Kirchliche Arbeitnehmer müssen nicht immer Kirchenmitglied sein

Nicht immer müssen Jobsuchende, die sich bei kirchlichen Arbeitgebern bewerben, auch Kirchenmitglieder sein, entschied das Bundesarbeitsgericht.
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Kirche in Deutschland.Foto: iStock
Epoch Times25. Oktober 2018

Kirchliche Arbeitgeber können nicht generell verlangen, dass Stellenbewerber Kirchenmitglied sind. Das ist nur gerechtfertigt, wenn dadurch eine Beeinträchtigung des kirchlichen Selbstverständnisses droht, wie am Donnerstag das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt entschied. Der konfessionslosen Klägerin sprach es eine Diskriminierungsentschädigung von knapp 4000 Euro zu. Die Stelle sei nicht mit eigenständigen Kompetenzen bezüglich des kirchlichen „Ethos“ verbunden gewesen. (Az: 8 AZR 501/14)

Die Klägerin hatte sich 2012 auf eine befristete Referentenstelle beim Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung beworben. Laut Stellenanzeige setzte die Einstellung die Mitgliedschaft in einer evangelischen oder einer anderen christlichen Kirche voraus. Die Frau wurde nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Daher klagte sie wegen Diskriminierung.

Das BAG sprach ihr nun eine Entschädigung zu. Es stützte sich dabei auf ein vorausgegangenes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum selben Fall. Darin hatten die Luxemburger Richter betont, dass die Einstellungspraxis der Kirchen einer „wirksamen Kontrolle“ durch die staatlichen Gerichte unterliegen muss. Zwar könne natürlich jede Kirche selbst über ihren „Ethos“ und ihre Glaubensgrundsätze entscheiden. Die Gerichte müssten aber prüfen, ob ein entsprechendes Bekenntnis bezogen auf die konkrete Stelle „wesentlich, rechtmäßig und gerechtfertigt“ ist.

Dem ist nun das BAG gefolgt. Im konkreten Fall seien diese Voraussetzung nicht erfüllt. Auf der konkreten Stelle wäre der kirchliche „Ethos“ durch eine konfessionslose Mitarbeiterin nicht wesentlich beeinträchtigt worden, weil die Stelle diesbezüglich nicht mit eigenständigen Kompetenzen verbunden war. Daher habe die Diakonie die Kirchenmitgliedschaft nicht verlangen dürfen. Statt der geforderten drei sprach das BAG der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von zwei Bruttomonatsgehältern zu. Nicht entschieden hat das BAG zu Stellen, bei denen die Tätigkeit selbst nach kirchlichem Verständnis gelebte Verkündung ist.

Diakonie und Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) bedauerten das Urteil. Die Klägerin habe nicht einmal die formale Voraussetzung eines entsprechenden Hochschulabschlusses erfüllt, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Zudem sei auch bislang die Personalauswahl „nicht willkürlich“ gewesen. Auch werde das kirchliche Arbeitsrecht ständig weiterentwickelt und an die gesellschaftlichen Veränderungen angepasst. Grundsätzlich hielten EKD und Diakonie aber am kirchlichen Arbeitsrecht fest. Es müsse der Kirche möglich bleiben, „die kirchlichen Aufgaben aus einer christlichen Perspektive zu erfüllen“.

Das Erfurter Urteil steht nach Überzeugung von EKD und Diakonie auch im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Dies hatte 2014 im Fall eines Chefarztes entschieden, dass die Kirchen selbst entscheiden können, welche „kirchlichen Grundverpflichtungen“ sie zum Gegenstand eines Arbeitsverhältnisses machen. Eine Vorlage des Streits an das Bundesverfassungsgericht lehnten die Erfurter Richter aber ab. EKD und Diakonie wollen daher eine Verfassungsbeschwerde prüfen.

(afp)



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