Jamaika-Sondierung: Das Ende „Sonntag 18 Uhr“ kann nicht eingehalten werden

Unter hohem Einigungsdruck suchen die Jamaika-Unterhändler von CDU, CSU, FDP und Grünen nach Kompromissen. Doch wollen die deutschen Bundesbürger überhaupt eine Jamaika-Koalition?
Titelbild
Jamaika-Flagge.Foto: Public Domain/Comp. EPT
Epoch Times18. November 2017

+++ Newsticker +++

Für heute sind die Gespräche beendet

CDU, CSU, FDP und Grünen haben am frühen Abend ihre Beratungen über eine Jamaika-Koalition beendet.

Morgen Vormittag sollen sie fortgesetzt und im Laufe des Tages erfolgreich abgeschlossen werden. Nach Angaben von Teilnehmern gibt es bei den Themen Landwirtschaft, Wirtschaft und Verkehr Fortschritte.

Bei der Migration sei nach wie vor das Thema Familiennachzug für Flüchtlinge der größte Brocken. Vor Beginn der Gespräche hatten alle Seiten ihre Einigungsbereitschaft betont, aber auch die Notwendigkeit, bis morgen Abend Kompromissen zu finden und eine Entscheidung herbeizuführen.

Seehofer rechnet auch morgen mit sehr langen Beratungen

CSU-Chef Horst Seehofer rechnet auch am Sonntag mit sehr langen Beratungen bei den Jamaika-Sondierungen. Die verbreitete Botschaft, die Gespräche bis 18.00 Uhr zu beenden, könne nicht eingehalten werden, sagte Seehofer am Samstag nach Abschluss einer weiteren Sondierungsrunde. Es gebe noch einen „Berg von Entscheidungen“.

Vor allem FDP-Politiker hatten zuvor davon gesprochen, die Sondierungen am Sonntag bis 18.00 Uhr abzuschließen. Die Verhandlungen von CDU, CSU, FDP und Grünen waren nach einem Misserfolg in der Nacht zu Freitag in die Verlängerung gegangen. Die Unterhändler vereinbarten einen Zeitplan bis Sonntagabend. Dann soll eine Entscheidung fallen, ob eine Jamaika-Koalition möglich erscheint.

Die meisten Konflikte im Bereich Wirtschaft scheinen beigelegt

Die Jamaika-Parteien haben nach Angaben von CDU und FDP im Bereich Wirtschaft die meisten Konflikte beigelegt.

„Wir haben beim Thema Wirtschaft im Grunde genommen eine Einigung zwischen den vier Parteien“, sagte CDU-Vize Thomas Strobl in Berlin. Man setze auf Innovation, Hochtechnologie, Digitalisierung und die „bewährten Grundprinzipien der sozialen Marktwirtschaft“.

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer hob das Bekenntnis zu einer neuen Gründerkultur auch für Start-ups hervor. Die Grünen und der CSU-Politiker Hans Michelbach widersprachen der Darstellung, dass es eine Einigung gebe.

Bei „Focus“-Umfrage sind 84 Prozent der Teilnehmer für Neuwahlen

Unter hohem Einigungsdruck suchen die Jamaika-Unterhändler von CDU, CSU, FDP und Grünen nach Kompromissen bei den Streitthemen Klimaschutz und Migration.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief alle Seiten auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Es gebe keinen Anlass für „panische Neuwahldebatten“, sagte er.

Zur Fortsetzung der Gespräche heute betonten alle Seiten ihre Einigungsbereitschaft, aber auch die Notwendigkeit, bis Sonntagabend eine Entscheidung herbeizuführen. Sollten die Differenzen nicht zu überbrücken sein, droht ein Scheitern der Verhandlungen. Dann käme es wohl zu Neuwahlen.

Offenbar sind viele Deutsche auch für Neuwahlen. Bei einer „Focus-Online“-Umfrage, zeigte sich, dass über 80 Prozent der Teilnehmer keine Jamaika-Koalition wollen.

„Focus“-Umfrage Foto: Focus-Screenshot

Bütikofer: Dobrindt will keine Jamaika-Koalition

Reinhard Bütikofer (Grüne) hat einen Schuldigen für die stockenden Sondierungsverhandlungen ausgemacht. „Der Herr Dobrindt ist jemand, über den zum Teil seine eigenen Kollegen sagen, der will es eigentlich gar nicht“, sagte Bütikofer am Samstag dem „Deutschlandfunk“ über den CSU-Generalsekretär. Er glaube auch, dass ein gewisser Wille von der CDU bestehe, Zugeständnisse zu machen.

