet. Mit 15 bis 16 Prozent an den Gesamtausgaben, die auf diesen Sektor entfallen, liegt man mit an der Spitze – zusammen mit den nordischen Ländern und Beneluxstaaten. Unter diesen Ausgaben erfasste man beispielsweise jene für ambulante und stationäre Behandlungen sowie medizinische Erzeugnisse, Geräte und Ausrüstungen.
Besonders deutlich gestiegen – auch im Vergleich mit Vergleichsgruppen – sind in Deutschland die Ausgaben für die öffentliche Verwaltung ohne Schuldendienst. Bei ihnen gab es einen Zuwachs von 7,2 Prozent im Jahr 2001 auf 11 Prozent im Jahr 2023. Deutschland entwickelte sich in diesem Segment vom Land mit dem niedrigsten zu jenem mit dem höchsten Ausgabenanteil. Dabei stieg das Volumen vor allem in den Jahren von 2006 bis 2013 deutlich an.
Die zusätzlichen Ausgaben gehen vorwiegend auf das Konto von „Exekutiv- und Legislativorganen, Finanz- und Steuerwesen, auswärtige Angelegenheiten“. In den Vergleichsgruppen war der Ausgabenanteil demgegenüber rückläufig. Auch Ausgaben für Grundlagenforschung und für Wirtschaftshilfe für das Ausland waren hier erfasst.

DGB wirft IW willkürliche Vergleiche vor

Deutliches Schlusslicht hinter allen Vergleichsgruppen ist Deutschland bei den Bildungsausgaben (zuletzt 9,2 Prozent). Immerhin sei das etwas über dem Niveau von 2001 – während der EU-Durchschnitt von 11 auf nur noch 8,6 Prozent rückläufig gewesen sei. An der Spitze standen Österreich/Schweiz und die nordischen Länder mit 12 bis 13 Prozent ihres Gesamtetats für das Bildungswesen vor den Beneluxländern mit 11 bis 12 Prozent.
Kritik an der Erhebung kommt vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Er sprach mit Blick auf die Studie von einem „Vergleich auf fragwürdiger Grundlage“. Man führe „vorwiegend Länder an, die ins gezeichnete Bild passen und bei denen Deutschland im Vergleich so wirkt, als würde es zu viel für Sozialleistungen ausgeben“. Damit wolle das arbeitgebernahe IW „das Märchen erzählen, dass der Sozialstaat in Deutschland zu teuer sei“.
Der DGB verwies auf Daten von Eurostat. Der EU-Durchschnitt für Sozialausgaben habe im letzten Jahr bei 27 Prozent gelegen. Deutschland sei mit 28,8 Prozent „gerade mal auf Rang vier“ hinter Finnland, Frankreich und Österreich gelandet. Auch der Paritätische Gesamtverband verwies darauf, dass die deutschen Sozialausgaben im Mittelfeld „bei der Alterssicherung sogar seit Jahren darunter“ lägen.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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