Heimreisen bleibt eine Ausnahme
Keine Erkundungsreisen für Syrer – BAMF prüft Widerruf
In Deutschland leben viele Migranten aus Syrien. Einige sind inzwischen deutsche Staatsbürger. Andere fragen sich, wie ihre Zukunft aussieht. Erkundungsreisen nach Syrien soll es nicht geben.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat das Bundesamt angewiesen, die Widerrufsprüfungen für syrische Staatsangehörige wieder aufzunehmen. (Symbolbild)
Foto: Daniel Karmann/dpa
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) angewiesen, bei bestimmten Flüchtlingen aus Syrien eine Aufhebung des Schutzstatus zu prüfen.
Es gehe um syrische Straftäter und sogenannte Gefährder, „soweit bei dieser Personengruppe eine Vollablehnung aufgrund der individuellen Umstände des Einzelfalls in Betracht kommt“, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit.
Er wies darauf hin, dass der Schutzstatus bei Vorliegen schwerer Straftaten verweigert oder widerrufen werden könne. „Gefährder“ nennt die Polizei Menschen, denen sie schwere politisch motivierte Straftaten bis hin zu Terroranschlägen zutraut.
Er verwies auch auf die Absprache im Koalitionsvertrag von Union und SPD, Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan vorzunehmen, „beginnend mit Straftätern und Gefährdern“. Zuständig für die Umsetzung seien die Länder, der Bund werde sie dabei aber unterstützen. Dazu stehe das das Bundesinnenministerium auch „in Kontakt mit den zuständigen syrischen Stellen“.
Insgesamt wurden im laufenden Jahr 10.064 Entscheidungen in Widerrufsprüfverfahren für syrische Staatsangehörige getroffen – ein Widerruf erfolgte laut BAMF in 97 Fällen.
Viele Syrer erfüllen Voraussetzungen für Einbürgerung
Ende Dezember 2024 lebten in Deutschland rund 975.000 syrische Staatsbürger. Mehr als 83.000 Syrer sind im vergangenen Jahr eingebürgert worden. Die Zahl der Syrer, die nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Baschar al-Assad im vergangenen Dezember aus Deutschland in ihre Heimat zurückgekehrt sind, ist noch relativ niedrig.
Mit staatlicher Förderung kehrten seit Jahresbeginn einige Hundert Menschen nach Syrien zurück.
Was sagen die Parteien?
Laut einer Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der AfD-Fraktion, die der Nachrichtenagentur AFP am Samstag vorlag, hat das BAMF zwischen Januar und Mai 2025 insgesamt 3.537 Widerrufsprüfverfahren zu syrischen Staatsangehörigen angelegt. Dabei sei bis Ende Mai in 57 Fällen die Flüchtlingseigenschaft entzogen worden, in 22 weiteren Fällen ein sogenannter subsidiärer Schutztitel.
Weiter geht aus der Antwort hervor, dass es zwischen Januar und Ende Mai 804 freiwillige Ausreisen von Syrerinnen und Syrern im Rahmen des Bund-Länder-Förderprogramms REAG/GARP gegeben habe.
„Nachdem seit dem Sturz des Assad-Regimes bereits über ein halbes Jahr verstrichen ist, sich eine neue Regierung etabliert hat und die Kampfhandlungen im Wesentlichen beendet sind, ist es an der Zeit, dass auch die Bundesregierung diesen neuen Realitäten in ihrer Asylpolitik Rechnung trägt“, sagte der innenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Gottfried Curio, dazu der „Welt am Sonntag“ („WamS“). Die Abschiebung von Gefährdern und Straftätern nach Syrien könne dabei nur der Anfang sein.
Ähnlich wie Curio äußerte sich der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU). „Deutschland hat in den letzten Jahren hunderttausenden Syrern Schutz vor einem Bürgerkrieg gewährt, der jetzt vorbei ist“, sagte er der „WamS“. „Es ist fair und übrigens im internationalen Flüchtlingsschutz so vorgesehen, dass die Schutzsuchenden mit dem Ende der Gefahren in ihre Heimat zurückgehen.“
Kritik von Grünen und Linken
Kritik an den Rückführungsplänen kam von Grünen und Linken. „Statt über Widerrufsverfahren zu debattieren, die auf Grund der aktuellen Lage in Syrien nicht angebracht sind, müssen Wege für dauerhafte und gesicherte Bleibeperspektiven geschaffen werden“, sagte die Grünen-Bundestagsabgeordnete Filiz Polat der Zeitung. „Besonders wichtig ist dabei auch, dass Verfahren, wie zum Beispiel die Einbürgerungen, zügig durchlaufen werden können“, verlangte sie.
Dass der langjährige Machthaber Baschar al-Assad nicht mehr in Syrien regiert, bedeute nicht, „dass das Land sicher ist“, gab die migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Clara Bünger, zu bedenken. Es komme weiterhin zu „massiven gewalttätigen Auseinandersetzungen, vor allem gegen verschiedene Minderheiten“. Ein normales Leben sei in Syrien unmöglich. Vor diesem Hintergrund kämen Widerrufe bestehender Schutztitel „rein rechtlich, aber auch aus humanitären Gründen nicht in Betracht“.
„Offene Asylanträge sollten jetzt zügig und wohlwollend geprüft werden“, verlangte Bünger. Derzeit ist deren Bearbeitung ausgesetzt.
Keine Erkundungsreisen
Die Ampel-Regierung hatte im Januar überlegt, Menschen aus Syrien Erkundungsreisen in ihr Herkunftsland zu ermöglichen, ohne dass sie deshalb ihren Schutzstatus verlieren. Diese Idee wurde allerdings nicht umgesetzt und wird von der neuen Bundesregierung auch nicht weiterverfolgt. Ein Sprecher sagte auf Anfrage:
„Das Bundesministerium des Innern hat sich nach eingehender Prüfung dagegen entschieden, kurzzeitige Heimreisen für Syrer ohne Auswirkungen auf den Schutzstatus zu ermöglichen.“
Nach der geltenden Rechtslage wird bei Reisen in den Herkunftsstaat grundsätzlich vermutet, dass die Voraussetzungen für den jeweiligen Schutzstatus nicht mehr vorliegen. Ausnahmen sind möglich, etwa wenn ein Familienangehöriger schwer erkrankt ist.
Erlangt das BAMF Kenntnis von einer Heimreise eines Schutzberechtigten, ist es verpflichtet, im Einzelfall zu prüfen, ob der gewährte Schutz zu widerrufen ist. (dpa/red)
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