„Aber bei der CSU sehe ich es schon ein bisschen anders“, so der Grünen-Politiker. Zum Streitthema der Migration sagte er: „Es gibt für das Grundrecht auf Asyl keine Obergrenze.“ Samstagmorgen hatten die Parteien in der Parteizentrale der CDU erneut die Sondierungsverhandlungen aufgenommen. Bis Sonntagabend, 18 Uhr, sollen sie abgeschlossen werden.

Parteien nehmen sich „Denkpause“

Im Endspurt der Jamaika-Sondierung genehmigen sich CDU, CSU, FDP und Grüne nach der Beratung der besonders heiklen Themen Klimaschutz und Asyl eine Pause für interne Beratungen. Zwei Stunden haben die Parteien am Nachmittag Zeit, um zu besprechen, ob sie mit den vorgeschlagenen Kompromissen leben können. Die Themen Klimaschutz und der Umgang mit Kohlekraftwerken sind für die Grünen besonders wichtig, die Begrenzung der Zuwanderung für die CSU.

Ab 14 Uhr ist die Verhandlungspause angesetzt. Ab 16 Uhr soll dann weiterverhandelt werden – zunächst über Wirtschaft und Verkehr, dann über Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Am Sonntag soll es dann unter anderem noch einmal um die Finanzen gehen.

Kauder pocht auf Entscheidung der Jamaika-Sondierer am Sonntag

Union und FDP schließen eine erneute Verlängerung der Jamaika-Sondierungen über das Wochenende hinaus aus. „Wir alle sind der Überzeugung, dass am Sonntag jetzt eine Entscheidung fallen muss. Es war jetzt genügend Zeit zum Sondieren“, sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) am Samstag in Berlin. „Die Menschen in unserem Land erwarten jetzt auch, dass es mal vorwärts geht“, fügte er hinzu. Kauder gab sich „nach wie vor optimistisch“.

Auch FDP-Chef Christian Lindner pochte wie schon zuvor sein Parteivize Wolfgang Kubicki auf ein Ende der Sondierungen am frühen Sonntagabend. „Sonntagabend 18 Uhr ist hier vorbei“, sagte Lindner. „Das ist dann irgendwann auch mal an ein Ende gekommen, dann muss entschieden werden. Und an diesem Wochenende wird entschieden, spätestens am Sonntag um 18 Uhr“, fügte er hinzu.

Die Jamaika-Verhandlungen waren nach einem Misserfolg in der Nacht zu Freitag in die Verlängerung gegangen. Die Unterhändler haben nun einen Zeitplan bis Sonntagabend vereinbart. Demnach soll am Samstag zunächst über das Thema Klima, ab mittags dann über das zweite große Streitthema Flüchtlinge gesprochen werden.

Lindner will Thema Bildung in Jamaika-Verhandlungen nach oben ziehen

Die FDP will in den entscheidenden Sondierungsrunden am Wochenende auch das Thema Bildung ganz oben auf die Agenda setzen. Dies sei für seine Partei „eine ganz wichtige Frage, die wir heute und morgen besprechen müssen“, sagte FDP-Chef Christian Lindner am Samstag zum Auftakt der Beratungen zwischen CDU, CSU, FDP und Grünen.

„Die Frage nach einer neuen, modernen, zeitgemäßen Bildungspolitik – dieses Thema ist bislang eher am Rande behandelt worden“, kritisierte Lindner. Er pochte insbesondere auf die von der FDP schon lange geforderte Abschaffung des Kooperationsverbots, was von der Union und insbesondere von der CSU vehement abgelehnt wird.

Es gehe um die „große Veränderung, die wir uns wünschen: mehr Verantwortung des Gesamtstaats“, sagte Lindner. Die CSU sage dazu Nein, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mache „konstruktive Angebote“. Lindner beklagte zugleich fehlende Unterstützung durch die Grünen: „Bedauerlicherweise interessieren sich die Grünen nur für Kohlekraftwerke. Die teilen eigentlich unsere Auffassung, dass eine Reform des Bildungsföderalismus notwendig ist.“

In den jüngsten Papieren der Sondierer war die Frage nach einer Grundgesetzänderung zur Durchsetzung bundeseinheitlicher Bildungsstandards strittig geblieben. Bislang verhindert das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in der Bildungspolitik unter anderem breit angelegte Investitionen aus dem Bundesetat in Schulen. (afp/dpa/dts)



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