Karlsruhe, Köln, Essen: Türkischer Wahlkampf und DITIB-Moscheen in Deutschland

In Karlsruhe entsteht eine neue Zentralmoschee der türkischen Ditib-Organisation. Inwieweit werden die religiösen Einrichtungen für politische Ziele der türkischen Regierung in Deutschland genutzt? Vieles scheint im Verborgenen zu passieren. Oder ist alles nur übertrieben?
Die Minarette der Zentralmoschee der DITIB ragen vor den Türmen des Kölner Doms in den Himmel.
Die Minarette der Zentralmoschee der DITIB vor den Türmen des Kölner Doms.Foto: Rolf Vennenbernd/dpa/Archiv
Von 15. Februar 2023

In Karlsruhe entsteht eine weitere Zentralmoschee der größten türkischen Moscheegemeinde in Deutschland, der Ditib. Gleichzeitig wirbt die türkische Regierungspartei AKP in Deutschland in Moscheegemeinden und türkischen Vereinen um Stimmen für die türkischen Wahlen am 14. Mai. Dafür organisierte die AKP-Lobbyorganisation UID (Union Internationaler Demokraten) über 1.250 Aktivitäten und Besuche von AKP-Politikern in den vergangenen eineinhalb Jahren in Deutschland.

Karlsruhes neue Zentralmoschee

Fünfstöckig, mit 4.781 Quadratmetern Nutzfläche auf einem 2.000 Quadratmeter Grundstück, soll die in traditioneller und moderner Architektur erbaute Moschee bei Fertigstellung sein. Die Kuppel endet in 17,5 Metern Höhe, nur überragt vom Minarett des Muezzins, das 28,5 Meter in die Höhe ragt. Ursprünglich sollte der Turm der neuen Zentralmoschee an der Käppelestraße in der Oststadt noch höher werden. 35 Meter waren für das Minarett geplant, doch der ehrgeizige Plan scheiterte an der Baugenehmigung. Man einigte sich schließlich.

Die Kosten für das Bauwerk werden mit rund zehn Millionen Euro angegeben, ein Kredit über 3,5 Millionen und viele Spenden sollen für die Finanzierung sorgen. Der Rohbau sollte eigentlich bereits an Weihnachten 2022 fertiggestellt sein. Doch Materialengpässe machen auch vor religiösen Bauten nicht Halt. Das für Januar geplante Richtfest verschiebe sich auf März, erklärt die „Badische Zeitung“ zum Stand der Dinge.

Im 1. Geschoss soll der Gebetsraum für 400 Personen sein. Auf dieser Etage finden auch Unterrichtsräume, eine Bibliothek, Vorstandsbüros und Familienberatung Platz, ebenso eine Cafeteria. Im 2. Geschoss wird ein spezieller Gebetsraum nur für Frauen eingerichtet. Kapazität: 200 Personen. Dort sollen auch Büros, Teestuben und die Wohnbereiche für die Religionsbeauftragten entstehen. Im obersten Stockwerk finden die Kleinsten ihren Platz im Kindergarten.

Im Untergeschoss wird die Tiefgarage angelegt. Ebenso ein Jugendzentrum, ein Mehrzwecklager und ein Leichenwaschhaus. Im Erdgeschoss soll eine Einkaufspassage mit Geschäften (Bäcker, Metzger, Friseur, Geschenke und weitere) entstehen. Ebenso sollen dort eine Bibliothek und ein Konferenzsaal für 250 Personen Platz finden – „für alle Arten von sozialen, kulturellen und pädagogischen Aktivitäten“.

Die Ditib Karlsruhe schreibt: „Ziel ist es, den Muslimen, aber auch Nicht-Muslimen in Karlsruhe und Umgebung verschiedene Dienstleistungen anzubieten.“ Das Projekt spreche „alle Altersgruppen und Menschen an, die unsere Räume für soziale Aktivitäten und für religiöse und kulturelle Bildungsangebote nutzen möchten“.

Wie „Karlsruhe Insider“ berichtet, heiße es, dass sich die Verantwortlichen einig seien, dass in der Moschee Toleranz und Offenheit herrschen, sie ein multikulturelles Zentrum werden solle.

Ob das später in der Praxis umgesetzt werden kann, muss abgewartet werden. Von außen lässt sich auch nur schwer erahnen, welche Zwänge und Machtgruppen im Hintergrund die Fäden ziehen.

