Kirchenasyl: CDU-Landrat erstattet Anzeige gegen fünf Pfarrer wegen Aufnahme abgelehnter Migranten

Das Kirchenasyl bleibt weiter ein heißes Thema zwischen Ländern, Kommunen und den Kirchen. So hat der rheinland-pfälzische CDU-Landrat Marlon Bröhr kürzlich fünf Pastoren angezeigt die ausreisepflichtige Migranten aufgenommen haben. Seitens des BAMF liegt bei diesen Asylsuchenden kein Härtefall vor. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach.
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Das Kirchenasyl beruht auf einer Jahrhundertealten Schutztradition – es soll Menschen, deren Leib und Leben bedroht ist schützen.Foto: Jens Schlueter/Getty Images
Epoch Times12. September 2018

Das Thema Kirchenasyl sorgt weiter für Diskussionen zwischen Behörden und Kirchen. Diesbezüglich hat der rheinland-pfälzische Landrat Marlon Bröhr (CDU) vor einigen Wochen Anzeige gegen mehrere Pastoren erstattet.

Die Priester nahmen ausreisepflichtige Migranten aus dem Sudan auf die nach Italien abgeschoben werden sollten. Auch gegen die Asylbewerber selbst hat der CDU-Politiker Anzeige erstattet. Die Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach hat nun die Ermittlungen aufgenommen. Dadurch sieht sich Bröhr in seinem Vorgehen bestätigt – alles Weitere sei nun Sache der Justiz. „Focus“-Online berichtete.

Allerdings gibt es auch Kritiker wie z. B. die SPD-Landtagsabgeordnete Jaqueline Rauschkolb, die dem CDU-Politiker im Integrationsausschuss des Landtags vorwarf, sich durch sein Vorgehen „profilieren“ zu wollen. „Es gibt diese Vorwürfe mittlerweile seit fast zwei Jahren. Persönliche Angriffe sind auch ein Zeichen dafür, dass es an Inhalten fehlt“, so Bröhr zu der Kritik der SPD-Frau.

Zustimmung zu Bröhrs Haltung gibt es von Parteikollegen und dem Fraktionschef der CDU im Landtag Christian Baldauf. Die CDU würde zwar das Kirchenasyl achten, allerdings sollte es nicht zum politischen Instrument werden dürfen, so Baldauf. Der AfD-Politiker Michael Frisch, hält das Kirchenasyl in einem modernen Rechtsstaat für nicht mehr zeitgemäß.

Evangelische Kirche kann den Vorwurf nicht nachvollziehen

Die Evangelische Kirche (EKD) hingegen kann die Ermittlungen nicht nachvollziehen. In einer Stellungnahme der EKD, die dem Focus vorliegt, wird deutlich, dass sich die Kirche auf die Vereinbarung mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aus dem Jahr 2015 beruft. Allerdings galt dort: nur Härtefällen Kirchenasyl zu gewähren. Außerdem muss, sobald ein Migrant aufgenommen wird, dem BAMF ein Dossier zugesandt werden mit Angaben zu der Person.

Im Gegenzug dazu gibt es keine polizeilichen Maßnahmen gegen den Asylsuchenden noch Strafverfahren gegen die Kirchgemeinde und der betreffende Asylfall wird erneut intensiv geprüft. Sollte allerdings die erneute Prüfung (Härtefallverfahren) negativ ausfallen muss eine Abschiebung tatsächlich vollzogen werden.

In der Stellungnahme der Kirche zu den Anzeigen, sind auch Passagen der Anzeigeschrift des Landrats aufgeführt. Es ist ersichtlich, dass sich die Anzeige von Landrat Bröhr gegen die Geistlichen richtet, da sie mehrere nach dem Gesetz vollziehbar ausreisepflichtige Migranten „beherbergen und dadurch deren unerlaubten Aufenthalt fördern würden, obwohl Ihnen bekannt ist, dass die zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit der evangelischen und katholischen Kirche Anfang des Jahres 2015 vereinbarten besonderen ‚Härtefallverfahren‘ abgeschlossen sind“.

Das sieht die Evangelische Kirche anscheinend anders – diese kann den Vorwurf nicht nachvollziehen. Da man sich an das vereinbarte Prozedere (Meldung des Migranten ans BAMF) gehalten habe, sehe sich die Kriche nach der genannten Absprache „nicht dazu verpflichtet“, das Kirchenasyl nach einem abgelehnten Dossier (der zweiten Härtefallprüfung) zu beenden.

Landrat: Gesetzlicher Auftrag darf nicht durch die Kirchen behindert werden

Der Landrat teilte dem „Focus“ mit, dass er trotz der Anzeige keinen Konflikt mit der Kirche anstrebe. Er sagte: „Es gibt keinen Konflikt. Aber es gibt den gesetzlichen Auftrag, Personen, die das Land verlassen müssen, auch außer Landes zu bringen.“

Mit seiner Kritik ist er nicht allein. Neben dem Innenministerium und einzelnen Kommunen gibt es auch Kritik seitens des BAMF. So teilte das BAMF gegenüber dpa mit, dass die Kirchengemeinden nach Behördenangaben in den vergangenen gut eineinhalb Jahren einen wesentlichen Punkt des vereinbarten Verfahrens missachten.

