Kleber ratlos – Barley trotzig: Es kann in Chemnitz nicht sein, was nicht sein darf

Bis heute sehen sich Polizeibehörden in Sachsen außerstande, konkrete Vorfälle zu benennen, die dem Narrativ genügen würden, in Chemnitz sei es zu „Hetzjagden“ durch rechtsgerichtete Gruppen gekommen. Politik und Medien versuchen die Darstellung nun mithilfe angepassten Wordings zu retten.
Titelbild
Der "heute journal"-Moderator und Journalist Claus Kleber und Justizministerin Katarina Barley.Foto: Fredrik von Erichsen/dpa
Epoch Times3. September 2018

Es erscheint wie das Paradebeispiel für den erfolgreichen Wechsel eines Narratives: Etablierte Politiker und Medien in Deutschland diskutieren die jüngsten Ereignisse in Chemnitz nach dem Tod eines 35-Jährigen während des Stadtfests primär mit Blick auf vermeintliche oder tatsächliche rechtsextreme Vorfälle am Rande von Kundgebungen.

Die Botschaft: Der wahre Skandal ist nicht der Anstieg der Zahl von Straftaten, die mit Messern verübt werden, während der letzten Jahre, und dass diese immer öfter öffentliche Festanlässe überschatten – der wahre Skandal ist der „Rassismus“ und „Rechtsextremismus“, der sich in Protesten dagegen manifestiert.

Immerhin, so hieß es in der Vorwoche in vielen Medien, sei es am Rande der Kundgebungen zu „Hetzjagden“ auf Einwanderer gekommen – und als Beweis dafür dienten Videoaufnahmen sogenannter antifaschistischer Gruppen. Sogar der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte fand es vor diesem Hintergrund erforderlich, seinen sonst gewohnten Fokus auf Israel kurzzeitig zu Gunsten einer Mahnung in Richtung der westsächsischen Großstadt zu verschieben.

Alexander Wallasch hat nun in einer Nachrichtenanalyse für Tichys Einblick einen genaueren Blick auf den Umgang der Leitmedien mit den Ereignissen in Chemnitz und mit Quellen gewagt, auf die man dort zurückgegriffen hatte, um die notwendige „Einordnung“ vornehmen zu können.

„Zeitweilig doch kritisch“

Dabei fiel ihm nicht nur auf, dass die Quellenlage hinsichtlich der angeblichen „Hetzjagden“ durchaus auch dichter hätte sein können, sondern auch, dass die Quellenkritik, die üblicherweise eigentlich zum Grundrepertoire eines Journalisten gehören sollte, bei Bedarf schon mal eher moralischen als sachlichen Überlegungen zu folgen scheint. Insbesondere, so erscheint es Wallasch, offenbaren deutsche Qualitätsjournalisten, wenn es darum geht, Realitäten akzeptieren zu können, die nicht ins Weltbild passen, durchaus Luft nach oben.

So fiel es Wallasch auf, dass nicht nur Politiker, sondern auch führende Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks keine übermäßigen Ambitionen zeigten, die weltanschauliche Ausrichtung eines erheblichen Teils der Gegendemonstranten zum Trauerzug von AfD und Pegida am Samstag in Chemnitz beim Namen zu nennen. Noch weniger schien deren Gewaltbereitschaft in das Weltbild zu passen.

So hieß es in Wallaschs Analyse:

Nicht aus irgendeinem Blümchen-Ressort, nein, die Justizministerin Barley selbst hatte bei Maybrit Illner in etwa darauf bestanden, dass die Gegendemonstranten in Chemnitz nicht linksradikal, links oder Antifa genannt werden dürfen. Die Ereignisse vom Samstag haben diese Wunschbehauptung nun ad acta gelegt, als ein sichtlich zerknirschter Claus Kleber im Heute-Journal Gewalt eben dort verorten musste: im linken Lager. Hatte sein Außenreporter noch „mutmaßlich“ vor die Personengruppen Linksradikale und Antifa gesetzt, ließ Kleber diese Einschränkung gleich ganz weg und sprach pauschal von Linken.

Entsprechend ungern räumte der ZDF-Starmoderator ein, dass die Tatsache, dass es am Rande der Kundgebungen in Chemnitz „zeitweilig doch kritisch“ wurde, „durchaus nicht nur an der AfD lag“.

Die Berichte seines Korrespondenten Michael Bewerunge ließen hinsichtlich ihrer Einordnung keinen großen Spielraum mehr zu:

Kleber: „Wenn ich den Beitrag richtig verstanden habe und ihre Berichte heute Abend die ganze Zeit über, dann war es tatsächlich so, dass die AfD, Pegida usw. relativ still vor sich hin marschiert ist und dann war es das linke Lager, die den Weg blockiert haben und die Polizei war dann nicht in der Lage oder hat im Ergebnis den Weg für die angemeldete AfD-Demonstration nicht frei gemacht, sondern die Demonstration aufgelöst, richtig?“

Michael Bewerunge: „Das ist richtig …“

Vorfälle können noch nachgereicht werden

Nicht nur, was die Frage der Gewaltbereitschaft der jeweiligen Kundgebungsteilnehmer anbelangt, verlief der Samstag nicht zur vollen Zufriedenheit der Mahner vor der „Gefahr von rechts“. Auch bezüglich der Grundlage des verschobenen Narratives selbst, der „Hetzjagden“, über die Medien berichtet hatten, fragte Tichys Einblick nach – und zwar bei der Polizeidirektion Chemnitz. 

Deren Antwort zitierte das Blatt wie folgt:

„Uns ist ein Video vom vergangenen Sonntag bekannt, auf dem eine Person zu sehen ist, die sich rasch von anderen augenscheinlich aggressiven Personen entfernt.“

Darüber hinaus konnte die Dienststelle aber keine konkreten Ereignisse aus der vergangenen Woche in Chemnitz nennen, die den Tatbestand der „Hetzjagd“ erfüllt hätten. Sie verwies die Nachfragenden in weiterer Folge an das sächsische Landeskriminalamt, dem man jedoch zuvor offenbar selbst keine entsprechenden Meldungen weiterzureichen imstande war.

Dieses gibt die Hoffnung nicht auf, der Politik doch noch die gewünschten Fakten präsentieren und sich selbst damit vorsorglich aus der Schusslinie nehmen zu können. Gegenüber Tichys Einblick verweist man auf ein GEG-Centrum, dessen Hinweisportal Hinweise entgegennimmt. Wallasch wird einen ganz bestimmten Verdacht nicht los:

Es wird eine Telefonnummer eingerichtet, wo Hetzjagden nachgereicht angemeldet werden können. Mehrere dutzend Anrufer sollen sich dort schon gemeldet haben. Und hier dürfen wir kaum gespannt sein, welche Klientel, welche Organisationen sich auf besondere Weise telefonisch beim LKA-Sachsen engagieren könnten, die fürchterlichen Hetzjagden doch noch nachgereicht wahr werden zu lassen.

Seinen Beitrag schließt er mit kaum verhohlenem Sarkasmus:

Gestern also wieder eine Demonstration. Und Hetzjagden von Linksradikalen auf Bürger, die ihrer Wut über Messermorde vor ihrer Haustür Ausdruck verleihen wollten? Behaupten wir jetzt einfach mal. Möglicherweise wird eine Telefonnummer eingerichtet, wo man diese Behauptung nachgereicht bestätigen kann. (rw)



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