Ditib – Diyanet – Erdoğan

Die Ditib unterhält in Deutschland zwei weitere Zentralmoscheen, eine an ihrem Hauptsitz in Köln und eine in Essen. Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für religiöse Angelegenheiten, wie die Organisation mit vollem Namen heißt, hat ihre Zentrale in Köln. Zu ihr gehören rund 900 Moscheen(vereine) in Deutschland.

Was immer wieder kritisiert wird, ist die Nähe oder vielleicht auch Abhängigkeit der Ditib von der türkischen Regierung. Im Mai 2021 erklärte der Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir (Grüne), heute Bundeslandwirtschaftsminister, in einem „Welt“-Interview, dass die Ditib-Zentrale in Köln der türkischen Religionsbehörde Diyanet unterstellt sei – und diese bekomme ihre Anweisungen vom türkischen Staatspräsidenten Erdoğan. Özdemir verweist auf ein Problem in NRW. Die Landesregierung kooperiere mit der Ditib (und anderen islamischen Organisationen) im Punkt islamischer Religionsunterricht, wodurch „Erdogan Zugang zu deutschen Schulen“ bekomme. Das sei unfassbar, ärgerte sich Özdemir. Nordrhein-Westfalen verrate damit, so der Grünen-Politiker, alle islamischen Gruppen, „die sich zum Grundgesetz und zu unserer offenen Gesellschaft bekennen“.

Tatsächlich scheint ein Problem zu bestehen, wie der „Spiegel“ berichtet hatte. Demnach sei die Ditib nicht nur der verlängerte Arm Präsident Erdoğans. Einige hohe Funktionäre sympathisierten zudem offen mit den nationalistischen „Grauen Wölfen“, heißt es. Eine solche Verbindung streite der Islamverband jedoch ab.

Der Bundesverfassungsschutz schrieb in seinem Jahresbericht 2017 (PDF): „Bei der Informationsbeschaffung zu mutmaßlichen Terroristen greift der türkische Staat verstärkt auf türkische Diasporaorganisationen in Deutschland zurück. So wurden Imame, die in Moscheen der ‚Türkisch Islamischen Union der Anstalt für Religion e.V.‘ (DITIB) tätig waren beziehungsweise sind, von der staatlichen türkischen Religionsbehörde Diyanet über die türkischen Generalkonsulate beauftragt, Informationen zu Gülen-Angehörigen zu übermitteln.“ So könne unmittelbar auf die Meinungsbildung und das Verhalten der türkischen Diaspora eingewirkt werden. Mittelbar sei es so außerdem möglich, „auf politische Entscheidungsfindungsprozesse in Deutschland Einfluss zu nehmen“.

11.000 „Graue Wölfe“ und Erdoğans Netzwerk

Die Zeitung „Der Westen“ sprach mit dem Politikwissenschaftler und Türkei-Experten Prof. Dr. Burak Copur aus Essen. Copur warnte vor den „Grauen Wölfen“ und verwies auf „viele Morde und Gewalttaten“ in der Türkei, in Deutschland und Europa.

Der Organisation werden vom Verfassungsschutz 11.000 Mitglieder zugeordnet, ein überwiegender Teil von rund 9.400 Personen sei in Vereinen unter dem Dach größerer Verbände organisiert. Laut Copur stellen die „Grauen Wölfe“ mit ihrem türkischen Nationalismus und Militarismus eine Gefahr für die öffentliche Ordnung dar und seien „Gift für das friedliche Zusammenleben hierzulande“.

Der Experte schlug im Kampf gegen politisch-religiösen Extremismus eine Doppelstrategie aus „Repression und Prävention“ vor. Der freiheitlich-demokratische Rechtsstaat sollte ein deutliches Zeichen setzen „und endlich die Vereine der ‚Grauen Wölfe‘ verbieten und das gesamte politische Netzwerk von Erdogan hierzulande zerschlagen“.

Dazu würden laut Copur auch die Ditib und die AKP-Lobbyorganisation UID zählen. „Das wäre ein klares Signal auch für die Bundesländer und Kommunen, dass die Bundesregierung die Gefahr des Extremismus in Migranten-Communitys nicht unterschätzt und wirklich ernst nimmt.“



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