Zwischen Anfang 2017 und Ende Juni 2018 sei in gut 50 Prozent der Fälle kein Härtefall-Dossier eingereicht worden. Insgesamt seien in diesem Zeitraum Kirchenasylmeldungen für 3481 Menschen eingegangen. Auf Grundlage der eingereichten Angaben zu den Migranten soll das BAMF die Härtefälle – laut Vereinbarung mit den Kirchen – erneut kritisch prüfen.

„Erhebliche Versäumnisse“

Die Versäumnisse wurden von Karl Jüsten, Prälat der katholischen Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und für politische Fragen zuständig, in einem internen Papier bestätigt. Dort heißt es, man habe Kenntnis von „erheblichen Versäumnissen“. „Aus Gesprächen mit dem BAMF wissen wir (…), dass 2017 bedauerlicherweise nur in etwa der Hälfte aller Kirchenasylfälle ein Dossier eingereicht wurde“, s0 Jüsten und bezog sich dabei sowohl auf katholische, evangelische als auch freikirchliche Fälle, berichtet der „Merkur“.

Die Kirchenvertreter kritisieren ihrerseits, dass es seit 2015 kein eigentliches gemeinsames Verfahren zwischen BAMF und Kirchen gibt. In letzter Zeit habe die Behörde bei fast allen Fällen nicht kooperieren wollen, sagt Michael Martin von der evangelischen Landeskirche Bayern. „In den letzten Monaten machen wir die Erfahrung, dass unsere eingereichten Dossiers durch die Bank negativ beschieden werden“, so Martin laut „BR24“.

Martin wies den Vorwurf zurück, den ein Staatssekretär des Bundesinnenministeriums äußerte, dass das Kirchenasyl zunehmend europäische rechtsstaatliche Verfahren aushebele, indem Kirchen viele Menschen vor der Abschiebung aus Deutschland schützen. Martin sagte dazu: „Wir hebeln den Rechtsstaat nicht aus, sondern versuchen, das Recht zu seinem Recht kommen zu lassen – dass der Geflüchtete hier sein Verfahren führen kann.“ Zudem betonte er, dass das Kirchenasyl zahlenmäßig nach wie vor kein Massenphänomen sei.

Nach Angaben der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft „Asyl in der Kirche“ gibt es zurzeit 552 aktiv gemeldete Kirchenasyle mit mindestens 868 Personen, wovon etwa 175 Kinder sind. 512 der Kirchenasyle seien sogenannte Dublin-Fälle.

Seit 1. August strengere Verfahrensweise zu Kirchenasyl bei Dublin-III-Fällen

Zum 1. August trat eine strengere Verfahrensweise gerade in Bezug auf die Dublin-III-Fälle in Kraft. Beschlossen durch die Innenministerkonferenz der Länder können die Behörden nun etwas besser auf Hinhaltetaktiken seitens der Kirche reagieren.

Das heißt: Wenn ein Asylsuchender aufgefunden wurde und sich herausstellte, dass Deutschland nicht das Ersteintrittsland in Europa war oder ein Asylantrag im Ersteintrittsland bereits in Arbeit ist, musste der Asylsuchende nach der Dublin-Verordnung innerhalb von sechs Monaten in das Ersteintrittsland abgeschoben werden.

War eine Überstellung innerhalb der sechs Monate nicht möglich, musste Deutschland dem Asylsuchenden eine Duldung aussprechen und ein Asylverfahren in Deutschland begann. Durch die Aufnahme eines Migranten durch Kirchengemeinden kurz vor Ablauf der sechs-monatigen Überstellungsfrist wurde in der Vergangenheit versucht eine Duldung zu erreichen oder das Härtefall-Dossier zu dem Asylsuchenden wurde durch die Kirchen erst kurz vor Ablauf der Überstellungsfrist eingereicht, sodass eine rechtzeitige Bearbeitung der Unterlagen vor Ablauf der sechs-monatigen Überstellungsfrist nicht mehr möglich war. Dadurch trat dann ebenfalls eine Duldung in Kraft.

Durch eine Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate haben die Behörden nun mehr Zeit den Asylsuchenden ins Ersteintrittsland abzuschieben. Wenn sich die Kirchengemeinden nicht an das abgesprochenen Verfahren hält, so tritt nun eine Verlängerung der Überstellungsfrist in Kraft.

Kritik an neuer Regelung zum Kirchenasyl

Christian Weisner, Sprecher der katholischen Reformbewegung „Wir sind Kirche“ sagte dpa, dass er in der neuen Regelung eine ungerechtfertigte Verschärfung sehe, die zeige, wie wenig sinnvoll und realistisch das jetzige Dublin-Verfahren angesichts der Flüchtlingsbewegungen in den letzten Jahren sei.

Staat und Kirche streiten insbesondere über die Dublin-Fälle. Die Kirchengemeinden verhindern Rückführungen in verschiedene EU-Staaten wie die Niederlande, Spanien oder Italien. Die Kirche argumentiert, dass auch aus EU-Staaten direkt weiter nach Afghanistan oder andere unsichere Drittstaaten abgeschoben werde und das geltende Recht unzureichend sei, schreibt BR24.

Das Kirchenasyl beruht auf einer Jahrhundertealten Schutztradition – es soll Menschen, deren Leib und Leben bedroht ist, schützen. Die Kirchengemeinden wenden diese Schutztradition nun auf Menschen an, die nach einer Asylprüfung abgeschoben werden sollen, da sie nicht die Voraussetzungen für ein Asyl erfüllen. Das Ziel der Kirchgemeinden ist durch die Aufnahme der abgelehnten Migranten, ein Bleiberecht für sie in Deutschland zu erzwingen. (er)



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